Oberlandesgericht Hamm

28 km/h zu schnell ist Vorsatz

Marcus Fischer, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Verkehrsrecht und Vize-Präsident des VdVKA - Verband Deutscher VerkehrsrechtsAnwälte e. V., c/o Salleck + Partner, Spardorfer Str. 26, 91054 Erlangen.
Achtung Raser! Fährt ein Autofahrer innerorts 28 km/h zu schnell, kann dies als vorsätzliche Ordnungswidrigkeit gewertet werden.

Der Bußgeldrichter kann von einer vorsätzlichen Geschwindigkeitsüberschreitung ausgehen, wenn der Fahrzeugführer die zulässige Höchstgeschwindigkeit um mehr als 40 Prozent überschritten hat. Dann muss er sich auch nicht mehr mit dem Wissen und Wollen des Fahrzeugführers beschäftigen. Darauf verweist die Mitteilung des Oberlandesgerichts (OLG) Hamm vom 6. Juni 2016 zu seinem rechtskräftigen Beschluss vom 10.05.2016 (4 RBs 91/16).

Zum Hintergrund:

Fährt ein Autofahrer innerorts 28 km/h zu schnell, kann dies als vorsätzliche Ordnungswidrigkeit gewertet werden.
Fährt ein Autofahrer innerorts 28 km/h zu schnell, kann dies als vorsätzliche Ordnungswidrigkeit gewertet werden.
Foto: fujji - Shutterstock.com

Innerhalb einer geschlossenen Ortschaft darf man mit dem Pkw regelmäßig nur 50 km/h fahren. Jeder Autofahrer weiß das. Fährt er zu schnell, droht bei einer verkehrspolizeilichen Kontrolle - je nach der Schwere des Verstoßes - ein Verwarnungs- oder Bußgeld. Dessen Höhe richtet sich im Regelfall nach dem Bußgeldkatalog. Regelfall meint hierbei eine fahrlässige Begehungsweise bei gewöhnlichen Tatumständen. Bei vorsätzlicher Begehungsweise und/oder außergewöhnlichen Tatumständen wie z.B. einer Geschwindigkeitsüberschreitung in einer ohnehin gefährlichen Verkehrssituation, muss mit einem erhöhten Bußgeld gerechnet werden.

Wann fährt man vorsätzlich, d.h. wissentlich und willentlich, zu schnell und wann nur fahrlässig, etwa weil man gerade einmal nicht auf die Geschwindigkeit geachtet hat? Das hängt vom persönlichen Wissen und der inneren Einstellung des Fahrers zur Tat ab. Diese Umstände kennt eigentlich nur der betroffene Fahrer selbst. Der Richter kann sie aber aus äußeren Umständen der Tat, sog. Indizien, schließen. Für den Betroffenen kann das erhebliche Konsequenzen haben: Wird er wegen einer vorsätzlichen Geschwindigkeitsüberschreitung verurteilt, muss er nicht nur mit einem höheren Bußgeld rechnen. Er riskiert zudem den Eintritt seiner Verkehrs-Rechtschutzversicherung, weil diese bei gerichtlich festgestellten vorsätzlichen Ordnungswidrigkeiten regelmäßig die Gerichts- und Anwaltskosten nicht mehr übernimmt.

Die Entscheidung des 4. Senats für Bußgeldsachen vom 10. Mai 2016:

Der Bußgeldrichter kann - ohne weitere Feststellungen zum Wissen und Wollen des Fahrzeugführers - von einer vorsätzlichen Geschwindigkeitsüberschreitung ausgehen, wenn der Fahrzeugführer die zulässige Höchstgeschwindigkeit um mehr als 40 % überschritten hat.

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