B2B E-Commerce

So erobern Unternehmen internationale Märkte

08.10.2015
Von 


Die Welt von Handel und Vertrieb sind Roland Fesenmayr ebenso vertraut wie die Chancen und Herausforderungen der Digitalisierung. Seit mehr als 15 Jahren verfolgt der Experte für E-Commerce die digitale Transformation und gestaltet sie als Vordenker leidenschaftlich mit – in vielfältigen Veröffentlichungen und durch ein Unternehmen: die OXID eSales AG, die der Allgäuer heute als CEO führt und 2003 mitbegründet hat. Fesenmayr ist auch Vorstand der baden-württembergischen Wirtschaftsinitiative bw:con.
Immer mehr Unternehmen ergreifen die Chance, über das Internet weltweit neue Märkte zu erschließen. Doch damit der Eintritt in den internationalen B2B E-Commerce erfolgreich gelingt, gilt es einige Aspekte unbedingt zu beachten.

Anfang des Jahres hat der Bundesverband E-Commerce und Versandhandel Deutschland e.V. (bevh) eine Studie zur Wirtschaftslage im B2B-Versandhandel veröffentlicht. Die Ergebnisse sind interessant: Obwohl das deutsche Wirtschaftswachstum im vergangenen Jahr aufgrund einer unerwartet schwachen konjunkturellen Entwicklung der Weltwirtschaft unter den Erwartungen blieb, bewerten Online- und Versandhändler im B2B-Sektor das Jahr 2014 überwiegend positiv. Auftragslage sowie Umsatz- und Ertragsentwicklung lagen allesamt über Vorjahresniveau.

Der Schritt in den internationalen B2B E-Commerce ist für viele Unternehmen interessant und lohnenswert.
Der Schritt in den internationalen B2B E-Commerce ist für viele Unternehmen interessant und lohnenswert.
Foto: Rawpixel - shutterstock.com

Schwerpunktmäßig wurden in der Studie die Auslandsaktivitäten der Unternehmen untersucht. Dabei zeigt die Befragung, dass grenzüberschreitende Handelsbeziehungen für Unternehmen des B2B-Online- und Versandhandels Normalität sind. Erwartungsgemäß sind europäische Länder das dominierende Ausfuhrziel. Gründe sind unter anderem die enge Verflechtung gemeinsamer Gütermärkte, die gemeinsame Währung sowie vergleichbare Kundenpräferenzen. Gleichzeitig zeigt jedoch der Trend für die Zukunft, dass die Entwicklung noch lange nicht abgeschlossen ist: Die Hälfte der derzeit aktiven Exporteure plant, ihre internationalen Verkäufe auszuweiten.

Kundengewinnung und Umsatzsteigerung sowie die Optimierung von Serviceleistungen und Prozessen sind nur einige der Potenziale, die immer mehr im B2B-Sektor tätige Unternehmen über den Schritt in den E-Commerce nachdenken lassen. Durch den Vertrieb über das Internet lässt sich zudem der Markteintritt auf internationalen Märkten schnell und kosteneffizient realisieren sowie eine engere Beziehung zu Kunden aufbauen. Der Einstieg in den erfolgreichen internationalen B2B E-Commerce ist allerdings kein Selbstläufer.

Das muss eine E-Commerce-Plattform leisten

Vor jeder Internationalisierung gilt es zunächst eine Strategie zu erarbeiten, welche die jeweiligen rechtlichen, sprachlichen und kulturellen Gegebenheiten der unterschiedlichen Länder berücksichtigt. Zudem benötigen Unternehmen eine E-Commerce-Plattform, die ihnen hilft, diese Strategie optimal umzusetzen. Denn letztlich ist jede Strategie nur so gut, wie die Technik, mit der sie umgesetzt wird. Folgende Aspekte sollten Unternehmen bei der Auswahl der passenden E-Commerce-Plattform unbedingt beachten:

  • Mandantenfähigkeit

Eine mandantenfähige Plattform erleichtert eine effiziente Internationalisierung erheblich. Denn Multi-Mandanten-Technologie erlaubt eine zentrale Datenverwaltung für sämtliche Ländershops. So können die einzelnen Ländershops schnell und einfach mit einem eigenen Design sowie länderspezifischen Produkten und Inhalten aufgesetzt werden.

Die mandantenfähige Architektur der E-Commerce-Plattform erlaubt jedoch nicht nur eine optimale Anpassung durch spezialisierte Sortimente oder eine differenzierte Preispolitik. Sie ist auch Voraussetzung für ein landesspezifisches Suchmaschinenmarketing oder das Einbinden von im jeweiligen Land gern genutzten Logistikdienstleistern. Zudem sind für den internationalen Versandhandel aussagekräftige, aktuelle Informationen ein Muss. Einkäufer wollen nicht nur in ihrer eigenen Währung wissen, was das Produkt kostet, sondern genauso:

  • Was kostet der Versand?

  • Kommen Steuern hinzu?

  • Oder Zollgebühren?

  • Nahtlose Systemintegration

Egal ob Gewinnmaximierung, Mitarbeiterentlastung durch automatisierte Prozesse oder Kundenbindung: Nur indem Unternehmen ihre E-Commerce-Plattform nahtlos in interne Systeme einbinden, können sie ihr Potential im E-Commerce voll ausschöpfen.

Kundenindividuelle Preise oder Materialverfügbarkeiten beispielsweise zeigt der Shop nur an, wenn er mit der Warenwirtschaft verbunden ist. Außerdem kommen aus ERP-Systemen wie SAP, Microsoft Dynamics oder Sage Daten wie Artikelbezeichnung, Abmessung oder SKU-Nummern. Zumeist liegen sie bereits in übersetzter Form vor und können durch weiterführende Marketinginformationen wie aussagekräftige Bilder oder beschreibende Zusatztexte angereichert werden.

Viele Unternehmen mit umfangreichem Produktportfolio und zahlreichen Produktvarianten halten zudem relevante Informationen im Product Information System (PIM) vor. Eine direkte Anbindung an PIM-Systeme über offene Schnittstellen sorgt für einfache Integration aktueller Produktinformationen. Ist zudem ein Content Management System integriert, können Mitarbeiter redaktionelle Inhalte im Shop komfortabel selbst bearbeiten und online stellen. Sinnvoll kann oftmals auch eine Anbindung an eine Übersetzungslösung sein. Typisch für B2B E-Commerce ist außerdem eine direkte Verbindung mit Systemen des Käufers - etwa ERP oder Procurement-Anwendungen.

  • Suchmaschinenoptimierung

Das eigene Angebot international über das Internet zugänglich zu machen ist schön und gut. Leider bringt die weltweite Verfügbarkeit aber nichts, wenn niemand davon erfährt. Wie im B2C-Bereich kommt es auch im B2B-Sektor darauf an, potenzielle Neukunden aber auch Bestandskunden über Suchmaschinen und Marktplätze auf das eigene Angebot aufmerksam zu machen. Bei der Suche nach einer passenden Plattform sollten Unternehmen daher darauf achten, dass sie Suchmaschinen optimiert ist.

So sollten Mitarbeiter etwa gleich bei der Produktdatenpflege wichtige SEO-Attribute für jedes Produkt eingeben können. Unternehmen sollten zudem prüfen, ob sich Titel und Site Description manuell für jedes Produkt angeben oder sogar automatisch aus der Produktbeschreibung generieren lassen. Die Beschreibungen sollten sich sodann in XML Sitemaps zusammenfassen lassen, die durch Suchmaschinen ausgelesen und in deren Suchindex übernommen werden.

Ein Tipp für Einsteiger in den B2B E-Commerce: Übersetzen Sie auch Dateinamen, etwa für Bilddateien und PDF-Dokumente, schon ist ihr Onlineshop von Beginn an für Suchmaschinen optimiert und eine wichtige Hürde auf dem Weg ins internationale Geschäft ist genommen.

  • Selbstverwaltung und vorkonfigurierte Geschäftsfunktionen

Jeder Kunde ist anders, hat seine eigene Organisationsstruktur, Kostenstellen und Bestellwünsche. Ein B2B-Shop sollte es deswegen ermöglichen, sowohl die individuellen Vertriebsstrukturen der Kunden mit den entsprechenden Kostenstellen abzubilden als auch die jeweiligen Rechte für den Produkteinkauf sowie Bestellmengen und Budgetkontrollen festzulegen.

Und mach es nicht Sinn, den Kunden diese Verwaltung selbständig vornehmen zu lassen? Schließlich kennt niemand den Kunden besser als er selbst, weiß wie er organisiert ist und am liebsten einkauft. Selbstverwaltung steigert nicht nur die Kundenzufriedenheit und dient letztlich der Kundenbindung, sie entlastet obendrein sogar noch die eigenen Mitarbeiter von zeitintensiven manuellen Tätigkeiten in der Kundenverwaltung.

Bieten Unternehmen ihren Geschäftskunden außerdem noch Funktionen wie Sammelbestellungen, Schnellbestellungen, Bedarfsanforderungen und Bestelllisten, die das Bestellmanagement vereinfachen, den Einkauf beschleunigen und den Komfort erhöhen, haben sie eine optimale Basis für eine schlanke Prozessstruktur und erfolgreiche Geschäfte.

  • Skalierbarkeit

Drei Sekunden: Mehr Zeit gibt die Mehrheit der Kunden einem Online-Shop nicht, um die eigenen Angebote zu laden. Fast zwei Drittel (65 Prozent) der Shopper weltweit brechen einen Einkauf nach dieser kurzen Zeitspanne ab, wenn die Seite dann nicht steht. So lautet eines der Ergebnisse einer globalen Studie unter 1.400 Verbrauchern, die der Internet-Intelligence und Performance-Spezialist Dyn Anfang des Jahres veröffentlicht hat. Im Umkehrschluss führen kurze Ladezeiten zu höheren Konversionsraten und Umsätzen sowie höherer Zufriedenheit und stärkerer Kundenbindung.

Zugegeben: Die Statistik gilt insbesondere im B2C-Bereich mit saisonal schwankenden Umsätzen und Lastspitzen aufgrund punktueller Marketingaktionen. Aber ist nicht jeder Geschäftskunde auch ein gelernter Endkonsument, der seine Erwartungen aus dem privaten Umfeld ins Geschäftsleben überträgt? Haben Einsteiger in den internationalen B2B E-Commerce die vorherigen Schritte beachtet und umgesetzt, kann es gut sein, dass sich ihr Geschäft schneller und stärker entwickelt als ursprünglich erwartet. Wichtig ist dann eine skalierbare Plattform, die gemeinsam mit ihrem Erfolg wachsen kann und auch mit erhöhten Besucherzahlen leicht fertig wird.

Kurz und knapp

Der Schritt in den internationalen B2B E-Commerce ist für viele Unternehmen interessant und lohnenswert. Sie können weltweit Märkte erschließen, neue Kunden gewinnen und alte noch näher an sich binden. Damit dies gelingt, benötigen sie die richtige Strategie und Technologie, mit der sich diese Strategie umsetzen lässt. (bw)