Facebook-Massenabmahnungen

Abmahner unterliegen vor Gericht

Armin Weiler kümmert sich um die rechercheintensiven Geschichten rund um den ITK-Channel und um die Themen der Distribution. Zudem ist er für den Bereich PCs und Peripherie zuständig. Zu seinen Spezialgebieten zählen daher Notebooks, PCs, Smartphones, Drucker, Displays und Eingabegeräte. Bei der inoffiziellen deutschen IT-Skimeisterschaft "CP Race" ist er für die Rennleitung verantwortlich.
Im Fall der massenhaft verschickten Abmahnungen wegen angeblich fehlerhaften Facebook-Impressen hat nun ein Betroffener das Revisionsverfahren gewonnen.
Rechtsanwalt Alexander Hufendiek von der Kanzlei für Urheberrecht, Markenrecht und Wettbewerbsrecht, ANKA, konnte für seinen Klienten das Berufungsverfahren gewinnen.
Rechtsanwalt Alexander Hufendiek von der Kanzlei für Urheberrecht, Markenrecht und Wettbewerbsrecht, ANKA, konnte für seinen Klienten das Berufungsverfahren gewinnen.

Der Fall schlug Mitte 2012 hohe Wellen. Ein Systemhaus aus Regenstauf hatte massenweise Abmahnungen ein vermeintliche Konkurrenten geschickt, weil sie auf Facebook angeblich kein rechtsgültiges Impressum hatten.

Seither kämpfen zahlreiche Betroffene vor Gericht gegen die Abmahner. Dabei gab es im Februar 2013 einen Rückschlag: Das Landgericht Regensburg wies eine Klage von Abmahnopfern ab. In der nächsten Instanz entschied nun das Oberlandesgericht Nürnberg im Berufungsverfahren, dieses Mal mit positivem Ausgang für einen Abgemahnten aus dem Münsterland. Die von Rechtsanwalt Alexander Hufendiek von der Kanzlei für Urheberrecht, Markenrecht und Wettbewerbsrecht, ANKA, eingelegte Berufung hatte Erfolg. Das Oberlandesgericht Nürnberg änderte das Urteil des Landgerichts Regensburg unter dem Aktenzeichen 3 U 410/13 und wies die Klage des abmahnenden Unternehmens ab. Wie der Fall begann, sehen Sie in folgender Bildergalerie.

In dem ChannelPartner vorliegenden Urteil wird den Abmahnern bescheinigt, dass die Geltendmachung des Unterlassungsanspruch "missbräuchlich" ist. Die Abmahnkosten seien daher unbegründet. In der Urteilsbegründung wird unter anderem darauf verwiesen, dass "die 'Abmahnwelle' in keinem vernünftigen Verhältnis zur gewerblichen Tätigkeit der Klägerin" stand. So durchleuchtete das Gericht die finanziellen Verhältnisse des Abmahn-Systemhauses. Laut dem OLG Nürnberg standen bis zum Zeitpunkt der Abmahnungen im August 2012 Bruttoerlöse von weniger als 50.000 Euro und Nettoerlöse von knapp 41.000 Euro zu Buche. Die Höhe der durch die Abmahnungen angefallenen Kosten betrug alleine schon fast 53.000 Euro. "Das heißt, den bis zu den Abmahnungen in Rechnung gestellten Forderungen standen allein Forderungen des Prozessbevollmächtigten der Klägerin aus den Abmahnungen in Höhe von über 52.000 Euro gegenüber, was für sich alleine schon auf Rechtmissbräuchlichkeit schließen lässt", stellt das Gericht fest.

Keinen nennenswerte Wettbewerbsnachteile

Als weitere Indizen für die Rechtsmissbräuchlichkeit wertete das Gericht, dass die Abmahner bis auf wenige Fälle die Unterlassungsansprüche weiter gerichtlich verfolgt haben. Diese Fälle beschränkten sich auf Vorgänge, bei denen die Betroffenen ihrerseits negative Feststellungsklagen erhoben hatten. Zudem fiel dem Gericht der massenhafte Versand der Abmahnungen "innerhalb von nur wenigen Tagen" auf. Auch die für die Feststellung der fehlerhaften Facebook-Impressen verwendete Software wertete das Gericht als ein "massenhaftes systematisches Durchforsten" und damit als ein weiteres Indiz für den Rechtsmissbrauch. Schließlich bezweifelte das OLG Nürnberg, ein "nennenswertes wirtschaftliches Interesse" der Klägerin an der Verfolgung des Wettbewerbsverstoßes. So sei nicht ersichtlich, dass "durch das Unterlassen eines vollständigen Impressums auf der Facebook-Seite der Abgemahnten der Klägerin nennenswerte Wettbewerbsnachteile entstehen können".

Das Regenstaufer Systemhaus muss nun sämtliche Verfahrenskosten tragen. In einem Video-Blog (siehe unten) nimmt der Fachanwalt für IT-Recht, Hajo Rauschhofer, Stellung zu dem nun ergangenen Richterspruch. Er weist darauf hin, dass das Urteil zunächst nur eine Einzelentscheidung zwischen den Prozessparteien sei. Bei Betroffenen, die eine Unterlassungserklärung abgegeben haben, müsse man nun prüfen, ob diese vor dem Hintergrund des Urteils nun angefochten werden kann. "Insgesamt aber bedeutet die Entscheidung, dass Abmahner sich sehr gut überlegen müssen, ob sie nochmals in einer solchen Form vorgehen", meint Rauschhofer.

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