Wann sind Verbote zulässig?

Abwerbung von Mitarbeitern



Renate Oettinger war Diplom-Kauffrau Dr. rer. pol. und arbeitete als freiberufliche Autorin, Lektorin und Textchefin in München. Ihre Fachbereiche waren Wirtschaft, Recht und IT. Zu ihren Kunden zählten neben den IDG-Redaktionen CIO, Computerwoche, TecChannel und ChannelPartner auch Siemens, Daimler und HypoVereinsbank sowie die Verlage Campus, Springer und Wolters Kluwer. Am 29. Januar 2021 ist Renate Oettinger verstorben.
Heute ist es gängige Praxis, Arbeitnehmer eines anderen Unternehmens auf eigene offene Stellen unmittelbar oder mittels eines Personalberaters anzusprechen. Welche Details beim Abwerben zu beachten sind und was ein Abwerbeverbot konkret bedeutet, erklärt Hans-Georg Herrmann.

Nach § 75f HGB sind Ansprüche, die aus einer Vereinbarung abgeleitet werden, in der ein Arbeitgeber dem anderen zusagt, Mitarbeiter des anderen Arbeitgebers nicht einzustellen, nicht einklagbar. Die fehlende Einklagbarkeit eines solchen Anspruches ist auch ausgedehnt worden auf Vereinbarungen zwischen zwei Arbeitgebern über Abwerbeverbote. Der Bundesgerichtshof hat dies mit Urteil vom 30.4.2014 (I ZR 245/12), unter Verweis auf die Entstehungsgeschichte sowie Sinn und Zweck der Norm des § 75f HGB, entschieden.

Arbeitnehmer muss wechseln können

Die Vorschrift bezwecke den Schutz des Arbeitnehmers, dieser müsse die Möglichkeit haben, sich auf einen anderen Arbeitsplatz zu bewerben und auf einen anderen Arbeitsplatz zu wechseln. Es sei heute gängige Praxis von Unternehmern, Arbeitnehmer eines anderen Unternehmens auf offene Stellen unmittelbar oder mittels eines Personalberaters anzusprechen. Grundsätzlich sei die Abwerbung fremder Mitarbeiter erlaubt. In diesem Zusammenhang hat der Bundesgerichtshof in der vorgenannten Entscheidung unter Rn. 28 auch ausgeführt, dass eine erste Kontaktaufnahme am Arbeitsplatz des Mitarbeiters zulässig sein könne.

Ein Arbeitsvertrag darf den Arbeitnehmer nicht in seinen Möglichkeiten beschränken, sich auf eine andere Stelle zu bewerben.
Ein Arbeitsvertrag darf den Arbeitnehmer nicht in seinen Möglichkeiten beschränken, sich auf eine andere Stelle zu bewerben.
Foto: eccolo - Fotolia.com

Er hat in der vorgenannten Entscheidung aber weiter ausgeführt, dass es durchaus Konstellationen gibt, in denen die Interessen der Arbeitgeberseite an der gerichtlichen Durchsetzbarkeit eines Abwerbeverbots die Arbeitnehmerinteressen überwiegen können. Er hat hier verschiedene Fallgruppen gebildet, bei denen Abwerbeverbot entgegen § 75f HGB einklagbar sind:

  • die Abwerbung stellt eine unlautere geschäftliche Handlung dar, gegen die nach den Vorschriften

  • des UWG vorgegangen werden kann

  • das Abwerbeverbot ist nicht Hauptzweck der getroffenen Vereinbarung, sondern nur eine

  • Nebenbestimmung, "die einem besonderen Vertrauensverhältnis der Parteien oder einer

  • besonderen Schutzbedürftigkeit einer der beiden vertragschließenden Seiten Rechnung trägt".

Hierzu gehören nach dem vorzitierten Urteil Abwerbeverbote, die

  • im Zuge einer Due-Diligence-Prüfung beim Kauf von Unternehmen

  • bei Abspaltung von Unternehmensteilen

  • bei Vertriebsvereinbarungen zwischen selbstständigen Unternehmen

vereinbart werden.

Kontakt und Infos: Hans-Georg Herrmann ist Rechtsanwalt und Mitglied der Deutschen Anwalts- und Steuerberatervereinigung für die mittelständische Wirtschaft e.V. (www.mittelstands-anwaelte.de).
Hans-Georg Herrmann, Rechtsanwaltspraxis Dr. Thalhofer, Herrmann & Kollegen, Geibelstraße 1, 66121 Saarbrücken, Tel.: 0681 968640, E-Mail: herrmann@rechtsanwaltspraxis.com, Internet: www.rechtsanwaltspraxis.com

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