Notebooksbilliger-Chef Arnd von Wedemeyer

"Alle Elektronikversender müssen sich neu erfinden"



Matthias Hell ist Experte in Sachen E-Commerce und Retail sowie  Buchautor. Er veröffentlicht regelmäßig Beiträge in renommierten Handelsmagazinen und E-Commerce-Blogs. Zuletzt erschien seine Buchveröffentlichung "Local Heroes 2.0 – Neues von den digitalen Vorreitern im Einzelhandel".

Notebooksbilliger expandiert: Neue Stores und Sortimentsausbau

Notebooksbilliger betreibt stationäre Stores in München, Düsseldorf und Hannover-Sarstedt
Notebooksbilliger betreibt stationäre Stores in München, Düsseldorf und Hannover-Sarstedt
Foto: Notebooksbilliger

Wenn Notebooksbilliger künftig den Kunden verstärkt erklärungsbedürftige Produkte näherbringen will - würde es sich dann nicht anbieten, die Anzahl und auch die Größe der Stores zu erweitern? Schließlich dürfte für die Vermittlung von neuen Technologien und Produkten das haptische Erleben eine große Rolle spielen.

Wedemeyer: Das denke ich nicht. Wir öffnen schließlich nicht neue Bereiche für den Massenmarkt, sondern eher für Early Adaptors. Und diese würden das Fachpersonal in größeren Stores niemals auslasten. Zudem müssten wir dann auch höhere Preise verlangen. Wir setzen lieber weiterhin darauf, sehr spezialisiert mit einer hohen Qualität zentral zu verkaufen, als die Kunden dezentral und dafür mit einer niedrigeren Qualität anzusprechen.

Ich sehe daher bei uns weniger einen Bedarf an zusätzlichen stationären Angeboten als an Dienstleistungen. Hier gibt es im Markt durchaus Interesse, vor allem dann, wenn Services zu fixen Preisen angeboten werden. Aber das müssen wir auch nicht selbst machen. Hier ist es genauso gut möglich, mit Partnern zu kooperieren und zum Beispiel ein Netzwerk mit spezialisierten Dienstleistern aufzubauen.

Bleiben wir noch etwas beim stationären Handel: Wie haben sich die Notebooksbilliger-Stores im letzten Jahr entwickelt - allen voran das neu eröffnete Ladengeschäft in Düsseldorf?

Wedemeyer: Der Store in München wächst weiter und auch der Store in Düsseldorf fährt die gleiche Wachstumskurve, die wir schon von dem Geschäft in München kennen. Die Abholung von Online-Bestellungen macht dabei in unseren Stores nur rund ein Drittel des Umsatzes aus. Es ist also ein echtes Zusatzgeschäft, das wir mit den Stores erschließen. Und auch online läuft in den jeweiligen Regionen mehr, als das vor der Store-Eröffnung der Fall wahr. Es scheint, dass sich hier Trust- und Branding-Effekte aus dem stationären Handel positiv auf das Online-Geschäft auswirken.

Da stellt sich die Frage, warum Notebooksbilliger das Tempo der Store-Eröffnungen nicht beschleunigt?

Wedemeyer: Wir wollen ja mehr Stores aufmachen. Nur bleibt für uns weiterhin klar, dass es sich dabei immer um eine ganz unseren Ansprüchen entsprechende Immobilie handeln muss. Das macht die Expansion schwer und auch langsam. Aber wir wollen nicht in die Situation kommen, wo das Geschäft schwächelt und wir mit den Stores Verluste machen. Wer jetzt mit stationären Geschäften nicht profitabel ist, wird große Probleme bekommen, wenn der Markt einmal schrumpft. Unser Vorteil ist, dass wir beim Ausbau unseres Store-Netzes überhaupt nicht unter Zugzwang sind, denn solche Ladengeschäfte wie wir macht niemand und wir haben mit unserem stationären Konzept daher keine Konkurrenz.

Können Sie schon sagen, ob es 2014 neue Notebooksbilliger-Stores geben wird?

Wedemeyer: Wir haben ein paar interessante Immobilienangebote in Süddeutschland, da müssen wir mal schauen. Anders sieht es im Norden aus: In Hamburg oder Berlin würden wir zum Beispiel gerne einen Store eröffnen, haben aber bis dato noch nichts gefunden, was unseren Vorstellungen entspricht. Am ehesten könnte es nach derzeitigem Stand 2014 einen neuen Store in Wien geben. Wir verhandeln dort gerade verschiedene Optionen.

"Ich glaube nicht an eine Wachstumsgrenze für Online"

Wenn man über das Thema Expansion spricht, muss man neben den stationären Stores auch über den Ausbau des Online-Geschäfts reden. Bei Notebooksbilliger gibt es ja schon lange nicht mehr nur Notebooks. Wie weit können Sie den Ausbau des Sortiments vorantreiben ohne die Kunden damit zu überfordern?

Wedemeyer: Natürlich stellt sich hier immer die Frage zwischen der Sortimentsbreite und dem Nutzen, den ich damit für den Kunden herstelle. Aber ich glaube auch nicht, dass wir in allen Bereichen, die gleiche Kompetenz haben müssen, wie im klassischen PC-Bereich. Bei uns gibt es inzwischen sogar Rasenmäher, die auch ganz gut gekauft werden. Aber ich denke, dass er hier langsam grenzwertig wird und mit der Sortimentsausweitung dann auch einmal Schluss ist. Ich sehe keinen Kundennutzen darin, bei uns zum Beispiel Bücher zu kaufen. Den besseren Content und auch die Marktführerschaft haben in dem Bereich ganz andere. Wenn es um digitale Güter geht, passt beispielweise der Download von Software-Programmen sehr gut zu uns. Weniger Sinn sehe ich dagegen beim Medien-Streaming - wenn Netflix wie angekündigt nach Deutschland kommt, werden sich hier viele ganz warm anziehen müssen.

Sehen Sie in der gegenwärtigen Marktentwicklung nur eine vorübergehende Schwächephase oder gibt es in der weit entwickelten Elektronikbranche so etwas wie eine natürliche Wachstumsgrenze für den Online-Handel, der wir uns zunehmend annähern?

Wedemeyer: Das ist schwer zu sagen. Mit heutigem Stand beobachten wir jedenfalls weiter ein Wachstum. Und ich hätte mir nie vorstellen können, dass eines Tages auch einmal Rasenmäher bei uns online performen. Deshalb glaube ich eher nicht an eine Wachstumsgrenze. Gerade die junge Generation kauft inzwischen fast nur noch online - und in unseren Sortimentsbereichen ist die Tendenz zu Online noch einmal stärker.

Ich würde deshalb weniger nach einer Grenze für den Online-Handel fragen, als danach, wie gut es dem stationären Fachhandel gelingen wird, neue Konzepte zu entwickeln. Wenn ich sehe, wie wenige Mitarbeiter es heute auf der Fläche gibt, sehe ich keinen Grund dazu, in einen Retail-Markt zu gehen. Im Vergleich zur entsprechenden Fachabteilung in einem Media Markt haben wir in unseren Stores deutlich mehr Personal. Insgesamt hat der Elektromarkt zwar mehr Mitarbeiter, aber das nützt mir nichts, wenn ich ein Notebook kaufen will.

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