Flexibilität ist Trumpf

Arbeiten ohne Stechuhr

21.01.2008
Das Ergebnis der Arbeit ist für Unternehmen wichtiger als eine erzwungene Nine-to-Five-Mentalität. Experten sind sich sicher: Mehr Freiheit bringt auch mehr Erfolg.

Das Wort Flexibilität wird oft formelhaft wiederholt. Der klassische Nine-to-Five-Job passt nicht so recht in die schöne neue Arbeitswelt. Nach der Studie "Flexible Working 2007" von Johnson Controls Global Work Place Solutions wird flexible Büroarbeit zur Norm. Mehr als 60 Prozent der 200 internationalen Studienteilnehmer arbeiten nämlich regelmäßig an verschiedenen Orten - im Büro, zu Hause oder unterwegs. Im Vergleich zum Jahr 2006, so die Autoren der Studie, verbrachten die Befragten 2007 weniger Arbeitszeit im Unternehmen (18 Prozent), dafür mehr Zeit im Home Office (36 Prozent) sowie beim Kunden oder auf Reisen (46 Prozent).

"Bisher stand für Arbeitnehmer vor allem freie Zeiteinteilung im Vordergrund. Die aktuelle Studie von Johnson Controls zeigt hingegen, dass die flexible Wahl des Arbeitsumfeldes zunehmend wichtiger wird", kommentierte Paul Barlett, Vorsitzender des Office Productivity Network, die Resultate der Befragung. Das Büro werde vorwiegend zum Ort der Interaktion, an dem Mitarbeiter sich austauschen und zusammenarbeiten. Es reiche nicht mehr aus, Mitarbeitern "nur" einen Büroarbeitsplatz im Unternehmen bereitzustellen.

"Die technischen Voraussetzungen für räumlich und zeitlich flexibles Arbeiten sind durch die moderne Telekommunikation gegeben. Wer die besten Köpfe für sein Unternehmen gewinnen will, muss ihnen mehr bieten als nur eine angemessene Bezahlung. Dazu gehört auch ein möglichst flexibles Arbeitsumfeld. Zudem kommt dieses Modell berufstätigen Müttern und Vätern entgegen. Allerdings verhindert eine konservative, starre Kultur in manchen Firmen, dass Telearbeit oder Gleitzeitmodelle auch wirklich zum Einsatz kommen", sagt der Personalexperte Marc Emde, Geschäftsführer der Kirch Personalberatung in Köln.

In einer globalisierten Arbeitswelt müssten sich auch die Arbeitszeiten internationalen Standards anpassen, so Emde. "In Europa klammern sich einige noch viel zu stark an die 35-Stunden-Woche oder den geregelten Arbeitstag von 9 bis 17 Uhr. Das gehört der Vergangenheit an. In den Vereinigten Staaten geht man teilweise schon viel radikalere Wege", weiß der Personalexperte. Er verweist auf den größten amerikanischen Elektronikhändler namens Best Buy, den die Wochenzeitung "Die Zeit" als das "Kaufhaus der Freiwilligen" beschrieben hat. Dort gibt es weder vorgeschriebene Stundenzahlen für die Beschäftigten noch Anwesenheitspflicht bei Besprechungen und auch keine Kernzeit. "Statt Stunden nachzuweisen zählt nur das Ergebnis: erledigte Aufgaben, abgearbeitete Projekte", schreibt "Zeit"-Autorin Heike Buchter.

"So ganz schlecht scheint das Unternehmen damit nicht zu fahren", meint Emde. "Schließlich erwirtschaftete die Elektronikkette im dritten Geschäftsquartal 2007 einen satten Gewinn. Es ist ja auch ein Trugschluss, dass Arbeiten ohne Kernzeit und Stechuhr weniger produktiv oder leistungsbezogen sei. Ganz im Gegenteil: Die Führungskräfte haben in einem solchen System die Aufgabe, ihre Mitarbeiter anhand der tatsächlich geleisteten Arbeit zu beurteilen. Entscheidend ist die Produktivität und nicht, ob von neun bis fünf die Schreibtischlampe brennt."

Die Arbeitsmarktpolitik von Bundesregierung, Gewerkschaften und Arbeitgeberverbänden hat nach Auffassung des Dienstleistungsexperten Michael Müller diese neue Lebenswirklichkeit noch nicht erfasst. Vor allen Dingen der Einstieg in die digitale Ökonomie hat Menschen und Märkte verändert, Ansprüche an Produkte und Service individueller gemacht. In einer von sogenannten E-Lancern beherrschten Ökonomie wandelt sich die Rolle des Wirtschaftsmanagers, der nichts mehr gemeinsam hat mit dem Industriekapitän vergangener Tage. An die Stelle eines Unternehmens industrieller Prägung tritt ein Netz von freischaffenden und weitgehend selbstbestimmten Arbeitskräften, die über die gesamte Welt verstreut und auf elektronischem Wege verbunden zusammenarbeiten können. Und hier werde nach Leistung bezahlt und nicht nach Löhnen und Arbeitszeiten, die Tarifkartelle am Grünen Tisch festlegen.

MF

Quelle: www.ne-na.de

Auf eine globalisierte Arbeitswelt müssen Firmen auch mit flexiblen Arbeitszeiten reagieren.
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