Apple und IBM

Aus Erzfeinden werden Partner

Peter Müller ist der Ansicht, dass ein Apple täglich den Arzt erspart. Sei es iMac, Macbook, iPhone oder iPad, was anderes kommt nicht auf den Tisch oder in die Tasche. Seit 1998 beobachtet er die Szene rund um den Hersteller von hochwertigen IT-Produkten in Cupertino genau. Weil er schon so lange dabei ist, kennt er die Apple-Geschichte genau genug, um auch die Gegenwart des Mac-Herstellers kritisch und fair einordnen zu können. Ausgeschlafene Zeitgenossen kennen und schätzen seine Beiträge im Macwelt-Morgenmagazin, die die Leser werktags pünktlich um acht Uhr morgens in den nächsten Tag mit Apfel und ohne Doktor begleiten. Privat schlägt sein Herz für die Familie, den FC Bayern, sechs Saiten, Blues-Skalen und Triolen im Shuffle-Rhythmus.
Obwohl für Steve Jobs IBM lange Zeit alles Schlechte in der IT-Branche verkörperte, schlossen beide Unternehmen jetzt einen historischen Kooperationspakt. Das Verhältnis der beiden Unternehmen war bisher sehr wechselhaft.

Als Apple Mitte der Siebziger im Silicon Valley auf den Plan trat, war das als "International Business Machines" im Jahr 1911 im Bundesstaat New York gegründete Unternehmen längst etabliert. Die Welt kannte seinerzeit den Computer als Großrechner, der Schränke, ja, ganze Hallen füllte und an den Terminals angeschlossen waren, über die ausgebildete Fachleute mit ihm arbeiteten. Apple stellte mit dem Apple I im Jahre 1976 und dem kommerziell weit erfolgreicheren Apple II im Jahr darauf die Welt völlig auf den Kopf: Der Computer wurde persönlich, von (fast) jedermann zu bedienen und abseits von großen Firmenarchitekturen zu betreiben. IBM fühlte sich herausgefordert und brachte im Jahr 1981 selbst eine entsprechende Lösung heraus, den Personal Computer oder PC.

Apple "gratuliert" IBM 1981 in einer Zeitungsanzeige sarkastisch zu ihrem ersten Personal Computer.
Apple "gratuliert" IBM 1981 in einer Zeitungsanzeige sarkastisch zu ihrem ersten Personal Computer.

Dank der Kooperation mit dem jungen Unternehmen Microsoft und der Offenlegung der Architektur übernahmen rasch "IBM-kompatible" Rechner den noch jungen Markt. Mit Apple und IBM hatten sich Rivalen für's Leben gefunden.

Ausdruck der gegenseitigen "Wertschätzung" war nicht zuletzt der legendäre TV-Spot zur Einführung des Macintosh im Jahre 1984. Mit "Big Brother" war niemand anders als "Big Blue" gemeint - IBMs Spitzname. Der Hammerwurf der Athletin war nicht anders gemeint als ein Schlag in IBMs Gesicht. Aber trotz aller Bemühungen Apples, auch in Unternehmen Fuß zu fassen, hatte IBM einen großen Vorsprung in Corporate America. Nach und nach ersetzten in den Büros großer Unternehmen die persönlichen Computer den Großrechner, meist griffen CIOs aber zu den IBM-kompatiblen Rechnern, die längst nicht mehr alle von Big Blue stammten, aber alle unter MS-DOS und später Windows liefen. IBM selbst etablierte sich mit seiner Hardware vor allem im Server-Bereich.

Steve Jobs hasste IBM lange

Steve Jobs soll IBM mehr als einmal als "Todfeind" bezeichnet haben. Es ist einer der zentralen Geschichten des Films "Die Silicon Valley Story", dass Jobs sich so sehr auf IBM als Erzrivalen konzentriert, dass er Bill Gates und Microsoft dabei völlig unterschätzt. Weit nüchterner gingen Apple und IBM während Jobs' Auszeit miteinander um. So war IBM von 1994 bis 2005 Lieferant von Prozessoren für Macs. Zusammen mit Motorola/Freescale gründeten Apple und IBM im Jahr 1991 das PowerPC-Konsortium, die daraus entstandenen Chips trieben Desktop-Rechner über fünf Generationen hinweg, Laptops immerhin über vier. Den G5-Prozessor produzierte IBM schließlich exklusiv für Apple, als der G5-Prozessor nicht laptoptauglich wurde, endete die Zusammenarbeit. Apple fand in Intel – zwischenzeitlich neuer "Staatsfeind Nummer Eins" – einen alternativen Zulieferer, mit dessen Chips erst die heute bekannten Macs möglich waren.

Steve Jobs im Jahre 1983 vor dem IBM-Hauptquartier. Die Beziehung des jungen Unternehmens zum Traditionsbetrieb war nicht die beste. Das sollte sich aber noch mehrmals ändern
Steve Jobs im Jahre 1983 vor dem IBM-Hauptquartier. Die Beziehung des jungen Unternehmens zum Traditionsbetrieb war nicht die beste. Das sollte sich aber noch mehrmals ändern
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Auch auf Ebene des Betriebssystems kooperierten Apple und IBM in den Neunzigern, das Joint Venture Taligent brachte aber keinen modernen Nachfolger für das System 7 zustande. Und während IBMs Geschäfte mit Blade-Servern oder dem Think Pad florierten, geriet Apple immer mehr in die Krise. Zeitweise war IBM einer der Kandidaten für eine Übernahme des zurecht gestutzten Emporkömmlings, doch dann kam Steve Jobs zum Unternehmen zurück. Und mit ihm ein modernes Betriebssystem, das sich schon seinerzeit auf die rivalisierende Intel-Architektur verstand. Die erneute Abkehr von IBM war also nur eine Frage der Zeit.

Zur Kooperationsmeldung: IBM und Apple schließen historischen Pakt

Die Neuzeit

Im Jahr 2005 erkannte IBM schließlich, dass die eigene PC-Sparte nicht mehr lukrativ war. Der Markt schien gesättigt, Desktops liefen zwar nach wie vor glänzend, doch ging der Trend schon vor zehn Jahren zum Mobilen. Das Think Pad war als hochpreisiges Notebook auch eher für Unternehmenskunden und nicht für den Consumer-Markt konzipiert. IBM stieß die gesamte Sparte samt der Markenrechten an den chinesischen Hersteller Lenovo ab und konzentrierte sich darauf, Dienstleister für Unternehmen zu sein. Anfang 2014 trat IBM auch noch seine Server-Sparte an Lenovo ab.

Die Zeiten, die Personen und die Unternehmen haben sich geändert. IBM-CEO Ginni Rometty im Gespräch.
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Auch Apple hat sich extrem gewandelt. Computer werden immer mobiler und kleiner, immer mehr klassische PC-Aufgaben können mittlerweile Smartphones und Tablets übernehmen. Apple hat seit Jahren auch das Unternehmensgeschäft im Visier. Und obwohl immer mehr Firmen sich für iPhone und iPad interessieren, fehlt es Apple noch an den letzten Schritten. Und hier kommt wieder IBM ins Spiel, das genau weiß, welche Services und welche Software Unternehmen benötigen. Seit 2013 will sich auch IBM verstärkt als Unternehmen für mobile Lösungen definieren, als es die neue Geschäftseinheit "Mobile First" gründete. Insbesondere sind aber die Vertriebskontakte IBMs ein entscheidender Faktor bei der anstehenden Kooperation. Besonders Microsoft dürfte von der Entwicklung nicht begeistert sein.

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