Ballast oder Know-how-Träger?

13.07.2006
Eine Studie belegt: Personalbereiche befassen sich kaum mit dem Thema "Ältere Mitarbeiter". Seine wachsende Bedeutung ist ihnen aber bewusst.

Von Marzena Fiok

Die deutschen Unternehmen sehen eine wachsende Notwendigkeit, sich mit dem Thema "Ältere Mitarbeiter" zu befassen - vor allem wegen des Fachkräftemangels, der sich aufgrund des Alterns der Bevölkerung abzeichnet. Noch zählt es aber nicht zu den Top-Themen in der Arbeit der Personalbereiche.

Zu diesem Ergebnis kommt eine von der O&P Consult AG, Heidelberg, mit dem Institut für Bildungswissenschaft (IBW) der Universität Heidelberg durchgeführte Untersuchung. Für die Studie wurden 57 Personalverantwortliche von Unternehmen befragt, von denen 46,5 Prozent im Dienstleistungssektor und 53,6 Prozent im produzierenden Bereich zu Hause sind. Von den Unternehmen hatten 46 Prozent 100 bis 1.000 und 54 Prozent mehr als 1.000 Mitarbeiter.

Die Befragung ergab: 61 Prozent der Personalverantwortlichen erachten das Thema "Ältere Mitarbeiter" als wichtig oder sehr wichtig. Es steht aber noch nicht ganz oben auf ihrer Prioritätenliste. 87 Prozent antworteten auf die Frage, ob das Thema zu den fünf wichtigsten Personalthemen zähle, mit Nein. Immerhin 36 Prozent gaben jedoch an, das Thema gehöre zu den Top-Ten-Themen. Zwei Drittel der Befragten sind aber überzeugt, dass "Personalentwicklung und ältere Mitarbeiter" stark an Bedeutung gewinnen wird.

Der Begriff "Ältere Mitarbeiter" wird von den Unternehmen unterschiedlich gefüllt. Ein Drittel zählt erst Mitarbeiter ab 55 hierzu. In immerhin 15 Prozent der Unternehmen werden jedoch schon Mitarbeiter ab 45 und teils sogar ab 40 zum alten Eisen gerechnet.

Die Untersuchung zeigt auch: Rund ein Fünftel der Unternehmen hat die aktuelle Altersstruktur ihrer Belegschaft nicht erfasst. Und noch mehr haben keine Daten darüber, wie sich deren altersmäßige Zusammensetzung in den kommenden Jahren voraussichtlich entwickeln wird. Das ist bei zwei Dritteln der Unternehmen der Fall. Somit fehlen laut Aussage der Autoren der Studie den meisten Unternehmen wichtige Kennzahlen, um die Entwicklung der Altersstruktur gezielt zu steuern - beispielsweise durch Rekrutierungs- sowie Aus- und Weiterbildungs- aktivitäten.

Die Befragung ergab weiterhin: Nur in zehn Prozent der Unternehmen gibt es besondere Personalentwicklungsmaßnahmen für ältere Mitarbeiter. Der Hauptgrund: Die überwiegende Mehrheit sieht keinen Bedarf an solchen zielgruppenspezifischen Angeboten. Ähnlich verhält es sich hinsichtlich einer systematischen Laufbahnplanung für ältere Mitarbeiter. Nur 30 Prozent der Unternehmen haben ein alle Altersgruppen umfassendes "Karrieremodell". Das heißt: In den meisten Unternehmen findet ab einem gewissen Alter keine systematische Förderung der Mitarbeiter und gezielte Vorbereitung auf die Übernahme neuer Aufgaben und Positionen mehr statt.

Tendenziell schreiben die Personalverantwortlichen den älteren Mitarbeitern eine geringe Veränderungsbereitschaft zu. Über 90 Prozent sind überzeugt, dass ältere Mitarbeiter verglichen mit ihren jüngeren Kollegen "eine geringe Flexibilität in Bezug auf Neues" und "eine Tendenz zum Verharren" haben. Gefördert wird dies nach Auffassung der Autoren der Studie dadurch, dass sich in fast allen Betrieben die Weiterbildungs- und Entwicklungsangebote auf die Mitarbeiter in der Ein- und Aufstiegsphase fokussieren. Angebote für etablierte, ältere Mitarbeiter hingegen, die deren Wissens- und Erfahrungsstand berücksichtigen, fehlen.

Als Stärken der älteren Mitarbeiter sehen die Personalverantwortlichen deren "Berufs- und Lebenserfahrung" (84 Prozent) sowie deren "Fach-Know-how und Unternehmenskenntnisse" (75 Prozent). Umso mehr überrascht es, dass bisher nur in 50 Prozent der Unternehmen zumindest Ansätze von Strukturen existieren, die sicherstellen, dass dieses Wissen gezielt an jüngere Kollegen weitergegeben wird.

Weitere Infos und Veranstaltungstipp

Weitere Infos über die Studie erhalten Interessierte bei der O&P Consult AG, Heidelberg (Tel.: 06221 43337-0; E-Mail: info@op-consult.de). Sofern gewünscht, können Interessierte auch kostenlos am Treffen des Transferkreises Personal- und Organisationsentwicklung am 13. Juli (17 bis 20 Uhr) im Zentrum für Studienberatung und Weiterbildung der Universität Heidelberg teilnehmen. Dort werden die Studienergebnisse präsentiert und im Kreis von Personalern und Wissenschaftlern diskutiert.

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