Nach der Übernahme durch Media-Saturn

Bei Redcoon wachsen die Umsätze – und die Verluste



Matthias Hell ist Experte in Sachen E-Commerce und Retail sowie  Buchautor. Er veröffentlicht regelmäßig Beiträge in renommierten Handelsmagazinen und E-Commerce-Blogs. Zuletzt erschien seine Buchveröffentlichung "Local Heroes 2.0 – Neues von den digitalen Vorreitern im Einzelhandel".
Der Online-Händler Redcoon ist nach der Übernahme durch Media-Saturn wieder auf Wachstumskurs. Neben einem deutlichen Umsatzplus weist der Redcoon-Geschäftsbericht für das vergangene Jahr aber auch einen Rekord-Fehlbetrag in zweistelliger Millionenhöhe aus.

Die Übernahme des Online-Händlers Redcoon Anfang 2011 war für Media-Saturn nicht nur eitel Sonnenschein: nachdem das Unternehmen einen Kaufpreis von rund 137 Millionen Euro bezahlt hatte, stagnierten 2012 die Umsätze von Redcoon und rutschte der Elektronikversender auch noch in die Verlustzone. 2013 erzielte Media-Saturn allerdings Online-Einnahmen in Höhe von 1,25 Milliarden Euro, angeblich nicht zuletzt dank eines kräftigen Wachstums bei Redcoon. Nachprüfbar war diese Behauptung jedoch bislang nicht, da in der Bilanz der Metro-Gruppe die Media-Saturn-Tochter Redcoon seit dem vergangenen Jahr nicht mehr getrennt ausgewiesen wird.

Nur drei Viertel des Umsatzes erzielt Redcoon "mit externen Kunden", das restliche Viertel dagegen "mit verbundenen Unternehmen": Für den neuen Redcoon-Chef Martin Sinner gibt es viel zu tun.
Nur drei Viertel des Umsatzes erzielt Redcoon "mit externen Kunden", das restliche Viertel dagegen "mit verbundenen Unternehmen": Für den neuen Redcoon-Chef Martin Sinner gibt es viel zu tun.

Mit Spannung wurde daher die Publikation des Redcoon-Berichts für das Geschäftsjahr 2012/13 (Stichtag: 30.09.2013) im Handelsregister erwartet. Das behauptete Umsatzwachstum wird durch den Geschäftsbericht bestätigt: Der Online-Händler ist demzufolge in dem Geschäftsjahr um rund 15,5 Prozent auf knapp 402 Millionen Euro gewachsen. Im Unterschied zu den von Redcoon PR-seitig ausgewiesenen Zahlen handelt es sich dabei um einen Nettowert, so dass man davon ausgehen kann, dass der Elektronikversender brutto nach 432 Millionen Euro im Kalenderjahr 2012 auf rund 475 Millionen Euro im Geschäftsjahr 2012/13 gewachsen ist.

Das von ChannelPartner veranschlagte Umsatzvolumen von 550 bis 600 Millionen Euro für das Kalenderjahr 2013 ist damit weiterhin realistisch. Etwas fragwürdig ist allerdings die in der Jahresbilanz enthaltene Information, wonach nur drei Viertel des Umsatzes von Redcoon "mit externen Kunden", das restliche Viertel dagegen "mit verbundenen Unternehmen" erzielt worden seien. Falls damit Warenverkäufe an andere Teilbereiche der Media-Saturn-Gruppe gemeint sind, wäre das tatsächliche Gewicht von Redcoon auf dem Online-Markt geringer einzuschätzen als bisher angenommen.

Teure TV-Werbung, geringe Margen

Wie sich aus dem Geschäftsbericht mit Sicherheit ablesen lässt, hatte die Rückkehr zum Wachstum für Redcoon einen hohen Preis: das Geschäftsergebnis des Online-Händlers verschlechterte sich von minus einer Million Euro (2011/12) auf einen Fehlbetrag von ganzen 19,8 Millionen Euro. Ein großer Teil der Verantwortung entfällt dabei auf die nach der Übernahme durch Media-Saturn gestartete intensive TV-Werbung für Redcoon. So sind die Marketing- und Werbekosten inklusive Aufwendungen für Marktforschung und Beratungskosten im Vergleich zum Vorjahr um 9,5 Millionen Euro angestiegen.

Gleichzeitig leidet Redcoon unter einer anhaltenden Margenschwäche. So heißt es in dem Geschäftsbericht: "Zwischen den verschiedenen Produktgruppen besteht ein deutlicher Unterschied in der Marge und damit auch in ihrem Beitrag zum Gesamtertrag. So ist vor allem die Produktgruppe Weisse Ware sowohl in der Umsatzentwicklung als auch in ihrer Marge sehr positiv zu sehen, während die Produktgruppe TV bei schwacher Marge Umsatzanteile verliert. Durch ein zusätzliches starkes Wachstum bei den eher margenschwachen Produktgruppen Computer und Mobiltelefon entsteht ein positiver Effekt im Gesamtumsatz allerdings mit einem negativen Einfluss auf die relative Gesamtmarge."

Weitere Verluste erwartet

Es ist somit naheliegend, dass Redcoon in den Geschäftsbericht beteuert, künftig ein Hauptaugenmerk auf die Verbesserung der Ertragslage legen zu wollen: Man erwarte langfristig Vorteile durch weiter steigende Umsätze und eine bessere Einbindung der Gesellschaft in die Media-Saturn-Gruppe. Unübersehbar ist allerdings, dass die Eingliederung von Redcoon in die Einkaufsstrukturen des Elektronik-Riesen noch nicht die erhoffte Wirkung zeigt. Dafür leidet der Online-Händler weiterhin unter dem durch die Media-Saturn-Übernahme erzwungenen Abschied vom Graumarktgeschäft.

Wie Redcoon in dem Geschäftsbericht erklärt, rechnet das Unternehmen für die Geschäftsjahre 2013/2014 und 2014/2015 mit deutlich steigenden Umsätzen. Diese sollen durch weitere Werbemaßnahmen, aber auch durch die Ausweitung der Produktpalette in bestehenden Sortimenten und durch die Aufnahme weiterer Warengruppen, sowie durch eine langfristige weitere Steigerung der Direktbelieferung erzielt werden. Zur erwarteten Entwicklung der Ertragslage heißt es: "Im bisher laufenden Geschäftsjahr 2013/2014 konnten die Umsatzerlöse im Vergleich zum vorherigen Geschäftsjahr zwar gesteigert werden, eine Verbesserung der Ertragslage ist bisher aber nicht eingetreten." Redcoon gehe daher für das Geschäftsjahr 2013/2014 von Verlusten in etwa auf Vorjahresniveau - also weiter in zweistelliger Millionenhöhe - aus. (mh)

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