Projektbericht des Business-Objects-Partners Infomotion

BI in der Direktbank

10.12.2007
Auch in Banken wird vielfach noch mit lokalen Excel-Sheets gearbeitet. Dies war zum Beispiel bei der ING-DiBa der Fall, bis die Direktbank vor drei Jahren eine professionelle Business-Intelligence (BI)-Lösung erhalten hatte. Nun musste diese "renoviert" werden.

Von Dr. Ronald Wiltscheck

Zwei Jahre nach der Inbetriebnahme der Business-Intelligence-Lösung bei der ING-DiBa war es an der Zeit, das System zu überarbeiten. Mit dieser Aufgabe wurde der Business-Objects-Partner Infomotion beauftragt.

Als Projektleiterin sollte dabei Kerstin Neu fungieren, die bereits die Erstimplementation der Business-Intelligence-Software im Jahre 2004 bei ING-DiBa verantwortet hatte damals allerdings noch als Mitarbeiterin der Berata GmbH. Neus derzeitiger Arbeitgeber, die Infomotion GmbH, ist ein Spin-off von Berata.

Business Intelligence statt Excel

Bevor bei der ING-DiBa das BI-System von Business Objects eingeführt wurde, arbeitete die Direktbank vorwiegend mit lokal vorliegenden Informationen. "Der Transport der Daten innerhalb des Unternehmens hatte nicht funktioniert", erinnert sich Martin Schmidberger, Bereichsleiter Kundenanalyse bei der ING-DiBa, an den damaligen Zustand. "Es gab keinen zentralen Ort, an dem konsolidierte Daten abgerufen werden konnten. Stattdessen wurden selbst gebaute Excel-Listen per E-Mail hin- und hergeschickt."

Dabei zogen ING-DiBa-Mitarbeiter unterschiedliche Daten als Grundlage für ihre Auswertungen heran, sodass die Zahlen in den Berichten stark differierten. Da dabei die Informationen manuell aus den verschiedenen Quellen zusammengesucht wurden, schlich sich außerdem immer wieder der Fehlerteufel ein. "Das Ansehen der Datenqualität war dementsprechend schlecht", erinnert sich Schmidberger. "Auf dieser inkonsistenten Basis konnten und wollten wir nicht länger arbeiten."

Deshalb entschloss sich die ING-DiBa vor drei Jahren zu einem massiven Einschnitt: Die Repräsentation der Daten der Direktbank wurde auf ein professionelles IT-System für Business Intelligence umgestellt. Jetzt stehen alle wichtigen Informationen auf der Grundlage einer unternehmensweit einheitlichen Datenbasis zur Verfügung und das innerhalb von zwei Sekunden.

Denn kaum eine andere Branche muss solche gigantischen Datenmengen beherrschen wie die Kreditwirtschaft. Schließlich besteht das gesamte Geschäft aus Zahlen und Daten. Nötig sind komplexe und zugleich präzise Reporting-Instrumente, um nicht im Chaos zu versinken. Immer mehr Finanzdienstleister setzen deshalb auf IT-gestützte Business-Intelligence-Systeme. Diese Plattformen führen die Daten aus allen Unternehmensbereichen zusammen und stellen sie strukturiert und grafisch aufbereitet zur Verfügung. Durch diese Verzahnung können Berichte und Analysen erstellt werden, die nicht nur verlässlich, sondern stets aktuell sind.

"Doch es ist normal, dass nach zwei Jahren einige BI-Informationen neu aufbereitet, selektiert und gruppiert werden mussten", begründet Kerstin Neu von Infomotion die Notwendigkeit des Nachfolgeprojekts bei der ING-DiBa. Im Zuge des Relaunchs hat der Business-Objects-Partner außerdem das Management Informations System (MIS) bei der Direktbank optisch aufgepeppt und die Benutzeroberfläche modernisiert. So arbeitet die Direktbank seit Kurzem mit dem Business-Objects-Webportal "WebIntelligence 6.5".

Zugriffszeit von maximal zwei Sekunden

Außerdem sollte die runderneuerte BI-Lösung die benötigten Daten auf Knopfdruck liefern. Hier forderte der Kunde eine maximale Wartezeit von zwei Sekunden. Die-se Zielvorgabe im Blick, baute Infomotion das System so auf, dass alle elementaren Daten sofort und auf einen Klick abgerufen werden können. Die wichtigsten Unternehmensdaten, zum Beispiel Bestand und Konten, aufgeteilt in die einzelnen Produkte der ING-DiBa, stehen tagesaktuell direkt auf der Startseite. Daten, die nicht für alle Mitarbeiter relevant sind, erhält man nach einigen weiteren Mausklicks.

Ursprünglich hatte Infomotion die BI-Lösung für alle Abteilungsleiter der unterschiedlichen Geschäftsbereiche konzipiert. "Nachdem das System eine Weile erfolgreich gelaufen ist, entdeckten immer mehr Mitarbeiter den Nutzen der BI-Software für sich", erinnert sich Schmidberger von der ING-DiBa. "Viele wollten nun ebenfalls Zugang zu den Daten haben."

Daher gab der Kunde den Projektverantwortlichen von Infomotion den Auftrag, die BI-Plattform von Business Objects zu erweitern. Schließlich war man bereits von der Effizienz des Systems überzeugt. "Heute arbeiten ab den Teamleitern aufwärts alle damit", berichtet Kerstin Neu von Infomotion. Dabei ist das System zweigeteilt: In einem öffentlichen Reporting-Portal stehen jeder Fachabteilung ihre Analysen und Berichte zur Verfügung. Die Entscheider in der Direktbank haben in einem geschützten Bereich alleinigen Zugriff auf sensible Informationen.

Die größte Herausforderung in diesem BI-Modernisierungsprojekt lag dabei darin, die Zugriffszeit auf die Daten auf unter zwei Sekunden zu drücken. "Langsame Datenbankabfragen sind die größten Hürden effektiver Business-Intelligence-Systeme", erklärt Neu. Zwar wurden die Daten der Kundenanalyse komprimiert, jedoch konnte die Zugriffszeit von maximal zwei Sekunden nicht gehalten werden.

Daraufhin entwarf Infomotion die Infrastruktur des Systems neu: Alle wichtigen Daten werden nun in halbstündigem Rhythmus aktualisiert und müssen bei Zugriff nicht extra auf der Datenbank erzeugt werden: Sie stehen bereits in den vorbereiteten Reports und sind ohne Ladezeit jederzeit verfügbar. "Damit kommen wir nicht nur schnell an unsere Informationen, wir können auch zu jedem Zeitpunkt des Tages auf deren Korrektheit vertrauen", lobt Martin Schmidberger die Idee des Business-Object-Partners.

Wichtiges vom Unwichtigen trennen

Bei der Priorisierung der Daten, also bei der Entscheidung, welche Informationen stets aktuell vorgehalten werden müssen und bei welchen ein tägliches oder gar ein wöchentliches Update genügt, arbeitete Infomotion eng mit den Fachabteilungen der ING-DiBa zusammen. "Gemeinsam mit dem Controlling entwickelten wir in der Kundenanalyse Inhalte und Aufbereitung der einzelnen Daten", beschreibt Neu den Projektverlauf und erklärt: "Auch wenn wir viel Branchenwissen mitbringen, können wir den Fachbereich nicht ersetzen. Nur im gegenseitigen Austausch können wir das Geschäft unseres Kunden genau verstehen und individuell auf seine Anforderungen eingehen."

Angestellte der Direktbank mussten demnach einen Teil ihrer Arbeitszeit mit in die Entwicklung des BI-Systems investieren. Der Aufwand dafür war zwar hoch, doch heute profitieren alle davon: Sämtliche Informationen sind wie gewünscht gruppiert, und die mühsame Datensuche ist kein Thema mehr. "Das schont nicht nur Nerven, sondern spart vor allem kostbare Zeit", stellt Schmidberger fest.

Besonderen Wert legte die ING-DiBa darauf, dass jederzeit nur die tatsächlich wichtigen und benötig-ten Daten auf der Startseite des Systems stehen. Schmidberger: "Wichtiges muss vom Unwichtigen getrennt sein. Nur so ist die optimale Übersichtlichkeit zur Erstellung hochwertiger Analysen gewährleistet." Demzufolge hat das Team von Infomotion eine Besonderheit integriert: Seit einigen Monaten wird regelmäßig gemessen, wie oft welche Daten angeklickt und genutzt werden. "Auf diese Weise sehen wir genau, welche Daten die Anwender benötigen", erklärt Neu das Google-Prinzip. "Das System ist flexibel und skalierbar konzipiert, sodass wir es bei Optimierungsbedarf sofort an die Bedürfnisse der Anwender anpassen können."

Beim Relaunch des eigenen BI-Systems hat der Kunde auch gleich noch zwei zusätzliche Intel-basierte Server angeschafft und das Betriebssystem von Windows 2000 auf 2003 migriert. Bereits ein Jahr zuvor hatte ING-DiBa die Oracle-Datenbank von Release 8 auf 9 gebracht. Trotz der eigentlich ungeplanten Erweiterung des BI-Systems auf eine maximale Kapazität von 250 Anwendern und der Neustrukturierung sowie Priorisierung der Berichtsdaten wurde die angepeilte Projektdauer von anderthalb Monaten nicht überschritten. Auch den Kostenrahmen konnte Infomotion einhalten.

Einheitliche Datenbasis

Mittlerweile nutzen bereits 150 Anwender bei der ING-DiBa die neue BI-Lösung. Es könnten dies sogar 250 tun, so groß ist die Kapazität der BI-Software laut Infomotion ausgelegt. Nicht zuletzt deshalb konnte auch die österreichische Niederlassung an das System angebunden werden: Alle relevanten Daten von ING-DiBa Austria sind in dem deutschen System integriert, sodass beide Länder darauf zugreifen und gegenseitig alle Daten abrufen können.

"Im Zuge der Globalisierung können international agierende Unternehmen nicht mehr auf eine einheitliche Datenbasis verzichten", begründet Kerstin Neu diese Ankopplung. "Ein gemeinsamer Informations-Pool ist die Grundlage für strategische Entscheidungen; sie treibt die Kommunikation innerhalb des Unternehmens sowie mit Kunden, Partnern und Investoren positiv voran." Indem sämtliche Unternehmenszahlen direkt als Excel-Sheet oder PDF-Dokument generiert werden können, haben sich Qualität und Aktualität des Reportings außerdem stark verbessert. "Das ist ein entscheidendes Differenzierungskriterium im Finanzwettbewerb", weiß Neu zu berichten

»Nach zwei Jahren mussten einige Informationen im BI-System neu aufbereitet, selektiert und gruppiert werden.« Kerstin Neu, Projektleiterin bei Infomotion
»Nach zwei Jahren mussten einige Informationen im BI-System neu aufbereitet, selektiert und gruppiert werden.« Kerstin Neu, Projektleiterin bei Infomotion
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Alle elementaren Daten stehen nun im BI-System der ING-DiBa sofort zur Verfügung.
Alle elementaren Daten stehen nun im BI-System der ING-DiBa sofort zur Verfügung.
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Seit dem Relaunch läuft das BI-System bei der ING-DiBa zuverlässig und hat sich als zentrale Anlaufstelle zur Abfrage der Unternehmensdaten etabliert. Resümee von Schmidberger: "Wer bei uns Informationen benötigt, geht auf das System und hat in Sekundenschnelle einen aktuellen Blick über Geschäft und Kunden und zwar auf einer unternehmensweit einheitlichen Datenbasis. Das war das Ziel. Und das haben wir erreicht." Auf lokale Excel-Sheets greifen Mitarbeiter der Direktbank heute nur noch selten zu.

Meinung des Redakteurs

Das vorliegende Projekt ist sicherlich nicht typisch für den Mittelstand. Doch auch bei dieser Klientel ist der Bedarf an Business-Intelligence-Lösungen vorhanden. Man muss ihn nur dem Kunden klar machen.

Infomotion

Der Business-Intelligence-Spezialist Infomotion ist ein Spin-off der Berata GmbH. 2004 gegründet, verfügt der Dienstleister aus Frankfurt aus Main bereits über Niederlassungen in München, Köln und Stuttgart. Rund 80 Berater und Entwickler arbeiten an Projekten rund um die Themen BI, Corporate Performance Management, Data Warehouse und Reporting. Zu den bekanntesten Infomotion-Kunden zählen neben der ING-DiBa Deutsche Post, Adidas und die Dresdner Bank. Außer mit dem bereits zu SAP gehörenden BI-Hersteller Business Objects arbeiten die Frankfurter auch mit Oracle, Microsoft und SAS zusammen.

ING-DiBa

Als Bank für Spareinlagen und Vermögensbildung (BSV) 1965 in Frankfurt gegründet, beschäftigt die ING-DiBa heute über 2.500 Mitarbeiter. Die Bilanzsumme der niederländischen Direktbank betrug 2006 in Deutschland 72,8 Milliarden Euro. Das Ergebnis vor Steuern belief sich im Vorjahr auf 387 Millionen Euro.

Business Objects

Nach eigenen Angaben beliefert Business Objects weltweit über 43.000 Kunden mit der eigenen Software. Dabei arbeitet der Anbieter mit mehr als 3.000 Partnern und Resellern zusammen. Das Unternehmen wurde 1990 in Paris gegründet. Im Oktober hat SAP angekündigt, Business Objects für 4,8 Milliarden Dollar zu übernehmen.

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