Brüssel dringt auf einheitliche Technik für Handy-TV - Dokument

15.07.2007
Von Stefan Paul Mechnig

Von Stefan Paul Mechnig

Dow Jones Newswires

DÜSSELDORF (Dow Jones)--Die Europäische Kommission will die EU-Länder Anfang 2008 notfalls dazu verpflichten, eine einheitliche Technik für das Handy-Fernsehen zu verwenden. In einem ersten Schritt wird der unter anderem von Nokia entwickelte Übertragungsmodus DVB-H offiziell in die Standardliste der EU aufgenommen, heißt es in einem Dokument, das nächste Woche veröffentlicht werden soll und in das die Nachrichtenagentur Dow Jones Newswires Einblick hatte.

Damit müssen die EU-Staaten diese Technik bevorzugen, können aber auch andere Standards verwenden. Unter Umständen wolle die Kommission aber Anfang kommenden Jahres den Gebrauch von DVB-H anordnen, heißt es in dem Dokument.

Wie eine informierte Person aus Brüssel sagte, ist die zuständige Kommissarin Viviane Reding der Ansicht, dass mobiles Fernsehen eine große Chance für Europa sei, seine führende Rolle in der Mobilfunktechnik und bei audiovisuellen Dienstleistungen zu behalten und auszubauen. Europa stehe nun am Scheideweg. Es bestehe das Risiko, dass sich ohne einen einheitlichen Standard andere Regionen den Löwenanteil an dem viel versprechenden Markt sicherten, mahnte die Kommissarin den Angaben zufolge.

DVB-H konkurriert unter anderem mit dem in Südkorea weit verbreiteten DMB-Standard, der von Samsung gefördert wird. In beiden Fällen werden die Signale über Rundfunk verbreitet. Andere Techniken nutzen dazu Mobilfunkkanäle, wie MediaFlo, ein maßgeblich von Qualcomm vorangetriebener Standard.

Reding wies darauf hin, dass in Südkorea schon fast 10% der Bevölkerung Handy-TV nutzen, während es in Italien, dem in dieser Hinsicht am weitesten entwickelten EU-Land, weniger als 1% seien. Dem Dokument zufolge hat das Hosentaschen-Fernsehen ein geschätztes weltweites Umsatzpotenzial von 7 Mrd bis 20 Mrd EUR im Jahr 2011 und könnte dann auf 200 Millionen bis eine halbe Milliarde Nutzer kommen.

In Europa steckt das mobile TV aber noch in den Kinderschuhen. Weil hier verschiedene Übertragungstechniken genutzt würden, bestehe die Gefahr einer Zersplitterung des Marktes, heißt es dem Dokument. DVB-H sei jedoch nach Meinung der EU Kommission am besten geeignet zur Verbreitung von TV-Programmen auf Mobilfunk-Displays. Weltweit gebe es rund 40 Pilotversuche damit, auch in den USA und Asien.

Der Standard wird heute bereits von den meisten großen Mobilfunkanbietern bevorzugt. Neben dem Einsatz in Italien wurden in Finnland bereits entsprechende Lizenzen zugeteilt, während Frankreich, Spanien und Deutschland dazu in den Startlöchern stehen. Unter anderem in der Bundesrepublik wird auch bereits die Konkurrenztechnik DMB kommerziell genutzt. Als erster war damit der Service-Provider Debitel am Start.

Die Kommission ruft die EU-Länder außerdem auf, die nötigen Funkfrequenzen für DVB-H bereitzustellen und den jungen Markt nur behutsam zu regulieren. Sie drängt auch deshalb zu Eile, weil 2008 mit der Fußball-Europameisterschaft und den Olympischen Spielen wichtige Sportereignisse anstehen. Diese böten eine einzigartige Gelegenheit, dem Handy-TV zum Durchbruch zu verhelfen, heißt es in dem Dokument, dessen ersten Entwurf Dow Jones bereits Ende Juni hatte einsehen können.

Kommissarin Reding hatte sich erstmals im März in einem Interview mit dieser Nachrichtenagentur für DVB-H als einheitlichen Standard ausgesprochen.

Webseite: http://www.ec.europa.eu

-Von Stefan Paul Mechnig, Dow Jones Newswires, ++ 49 (0) 211 - 13 87 213

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