Cancoms langer Marsch

18.06.2007
Entschlossen versucht das Systemhaus Cancom AG, sich als Anbieter von IT-Dienstleistungen für Rechenzentren zu etablieren. Cancom-Chef Klaus Weinmann zufolge liegt dort die Zukunft seiner Firma.

Von Wolfgang Leierseder

Die gerade erfolgte Trennung Cancoms von dem Softwaredistributor Maily (siehe Seite 34 in dieser Ausgabe) war ein deutliches Zeichen: Das Systemhaus aus Jettingen-Scheppach rüstet sich für eine Zukunft ohne kleinteilige Aufgaben. Gegenüber ChannelPartner sagte Cancom-Chef Klaus Weinmann: "Der Schmerzpunkt des Kunden ist das Rechenzentrum." In diesem "zentralen Bereich" der IT sieht Weinmann die Zukunft des wiedererstarkten IT-Dienstleisters.

Nun ist es bestimmt nicht so, dass sich Cancom in diesem Segment alleine bewegen könnte. Systemhauskonkurrenten wie Bechtle oder Computacenter, aber auch diverse Töchter von Unternehmen wie IBM, HP oder FSC kümmern sich um exakt diese Aufgaben - bekanntlich mit Erfolg. Das weiß Weinmann, doch er will die Karten Regionalität und kontinuierliches Wachstum zu seinen Gunsten ausspielen.

Ersteres will er durch gezielte Zukäufe erreichen. "Wir sind auf der Suche nach Systemhäusern, deren Dienstleistungsanteil bei 20 bis 30 Prozent liegt", sagt er. Das "Geschäft mit Wertschöpfung" sei elementar, um nicht aus dem Prüfungsraster des Schwaben zu fallen. Dass solche Systemhäuser "mit 50 bis 100 Mitarbeitern" (Weinmann) am besten in Berlin, Hamburg, Düsseldorf respektive Köln sowie Stuttgart angesiedelt sein sollten, sagt der Cancom-Chef auch. Regionale Präsenz in allen wichtigen Bundesländern und Städten, lautet die offen bekundete Akquisitionsstrategie - und dieser geht Weinmann entschlossen nach.

Der jetzige Zeitpunkt sei dafür günstig: "Viele Systemhäuser kämpfen mit der Nulllinie", sagt er. Trotz des erkennbaren momentanen Aufschwungs wisse man in solchen Firmen genau, dass ein kleine Delle genüge, um sie wieder dorthin zurückzuwerfen, woher sie gekommen sind - aus dem täglichen Überlebenskampf. Was liegt für diese näher, als zum jetzigen Zeitpunkt zu verkaufen?, sinniert Weinmann, wobei er klar macht, dass seine Zukäufe allein dem langfristigen Ziel gehorchten, binnen der nächsten fünf Jahre den Umsatz auf rund 500 Millionen Euro steigern zu können.

Ein stolzes Ziel: Für das Jahr 2006 wies Cancom 234 Millionen Euro aus.

Als konkrete Schwerpunkte seines Hauses bezeichnet Weinmann "professionelle Services" im Citrix- und SAP-Umfeld, des Weiteren Server, Speichersysteme und Sicherheit. "Die Rezentralisierung in Unternehmen" fordere "komplexe Dienstleistungen", so der Cancom-Chef, und diese könne seine Mannschaft, die derzeit mehr als 1.250 Mitarbeiter zählt, bieten. Beispielsweise habe Cancom die Verkabelung des WLAN-Netzes im Münchener Flughafen vorgenommen, als Sub-Unternehmen des IT-Dienstleisters T-System.

Cancoms Kompetenzen in Sachen SAP-Basis sei ebenfalls mit Händen zu greifen. Der Dienstleister kümmere sich um die Basis, also die Vorinstallation der Software der Walldorfer, ferner um die Einrichtung von Servern und deren Virtualisierung sowie Speichersysteme und Remote-Anbindung von Kunden mittels Terminal-Software von Citrix.

Apple-Geschäft wächst unterproportional

In diesem Zusammenhang sieht Weinmann einen Trend, der ihn geradewegs zum einstigen Gewinnbringer Apple führt. "Der Client wird immer uninteressanter", hat er festgestellt. Für das Apple-Geschäft heißt das, so Weinmann: "Wir wachsen unterproportional." Sieben Prozent Wachstum beim Umsatz zeige ein "solides Geschäft"; auch tauschten die Kunden, vorwiegend Verlage und Medienagenturen, Apple-Hardware und -Software aus. Doch die Strategie der Kalifornier, angesichts der iPod- und iTunes-Erfolge das professionelle Geschäft zu vernachlässigen, mache sich selbstredend bemerkbar. "Die Kunden fragen uns: Wo sind die Produkte?", erläutert Weinmann. "Apple tut zu wenig für den professionellen Bereich", fasst er seine Sicht der diesbezüglichen Apple-Strategie zusammen.

Aber da Cancom sich längst aus der Abhängigkeit von Apple befreit habe, mache ihm das immer weniger aus. Stattdessen kündigt Weinmann an, Quartal für Quartal ein Systemhaus zu kaufen. Wenn er dann sagt, "lieber zu langsam als zu schnell wachsen" zu wollen, weiß man, dass auch schwäbische Gemütlichkeit eine Frage der Interpretation ist.

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