Kaufen statt kopieren

Chinas Tech-Konzerne auf Einkaufstour

21.04.2015
"Internet-Plus" ist das Schlagwort der Regierung in Peking für mehr Zuschüsse und weniger Regulierung. Diese Strategie dürfte den innovativen Tech-Firmen viel Geld in die Kassen spülen. Sie gehen bereits auf Einkaufstour.

Es ist ein Moment ganz nach dem Geschmack von Milliardär Lei Jun. Der Chef des chinesischen Smartphone-Produzenten Xiaomi hat die Bühne in einem Pekinger Luxushotel betreten. Im Scheinwerferlicht gibt er die Übernahme des Weltmarktführers für Stehroller, Segway, durch das chinesische Startup Ninebot bekannt - miteingefädelt von Lei Jun und mit Geld von Xiaomi. "Das ist erst der Anfang", ruft Lei Jun.

Lei ist ein Mann mit Vision. Unter seiner Führung hat es die kleine Hardwareschmiede Xiaomi innerhalb von nur vier Jahren auf den ersten Platz der Verkaufscharts von Smartphones in China geschafft. Aber der Geschäftsmann mit einem geschätzten Vermögen von vier Milliarden US-Dollar hat viel größere Pläne. "Ninebot macht vor, dass es chinesische Startups mit globalen Konzernen aufnehmen können", sagt Lei.

McKinsey-Direktor Jonathan Woetzel ist überzeugt: "Mit dem Wachstum chinesischer Unternehmen wird es mehr Übernahmen geben." Die internationale Einkaufstour von Konzernen aus dem Reich der Mitte könne sich auf viele Branchen ausweiten. Bekannte Übernahmen aus China der vergangenen Jahre sind Volvo durch Geely oder die PC-Sparte von IBM durch Lenovo. Noch stünden viele chinesische Firmen technologisch auf einem niedrigeren Level als ihre westliche Konkurrenz. "Aber sie holen schnell auf", sagt Woetzel.

Die Übernahme von Segway sendet ein starkes Signal. Ninebot hatte das Prinzip der Segway-Roller für den chinesischen Markt kopiert. Noch vor sieben Monaten hatte Segway seinem Konkurrenten Ninebot vor der US-Handelskommission Urheberrechtsverletzungen vorgeworfen. Nun gehört dem chinesischen Angreifer der Weltmarktführer. Lei Jun hat bereits angekündigt, mit Xiaomi in zehn Jahren Apple zu überholen. Aber vielleicht träumt er auch von einer Übernahme.

Gerade in Chinas Internetbrache stehen derzeit alle Zeichen auf Wachstum. Der chinesische Staatsrat hat für die kommenden Monate eine weitere Liberalisierung im Online-Geschäft angekündigt. Regierungschef Li Keqiang hat "Internet-Plus" als neue Strategie ausgegeben. Der Staat will Technologiefirmen finanziell unterstützen, sich aber aus der Regulierung der Branche zurückziehen. Profitieren sollen unter anderem Internetbanking, Online-Handel und Cloud-Dienste.

Die Regierung zieht damit die Schlüsse aus den Erfahrungen der vergangenen Jahre. Denn die Innovation wird von Privatbetrieben angeführt, die von charismatischen Chefs getrieben werden. Das gilt für Lei Jun bei Xiaomi wie für die Suchmaschine Baidu, den Netzwerkausrüster Huawei und den Internethändler Alibaba. Staatlich gestützte Elektrokonzerne wie Haier oder TCL werden abgehängt.

Chinas Technologiefirmen sehen sich überall nach Kaufkandidaten um, sagt die Finanzkommentatorin Ye Tan. "Es zeichnet sich eine Welle von Übernahmen ab." Aber für viele Konzerne in China sei der Kauf eines internationalen Unternehmens eine neue Herausforderung. Ye Tan geht davon aus, dass sich chinesische Investoren bei ihrer Einkaufstour auch verzocken werden. "Viele werden scheitern." (dpa(tc)

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