Cisco Live 2013

Cisco will zur Nummer eins der IT-Anbieter aufsteigen

Jürgen Hill ist Chefreporter Future Technologies bei der COMPUTERWOCHE. Thematisch befasst sich der studierte Diplom-Journalist und Informatiker derzeit mit aktuellen IT-Trendthemen wie KI, Quantencomputing, Digital Twins, IoT, Digitalisierung etc. Zudem verfügt er über einen langjährigen Background im Bereich Communications mit all seinen Facetten (TK, Mobile, LAN, WAN). 
Ja, das intelligente Netz bleibt wichtig - doch das genügt dem Konzern nicht mehr. Klar wurde auf der Hausmesse Cisco Live der Anspruch postuliert, im Zeitalter des Internet of Everything zur Nummer eins der IT-Anbieter aufzusteigen.

Ja, das intelligente Netz bleibt wichtig - doch das genügt dem Konzern nicht mehr. Klar wurde auf der Hausmesse Cisco Live der Anspruch postuliert, im Zeitalter des Internet of Everything zur Nummer eins der IT-Anbieter aufzusteigen.
von Jürgen Hill (Ressorleiter Computerwoche)
Das Geschäft mit der Videokamera "Flip" ist abgewickelt, die letzten Überreste des Consumer-Geschäfts unter der Linksys-Flagge scheinen an Belkin zu gehen - andere Großkonzerne würden sich jetzt eine Atempause gönnen, nicht jedoch Cisco. Alleine seit November hat die Company schon wieder sieben Unternehmen dazugekauft beziehungsweise sich daran beteiligt.

Jüngster Neuerwerb, der auf der Hausmesse Cisco Live in London verkündet wurde, ist Cognitive Security aus Prag. Das Unternehmen hat sich auf Netzsicherheit in Echtzeit spezialisiert und setzt dabei auf künstliche Intelligenz. Cisco könnte mit dem Know-how seine Strategie eines "Selfdefending Network" ausbauen und verfeinern - etwa hinsichtlich ByoD oder Cloud.

Gleichzeitig bleibt Cisco damit seiner Innovationsstrategie treu, die Padmasree Warrior, CTO und CSO von Cisco, mit drei Worten umriss: "build, buy or partner". Auch ansonsten zeigte sich die Chefstrategin vor den rund 6500 Besuchern der europäischen Cisco Live kämpferisch. Selbstbewusst verkündete sie den Anspruch des Konzerns, zur IT-Company Nummer eins aufzusteigen. Um dieses ehrgeizige Ziel zu erreichen, hat Cisco ein Modell für die "Next Generation IT" entwickelt. Dieses basiert im Wesentlichen auf vier Säulen, die das Fundament für die Cisco Unified Platform bilden. Die einzelnen Säulen sind dabei das Unified Data Center (Produkte: UCS, Nexus), Core Network (Enterprise sowie Service-Provider), Access (Kabel, schnurlos) sowie Security (Access Control; Content, Context sowie Threat aware).

Mit dieser Plattform sieht Warrior den Konzern zudem gut gerüstet, um auf die aktuellen Herausforderungen der IT zu reagieren. Dazu zählt die Managerin Aspekte wie Consumerization mit ByoD, Cloud sowie das Internet der Dinge. Kombiniert mit den Effekten beziehungsweise Auswirkungen der Mobile-Cloud-Ära führt dies dann zu ihrer Vision der Zukunft, dem "Internet of Everything". Mit diesem Begriff umschreibt der Konzern den zunehmenden Bedarf, immer mehr Menschen, Daten, Dinge sowie Prozesse miteinander zu verbinden. So erwartet der Konzern bereits 2015 rund 25 Milliarden vernetzte Devices. Bis 2020 soll sich die Zahl auf 50 Milliarden verdoppeln. Im Kern dieser Entwicklung steht für Cisco, wie nicht anders zu erwarten, ein intelligentes "Application-aware"-Netz.

Gleichzeitig wachse mit dem Trend zum Internet of Everything die Bedeutung drahtloser Netze exponentiell. Umso wichtiger sei es deshalb, mobile und stationäre Netzstrukturen sowie virtuelle Netze (VPNs) als ein gemeinsames Ganzes sicher, effizient und kostensparend verwalten zu können. Eine Aufgabe, die Cisco mit der Unified-Access-Stratgie (UA) angeht. Gleichzeitig verspricht der Konzern offene Programmierschnittstellen, so dass die Produkte für das Software Defined Networking (SDN) bereit seien.

Existierte die Strategie bislang im Wesentlichen auf dem Papier, so zeigte das Unternehmen nun auf der Cisco Live erste Produkte. Konkret gehören zu dem jetzt vorgestellten UA-Angebot:

  • der "Catalyst 3850" mit integriertem WLAN Controller,

  • der IOS-basierte WLAN-Controller "Cisco 5760",

  • die "Identity Services Engine" (ISE) in der Version 1.2 und

  • die "Prime Infrastructure" (PIE) in der Version 2.0.

Einheitliche Hardware

Dabei beschreitet Cisco in Sachen Hardware neue Wege. Um kabellosen und kabelgebundenen Verkehr zu vereinen, setzen die Netzwerker auf den neuen ASIC "Unified Access Data Plane" (UDAP). Der neue Chip soll nicht nur die verschiedenen Verkehrsarten über eine Data Plane abwickeln, sondern dank seiner programmierbaren Data Plane die Einführung von Software-Defined-Networking-Services erlauben. Im Rahmen der "onePK Open Architecture" gehört dazu beispielsweise ein Toolkit, um Apps zu entwickeln, die in SDN-Umgebungen mit Cisco-Routern und -Switches kommunizieren können.

Eine einheitliche Policy soll sich in UA-Umgebungen mit der "Identity Services Engine" (ISE) als integrierter Mobile-Device-Management-Lösung umsetzen lassen. Mit ISE 1.2 können Administratoren etwa Richtlinien für unterschiedliche Access- und Gerätetypen anlegen. Eine automatische Zugriffskontrolle lässt sich laut Cisco mit nur einer Richtlinie für Sicherheit, Geräteerkennung und Nutzer-Authentifizierung umsetzen. Dabei sei es egal, wo und wie die Anwender auf das Unternehmensnetz zugreifen.

Das eigentliche Management des konvergenten Netzes erfolgt dann per "Prime Infrastructure 2.0". Das Tool soll eine 360-Grad-Sicht über Applikationen, Services und Endanwender gewähren. Ein automatischer Workflow vereinfache dabei den Netzbetrieb.

WLANs - zwischen Gigabit-Speed und Datenstau

WLANs gewinnen immer mehr an Bedeutung. Egal ob im Büro, auf Messen oder in Hotels, sobald sich die Mobilität in Grenzen hält, ist diese Funktechnik mittlerweile die primäre Internet-Technologie. So geht Plum Consulting in der gemeinsam mit Cisco erarbeiteten Studie "Future proofing Wi-Fi" davon aus, dass 2016 schon 60 Prozent des westeuropäischen Internet-Verkehrs über WLAN-Access-Netze transportiert werden. Die mit hohen Kosten aufgebauten Mobilfunknetze (HSPA/LTE) würden dagegen mit zehn Prozent nur einen bescheidenen Anteil der Verkehrslast tragen.

Doch die Sache hat einen Haken - in den WLANs wird die Kapazität allmählich Mangelware, und die Netze stören sich immer häufiger gegenseitig. Gerade im populären Frequenzbereich von 2,4 Gigahertz, in dem das Gros der "dummen" Consumer Access Points (APs) sendet, sei es immer schwieriger, störungsfrei die Nenn-Datenraten von 802.11 b/g/n zu erzielen. Die eher günstigen Consumer APs verfügen in der Regel über keine Technik, um die Sendeleistung so zu begrenzen, dass benachbarte Access Points nicht gestört werden.

Probleme, die Enterprise-Kunden im 5-Gigahertz-Bereich nicht kennen - bislang! Die Autoren der Studie glauben nämlich, dass es mit dem ungestörten Funken auf 5 Gigahertz bald vorbei ist. So würden immer mehr Notebooks und Smartphones mittlerweile mit einer 5-Gigahertz-Unterstützung ausgeliefert. Zu erwarten ist noch eine andere Belastung für das 5-Gigahertz-Band: Mit den neuen WLANs gemäß IEEE 802.11ac - auch als Gigabit-WLAN/Wi-Fi bekannt - droht der endgültige WLAN-GAU. Die superschnellen WLANs müssen nämlich auf mehreren Kanälen gleichzeitig funken, um ihre hohen Datenraten zu erzielen.

WLANs werden als Zugangsmedium zum Internet in Westeuropa immer wichtiger. Angaben in PB pro Monat.
WLANs werden als Zugangsmedium zum Internet in Westeuropa immer wichtiger. Angaben in PB pro Monat.
Foto: Plum/Cisco

Deshalb fordert Plum gemeinsam mit Cisco, dass die EU zusätzliche Frequenzen freimacht, um einem Zusammenbruch der 5-Gigahertz-WLANs zuvorzukommen. Nur so könne die EU das Ziel ihrer Digital Agenda in Form eines 100-Mbit/s-Internet-Access erreichen. Dabei scheint die Verzweiflung so groß, dass man sich im kleinen Kreis schon eine Lizenzierung vorstellen kann. Ein Modell könnte so aussehen, dass im unlizenzierten Bereich alle Geräte funken dürfen, der lizenzierte Bereich jedoch intelligenten Access Points mit Mechanismen zur Regulierung der Sendeleistung vorbehalten bleibt.

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