Cool on Demand

11.07.2007
Von Klaus Gottschalk,
Wer derzeit beim Thema Server vergisst, über Stromsparen zu reden, zeigt sich als hoffnungslos veraltet. Denn das Thema ist nicht in aller Munde, sondern es bietet dem Handel die Möglichkeit, Hardware zu verkaufen.

Strom sparen, so lautet der neue Trend im Rechenzentrum. Seinen Ursprung hat er einerseits darin, dass die Rechner immer schneller werden und damit in der Stromrechnung immer deutlicher zu Buche schlagen; andererseits hat auch die gesellschaftliche Diskussion rund um die Klimaerwärmung Einfluss auf das neue Bewusstsein im Rechenzentrum genommen. Die Hersteller reagieren auf die aktuelle Energiesparsamkeit mit neuen Techniken und Services, auch Händler und Partner können davon profitieren.

Der nach wie vor ungebremste Bedarf an mehr Prozessorleistung führt dazu, dass immer mehr Prozessoren in einen Chip und damit in die Systeme eingebaut werden. War etwa ein Datenbanksystem bislang für acht CPUs vorgesehen, benötigt die nächste Version bereits 16 und verbraucht entsprechend mehr Strom - ein Trend, der sich unweigerlich auch in Zukunft fortsetzen wird. Neue Spartechnologien waren und sind daher dringend notwendig.

Prozessoren mit Stand-by

Zum Beispiel arbeiten neue Prozessoren heute mit Stromsteuerungstechnologien, die dafür sorgen, dass Teile im Prozessor, die zeitweise nicht genutzt werden - etwa Speichermanager oder Fließkommaarithmetik - , abgeschaltet werden. Dadurch bleibt der Verbrauch eines Prozessors konstant, auch wenn sich die Taktraten insgesamt erhöhen. So rechnet der neue Power6-Prozessor mit einer Taktrate von bis zu 4,7 Gigahertz mehr als doppelt so schnell wie sein Vorgänger mit "nur" 2,2 Gigahertz, benötigt dafür aber nicht mehr Strom - und dies, obwohl sich nach den Regeln der Physik der Stromverbrauch eines Prozessors vervierfacht, wenn sich die Taktrate verdoppelt.

Ebenso kann ein moderner Prozessor seine Taktrate automatisch an den momentanen Rechenbedarf anpassen. Viele Systeme müssen nur 10 bis 20 Prozent ihrer Arbeitszeit volle Kraft geben; für die übrigen Jobs genügt auch eine geringere Taktrate, wodurch die Prozessoren auch weniger Strom verbrauchen. Das gleiche Prinzip wird bei Kühlsystemen genutzt: Da zum Beispiel die Lüfter viel Energie benötigen, sorgen Steuerungssysteme dafür, dass auch deren Leistung an die Kühl-Bedürfnisse der Systeme angepasst wird. Wenn die Systeme gerade sehr beansprucht werden, dann legen auch die Ventilatoren einen Zahn zu und schalten herunter, wenn die Prozessoren weniger zu tun haben - das Prinzip kennt man bereits vom Laptop.

Aus zehn mach zwei

Ein anderer Weg zu mehr Energieeffizienz führt über die Server-Konsolidierung. Die Schlüsseltechnik für die Konsolidierung ist die Virtualisierung der Server, bei der man flexibel logischen Partitionen bestimmte Server-Pools zuweist. Dadurch lässt sich verblüffend viel Strom sparen: Denn wenn Server so zusammengefasst sind, dass man deren Rechenleistung flexibel auf verschiedene Anwendungen verteilen kann, dann muss man weniger Maschinen bei "laufendem Motor" für die Spitzenzeiten vorrätig halten. Dies ist aber der Fall, wenn jeder Anwendung ein Server zugeschrieben wird und dessen Spitzenleistung nur einmal für einen kurzen Zeitraum zu 80 Prozent abgerufen wird, er die meiste Zeit aber für seine Verhältnisse viel zu wenig zu tun hat, trotzdem aber Strom frisst. Wenn man aber zum Beispiel zehn Rechner mit 20-prozentiger Auslastung zu nur noch zwei Rechnern zusammenlegt, die aber dann zu 90 Prozent ausgelastet sind, spart man natürlich auch Strom. Denn vom Stromverbrauch her unterscheiden sich die unterschiedlich ausgelasteten Server nicht wesentlich. Die zwei Server leisten also im Prinzip dasselbe wie die zehn, benötigen insgesamt aber nur ein Fünftel an Strom.

Verlässt man die Systemebene und wirft einen Blick ins Rechenzentrum, wird deutlich, zu welchem Kostenfaktor der Strom für die IT werden kann: Wenn eine mittelgroße Server-Farm 500 Kilowatt an Strom verbraucht, dann beträgt die jährliche Stromrechnung dafür bei einem Preis von 13 bis 15 Cent pro Kilowattstunde schon über eine halbe Millionen Euro. Wenn man also den Strombedarf etwa um "nur" zehn Prozent senken kann, dann wirkt sich dies bereits stark auf die Gesamtrechnung aus.

Kühl bei Bedarf

Um dies zu erreichen, kommen verschiedene Techniken zum Einsatz, auch solche, die nicht direkt mit den Rechnern zu tun haben, wie etwa die Klimatechnik. Denn in der Regel verbrauchen die Klimaanlagen noch einmal etwa 50 Prozent der Strommenge, die für die Rechenleistung benötigt wird. Bei einem halben Megawatt für die Server kämen also unter Umständen noch mal 200 bis 250 Kilowatt für die Kühlung hinzu. In der Regel sind dabei Klimaanlagen, die mehr als zehn Jahre alt sind, nicht effizient genug für die heutigen Ansprüche. So liegt die Effizienz solcher Anlagen meist bei etwa 50 Prozent, moderne Anlagen können bis zu 90 Prozent aufweisen. Bei diesem Unterschied macht sich die Investition in eine neue Anlage bereits nach einem, maximal zwei Jahren bezahlt.

Die meisten Klimaanlagen arbeiten mit Luftkühlung. Aber auch die Wasserkühlung, die vor zehn Jahren en vogue war, hat Vorteile, da Wasser die Wärme besser leitet. Dadurch kann die Wärme besser und damit energiesparender abtransportiert werden als über die Luft.

Zu viel heiße Luft

Außerdem lässt sich die Wärme besser nutzen, wenn sie im Wasser gebunden ist. Denn der Gedanke liegt ja nahe, dass man die Abwärme der Rechner wiederverwenden könnte. In einigen wenigen großen Rechenzentren wird dies bereits getan, etwa indem die Wärme für die Heizung des Gebäudes mitgenutzt wird.

Mittlerweile gibt es auch Software, mit der sich der Stromverbrauch im Rechenzentrum von außen steuern lässt. Wenn zum Beispiel ein Unternehmen nicht über 100 Kilowatt Stromverbrauch kommen will, dann lässt sich über diese Software der Verbrauch der Systeme im Raum so regulieren, dass man sich stets unterhalb dieses Limits bewegt. Auch andere Stromsparziele lassen sich so einhalten. Vorgänge, die viel Strom verbrauchen, können so zum Beispiel auch in die Nacht verlegt werden, falls der Strom dann billiger ist.

Partner werden Energieberater

Für den Händler bieten die ernüchternden Energiebilanzen aus den Rechenzentren Anlass, seinen Kunden den Nutzen neuer, energieeffizienterer Systeme vorzustellen. Das Thema bietet dabei viele Ansätze, um zusammen mit dem Kunden Grundlegendes neu zu bedenken und eine Kaufentscheidung für neue, energiesparende Systeme zu fördern. Zusätzliche Chancen ergeben sich, wenn er sein Portfolio um entsprechende Klimaprodukte erweitert.

Weitere Möglichkeiten bieten sich ihm durch den Aufbau von Beratungskompetenz in Sachen Energiesparen. Durch Service- und Beratungsangebot kann sich ein Händler hier Alleinstellungsmerkmale verschaffen. Wenn er seinem Kunden aufzeigen kann, wie viel er durch den Austausch seiner 20 Jahre alten Klimaanlage in ein paar Jahren unterm Strich einsparen kann, dann erwirbt er sich Vertrauen in seine Kompetenz, und schafft sich gleichzeitig neue Verkaufsmöglichkeiten. Für den Hausbau boomt das Geschäft mit der Energieberatung bereits; es sollte nicht überraschen, wenn sich in naher Zukunft auch in der IT-Abteilung der Beratungsbedarf enorm erhöhen würde. Gerade den breiten Mittelstand können die großen Hersteller, die solche Beratungen bereits bieten, nicht alleine bedienen und brauchen kompetente Partner in Sachen Green IT.

Energiemanagement auf allen Ebenen, neue Techniken und viel Beratung sind die Mittel und Wege, mit denen man dem wachsenden Energiebedarf der IT heute entgegensteuert. Doch der Stromverbrauch wird weiter steigen - und mit ihm der Bedarf an noch mehr Ideen für saubere Rechenzentren.

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