Das Unbewusste steuert die Menschen

Das Gehirn im Griff – die Macht der Wörter



Renate Oettinger war Diplom-Kauffrau Dr. rer. pol. und arbeitete als freiberufliche Autorin, Lektorin und Textchefin in München. Ihre Fachbereiche waren Wirtschaft, Recht und IT. Zu ihren Kunden zählten neben den IDG-Redaktionen CIO, Computerwoche, TecChannel und ChannelPartner auch Siemens, Daimler und HypoVereinsbank sowie die Verlage Campus, Springer und Wolters Kluwer. Am 29. Januar 2021 ist Renate Oettinger verstorben.
Sie glauben, dass Sie rationale Entscheidungen treffen? Dann träumen Sie weiter. Die Realität sieht anders aus – und das sollten Sie auch für sich selbst nutzen, sagt Martin Sernko.

Die meisten Entscheidungen werden im Unterbewusstsein getroffen. Und das nutzen die Profis aus Werbung, Politik und Verkauf schamlos aus. Mit fast banalen Tricks beeinflussen sie das Handeln und Denken von Menschen. Es gibt acht einfache, sprachliche Grundtechniken, durch die man spielerisch in das Hirn der Gesprächspartner eindringt und deren Verhalten im eigenen Sinne beeinflusst und steuert.

Das Hier und Jetzt ist interessanter als das Vergangene und das Künftige: Mit den richtigen sprachlichen Techniken kann man spielerisch andere Menschen beeinflussen.
Das Hier und Jetzt ist interessanter als das Vergangene und das Künftige: Mit den richtigen sprachlichen Techniken kann man spielerisch andere Menschen beeinflussen.
Foto: pojoslaw - Fotolia.com

Alles nur im Hier und Jetzt

Alles, was im Hier und Jetzt passiert, ist für uns Menschen deutlich interessanter als das, was bereits geschehen ist oder erst stattfinden wird. Mit der Vergangenheit verbinden Menschen Dinge wie: "schon vorbei" und "kann man nicht mehr ändern". Mit der Zukunft verknüpfen wir "weit weg" oder "kann sich noch ändern". Bei einem Gespräch, egal ob beruflich oder privat, wollen Sie aber natürlich alles andere, als dass das, worüber Sie sprechen , als unbedeutend oder unsicher wahrgenommen wird. Ersetzen Sie deshalb Vergangenheit und Zukunft stets durch die direkte Gegenwartssprache. So sind Ihnen sofortige Aufmerksamkeit und Interesse gewiss.

  • "Schatz, weißt du noch? Letzten Sommer: Wir beide sitzen in dem kleinen romantischen Restaurant in Venedig. Wir halten unsere Hände, tauschen verliebte Blicke aus und du sagst zu mir … "

  • "Lieber Leser, wenn du diese Technik in Zukunft anwendest, merkst du sofort deren großartige Wirkungen. Menschen hören dir plötzlich aufmerksam zu und bewerten das von dir Gesagte als überzeugend und bedeutungsvoll."

Entsorgen Sie Negatives in der Vergangenheit

Vorwürfe oder negative Überzeugungen werden oft in der Gegenwart vorgebracht. In solchen Fällen ist es natürlich alles andere als sinnvoll, Aktualität und Relevanz sprachlich durch die Gegenwartssprache zu verstärken. Mildern Sie stattdessen die negative und zerstörerische Kraft des von Ihrem Gegenüber zum Ausdruck Gebrachten ganz einfach durch die Verschiebung der Tatsachen in die Vergangenheit.

  • "Du bist ein Egoist!"

  • "Petra, ich verstehe deinen Vorwurf. In den letzten Wochen habe ich wirklich meine Interessen vor die unseren gestellt. Ab jetzt ändert sich das. Sprechen wir als Erstes über … "

  • "Ich bin ein Versager!"

  • "Gut, Sie sagen: In der Vergangenheit haben Sie nicht ihr gesamtes Potenzial ausgeschöpft."

Drehen Sie den Film im Kopf des anderen

Wörter lassen immer bewegte Bilder in unseren Köpfen entstehen. Wir denken nicht in Sätzen oder Zahlen, sondern in Filmen. Diese entstehen unweigerlich, wenn Gesagtes in uns Vorstellungen auslöst. Sprachliche Beeinflussung erfordert von Ihnen deswegen das Geschick, bei anderen innere Filme erzeugen zu können, die Sie bei Ihren Vorhaben und Anliegen unterstützen. Benutzen Sie deswegen, um solche Filme lebendig und überzeugend zu gestalten, stets Eigenschaftswörter. Trauen Sie sich erst einmal, verlockende Bilder zu zeichnen, nimmt Ihr Erfolg umgehend zu.

  • "Heute gibt es ein knusprig gebackenes, goldbraunes Schnitzel vom Kalb-Mittelstück. Dazu hausgemachte, krosse Bratkartoffeln und einen knackigen, frischen Salat in einem herrlich würzig marinierten Dressing."

Sie sind nicht der Mittelpunkt

Wenn Sie Filme in den Köpfen anderer erzeugen, sollen diese stark, einprägsam und verführerisch sein. Dafür müssen diese aktiv erlebt werden. Ihr Gesprächspartner ist dann Teil des Films und erlebt diesen durch seine eigenen Augen. In der Kommunikationssprache nennt man diese Form des gedanklichen Erlebens assoziiert (in dem Film drinnen).

Nicht im Film:

  • "Herr Müller, dieses Mountainbike der neuesten Generation ist einzigartig. Wenn man es fährt, kommt es einem so vor, als … "

Im Film:

  • "Herr Müller, dieses Mountainbike der neuesten Generation ist einzigartig. Wenn Sie damit fahren, kommt es Ihnen so vor, als ob sie schweben. Sie gleiten über die Strecke und spüren die Leichtigkeit der Kraftumsetzung in Ihren Beinen."

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