24 Stunden Kaufrausch in China

Das größte Online-Shopping-Ereignis der Welt

11.11.2016
Am 11.11. werden über chinesische Plattformen wie Tmall.com oder JD.com Milliardenbeträge umgesetzt. Um die Ursprünge des Kaufrauschs ranken sich Mythen.
Die Shopping-Plattform Tmall.com gehört zur chinesischen Alibaba Group. Hier werden heute wieder Rekordumsätze erwartet.
Die Shopping-Plattform Tmall.com gehört zur chinesischen Alibaba Group. Hier werden heute wieder Rekordumsätze erwartet.

Wer am 11.11. erfolgreich sein möchte, braucht eine gute Taktik: "Ich werde mir meinen Wecker auf 2.00 Uhr nachts stellen", erklärt Zhang Li und sieht sich nochmals ihren Warenkorb an. In den vergangenen Jahren seien die Server der Shopping-Plattform Tmall.com beim Start um Mitternacht meistens zusammengebrochen. Der "Singles' Day" in China ist das größte Online-Shopping-Ereignis der Welt. An diesem Tag geben Kunden umgerechnet mehrere Milliarden Euro in der Volksrepublik für Schnäppchen im Internet aus. Online-Riesen wie Alibaba fahren regelmäßig neue Rekordumsätze ein.

Die 35-jährige Zhang Li hat sich ihren Warenkorb schon vor Beginn vollgepackt: Sportklamotten, eine Mütze, insgesamt fünf Artikel - am "Singles' Day" sind sie fast um die Hälfte günstiger als sonst, wie die Tmall-App in roten Ziffern vorrechnet. Die Plattform gehört zur Alibaba Group des chinesischen Milliardärs und Internet-Unternehmers Jack Ma. Den alljährlichen Shopping-Rausch zelebriert das Unternehmen mit einer Party in Hongkong. Von dort wird 24 Stunden lang der aktuelle Umsatz live in einer Show mit riesiger Leinwand und einem Liveticker präsentiert.

Mehr als 14 000 Marken verkaufen am 11. November über die Plattform ihre Waren günstiger, wie der Präsident der Alibaba Group, Michael Evans, bei der Veranstaltung erklärt. Kurz nach der Halbzeit des Shopping-Marathons zeigt er sich zufrieden. Auf der Umsatzuhr stehen nach 12 Stunden und 29 Minuten rund 12 Milliarden US-Dollar (11 Mrd Euro). "Mit noch elf Stunden vor uns sieht das ganz gut aus", sagt Evans.

Gegen Nachmittag ist dann auch der Umsatz des vergangenen Jahres von rund 14,3 Milliarden US-Dollar eingeholt. Fast 85 Prozent der Käufe werden über die Smartphone-App getätigt.

Wie genau der 11.11. zum Mega-Online-Shopping-Tag wurde, weiß niemand so genau. Es ranken sich verschiedene Mythen darum. In einem wird der Tag zum Anti-Valentinstag für Alleinstehende erklärt, weil das Datum so viele einzelne Striche beinhaltet. 2009 begann Alibaba, den Tag für Singles zu vermarkten, die sich mit günstigen Angeboten selbst verwöhnen wollen. Daher also der Begriff "Singles' Day". Böse Zungen behaupten hingegen, in China gebe es vor allem nach dem 11.11. plötzlich viele Alleinstehende - weil die Ehepartner die Kreditkarten beim Shoppen überziehen.

Allerdings steht dabei nicht mehr nur der Preis im Fokus, sondern auch Qualität und Produktsicherheit, wie Josh Gartner vom chinesischen Online-Marktplatz JD.com erklärt. "Die Leute kaufen nicht die teuersten Produkte." Allerdings sei die Bereitschaft da, durchaus an das jeweilige finanzielle Limit zu gehen, sagt Gartner. Bereits rund 78 Prozent mehr Bestellungen als 2015 habe JD.com in diesem Jahr am 11.11. entgegengenommen, teilte das Unternehmen schon am Mittag auf Twitter mit.

Die Kundschaft wohne zum größten Teil in der Stadt. Um zudem Menschen in ländlicheren Gegenden zu erreichen, setzte JD.com in diesem Jahr erstmals auch auf Drohnen für die Zustellung. "Wir sind noch in einer frühen Phase der Expansion in ländliche Gegenden", sagt Gartner. "Aber wir sehen ein gutes Wachstum." Um der Dorfbevölkerung Online-Shopping näher zu bringen, plant das Unternehmen sogar, Personal anzuheuern, das dort den Bewohnern diesen Weg des Einkaufens erklärt und ihnen dabei assistiert. (Amelie Richter, dpa/ib)

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