Entwicklung eines Onlineshops

Das Henne-Ei-Dilemma im Onlineshop

16.09.2016


Axel Jahn ist CEO der diva-e Digital Value Enterprise GmbH, die Ende 2015 aus dem Zusammenschluss von sechs Internet-Spezialisten entstanden ist.

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Bei der technischen Umsetzung eines Online-Shops ist zu beachten, dass Shop-Systeme oft nicht für das Ausspielen von Inhalten konzipiert sind. Ihre Stärke liegt vielmehr in der optimalen Darstellung der Produkte und Produktbeschreibungen. Hier benötigt man unter Umständen ein weiteres System. Ein Content Management System (CMS) eignet sich besonders dafür, Inhalte zu pflegen, anzupassen und in geeigneter Form an verschiedene Endgeräte auszuspielen. Fazit: Kein System kann alles, sondern jedes hat seine besonderen Stärken. Welche Möglichkeiten es gibt, Shop-System und CMS miteinander zu verbinden, zeigen die folgenden drei Lösungsansätze:

1. Commerce-First-Ansatz

Beim Commerce-First-Ansatz ist das Shop-System das führende System.
Beim Commerce-First-Ansatz ist das Shop-System das führende System.
Foto: diva-e Digital Value Enterprise GmbH

Beim Commerce-First-Ansatz ist das Shop-System das führende System. Shop und Produkte stehen also im Vordergrund und die Inhalte aus dem CMS werden in das Shop-System eingespielt. Das CMS ist dann nur für die reine Content-Pflege verantwortlich.
Die Herausforderung dabei ist, dass der auf die Kunden zugeschnittene, personalisierte Content individuell angepasst und jedes Mal neu geladen und im Shop gerendert werden muss. Die Anpassung variiert nach Kriterien wie Persona, Region, Altersgruppe, Kaufverhalten etc.
Das kann im Endeffekt mit mehr Aufwand für die Softwareentwicklung und damit höheren Kosten für den Shop-Betreiber einhergehen.

Einen weiteren, potenziellen Kostentreiber könnte der fehlende Multi-Channel-Support seitens der E-Commerce-Plattform darstellen. Denn Shop-Betreiber sehen sich zunehmend in der Pflicht, ihre Produkte auch auf mobilen Endgeräten wie Tablets und Smartphones anzubieten und mit entsprechendem Content anzureichern. Auch regionale Besonderheiten, wie beispielsweise im Lebensmitteleinzelhandel, erfordern den Einsatz einer gut durchdachten Multi-Channel-Strategie. Moderne CMS-Systeme bieten derartige Möglichkeiten meist „Out-of-the-Box“. Sinnvoll ist dieser Ansatz vor allem dann, wenn nur wenige Verkaufskanäle geplant sind und ein gut integrierbares CMS-System zur Verfügung steht.

2. CMS-First-Ansatz

Beim CMS-First-Ansatz gilt das CMS als das führende System.
Beim CMS-First-Ansatz gilt das CMS als das führende System.
Foto: diva-e Digital Value Enterprise GmbH

Bei diesem Ansatz gilt das CMS als das führende System. Technisch betrachtet werden hier alle relevanten Informationen wie Produktdaten, Bestell- und Auftragsdaten und Kundendaten aus dem Shop-System in das CMS integriert. Der gesamte Einkaufsverlauf wie zum Beispiel Produkte suchen, Produkte in den Warenkorb legen, Adress- und Bezahldaten eingeben und Bestellung abschicken, ist im CMS abzubilden. Das Shop-System ist dann nur eine Menge von Schnittstellen mit entsprechender Datenhaltung. Das Shop-Backend, also die Administration des Shops, kann weiter separat bestehen und findet hier geringere Bedeutung.

Die Herausforderung bei diesem Ansatz besteht darin, die Daten aus dem Shop-System aktuell, vollständig und performant in das CMS zu übertragen. Der Vorteil ist, dass bei diesem Ansatz alle Content-relevanten Features des CMS-Systems wie zum Beispiel Multi-Channel, Targeting und Personalisierung direkt im Shop verwendet werden können. Der CMS-First-Ansatz bietet sich beispielsweise an, wenn ein Shop-Betreiber, der seine Produkte bisher nur stationär angeboten hat, mithilfe einer rein informativen und CMS-basierten Website nun versucht, seine Produkte auch online zu vertreiben.

3. Hybrid-Ansatz

Shop-System und CMS laufen beim Hybrid-Ansatz parallel.
Shop-System und CMS laufen beim Hybrid-Ansatz parallel.
Foto: diva-e Digital Value Enterprise GmbH

Shop-System und CMS sind bei diesem Ansatz gleichrangige Systeme und laufen parallel. Sowohl die Informationen aus dem Shop-System als auch der Content aus dem CMS werden auf ein „neutrales“ Drittsystem ausgespielt wie z.B. eine Single-Page-Applikation. Die Herausforderung hierbei ist, die Informationen aus beiden Systemen – sowohl die E-Commerce-relevanten als auch die Content-relevanten – in das Drittsystem zu integrieren. Dabei ist es zwingend notwendig, dass diese Informationen entsprechend verfügbar, aktuell, vollständig und performant auszulesen sind. Relevant kann dieser Ansatz im Zuge einer Content-Commerce-Strategie werden, wenn Online-Shop und CMS bereits erfolgreich koexistent verwendet werden. Ob und nach welchem der beschriebenen Ansätze Shop-System und CMS miteinander verknüpft werden können, sollte vor deren Auswahl und Einsatz überprüft werden – sowohl in Bezug auf passende Konnektoren als auch hinsichtlich der Infrastruktur. Gerade beim Thema Schnittstellen lauert die eine oder andere Stolperfalle. Daher ist vor allem darauf zu achten, dass die Schnittstellen verständlich, offen und wenn möglich zustandslos sind.

Wenn eine SAP-Software mitspielt

Sollte bei der Implementierung eines Online-Shops ein SAP-System zum Einsatz kommen oder bereits bestehen, kann es unabhängig vom gewählten Ansatz zu besonderen Herausforderungen kommen:

Stammen beispielsweise die Produktdaten aus einem SAP-System, sind diese in das Shop-System zu übertragen. Denn Produktdaten sind zwingend notwendig für Shop-Prozesse, wie den Warenkorb zu füllen, Bestellungen auszuführen, und so weiter.

Ein weiterer Anwendungsfall besteht, wenn finanzielle Transaktionen in das SAP-System zurückgespielt werden müssen, damit der dort verwaltete Rechnungskreislauf wieder geschlossen werden kann. Das bedeutet: Nach Zahlungseingang einer Online-Bestellung ist das SAP-System entsprechend zu benachrichtigen, damit dort eine Rechnung erstellt werden kann.

Ein drittes denkbares SAP-Szenario ist, wenn Kundendaten ausschließlich aus einem SAP-System stammen. Diese müssen jedoch sowohl im CMS - zum Beispiel für die Authentifizierung - als auch im Shop-System - zum Beispiel für die Auswahl der Lieferadresse - vorliegen.

IT und Content frühzeitig vereinen

Für die Umsetzung eines Online-Shops gilt, dass Infrastruktur und Content miteinander harmonieren und zusammen funktionieren müssen. Deshalb sollten sich Shop-Betreiber gleich von Anfang an Gedanken zu beiden Komponenten machen. Eine frühzeitige Zusammenarbeit zwischen den IT- und den Content-Verantwortlichen trägt dazu bei, dass die Shop-Besucher am Ende von einem hochperformanten, nutzerfreundlichen Online-Shop sowie von informativen, nützlichen und unterhaltenden Inhalten profitieren.

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