Invidis-Analyst Oliver Schwede

"Das Verständnis endet bei der Hardware"

Armin Weiler kümmert sich um die rechercheintensiven Geschichten rund um den ITK-Channel und um die Themen der Distribution. Zudem ist er für den Bereich PCs und Peripherie zuständig. Zu seinen Spezialgebieten zählen daher Notebooks, PCs, Smartphones, Drucker, Displays und Eingabegeräte. Bei der inoffiziellen deutschen IT-Skimeisterschaft "CP Race" ist er für die Rennleitung verantwortlich.
Invidis hat sich auf Beratungsleistungen und Veranstaltung rund um Digital Signage spezialistisiert. Oliver Schwede, Senior Analyst bei Invidis, erläutert, wie IT-Händler von diesem Geschäftsfeld profitieren können.
"Viele denken, dass es sich bei Digital Signage nur um einen Fernseher handelt, an den man einen Computer anschließt." Oliver Schwede, Senior Analyst bei der Invidis Consulting GmbH
"Viele denken, dass es sich bei Digital Signage nur um einen Fernseher handelt, an den man einen Computer anschließt." Oliver Schwede, Senior Analyst bei der Invidis Consulting GmbH
Foto: Invidis

Dem Digital-Signage-Markt wurden vor einigen Jahren traumhafte Wachstumsraten bescheinigt. Hat sich diese Prognose bereits bewahrheitet?

Oliver Schwede: Jein. Viele Marktteilnehmer haben eine Explosion der Nachfrage auf Kundenseite erwartet. Dies ist nicht eingetreten. Vielmehr ist Digital Signage durch die strukturellen Veränderungen im Handel und auch durch den sich verändernden Medienkonsum immer wichtiger geworden. Es hat sich so langsam, aber sicher seinen Platz am Point of Sale erobert. Eine künstliche Blase wurde so vermieden, und wir können von einem gesunden Wachstum reden. Konkret heißt das. Wachstumsraten von 15 bis 20 Prozent in den vergangenen Jahren.

Das Geschäft mit großformatigen Displays soll ja auch für den IT-Fachhandel eine interessante Option bieten. Gibt es Anzeichen dafür, dass dieser Absatzkanal gegenüber den klassischen AV-Spezialisten zulegen kann?

Schwede: Der IT-Fachhandel hat gegenüber dem AV-Channel einen entscheidenden Vorteil: Er kennt sich mit der IT aus. Digital-Signage-Systeme basieren auf IP-Netzwerken und Komponenten. Die AV-Industrie ist selbst im Wandel und wird nun mehr und mehr IP-basiert. Für viele AV-Reseller bedeutet dies eine riesige Umstellung. IT-Reseller haben es da einfacher, da sie es bei Digital Signage mit bekannten Komponenten zu tun haben. Zusätzlich werden Digital-Signage-Komponenten immer einfacher in der Handhabung. Um eine Video-Wall zu planen und einzurichten, sind heute keinen spezielle AV-Kenntnisse mehr notwendig. Hier übernehmen die modernen Geräte viel von der Arbeit.

Welche Defizite sehen Sie derzeit auf IT-Fachhandels-Seite?

Schwede: Der IT-Fachhandel hat Schwierigkeiten, in ganzheitlichen Lösungen zu denken. Das ist aber nichts Neues. Schwieriger ist die Argumentation für Digital Signage abseits der Technik. Hier tun sich alle schwer, denn es muss beim Kunden mit Kommunikation und Konzepten argumentiert werden. Die Auswahl der Hard- und Software kommt erst später. Das ist für viele ungewohnt, nicht nur für den IT-Handel. Darüber hinaus übersehen viele IT-Reseller einen heute wichtigen Teil der Wertschöpfung: die Begleitung und Beratung des Kunden während der Projektlaufzeit. Hier liegt ein großes Potenzial in der Weiterentwicklung der Digital-Signage-Systeme und entsprechend im Ausbau des Bestandsgeschäftes.

Welche vertikalen Märkte bieten dem IT-Fachhandel derzeit die besten Einstiegsmöglichkeiten?

Schwede: Die lukrativsten Märkte sind natürlich die, bei denen der Reseller schon auf bestehende Kundenbeziehungen aufsetzen kann, zum Beispiel der SMB-Markt. Es ist einfacher, sich Digital-Signage-Know-how anzueignen, als neue Kundensegmente zu erschließen. Für viele IT-Reseller bedeutet dies, im Bereich Corporate Communication tätig zu werden - Welcome Boards, digitale Schwarze Bretter, Menü-Boards, Mitarbeiterinformationssysteme, Anzeigesysteme für die Produktion, um nur einige Beispiele zu nennen.

Wer meint, schnell ins Geschäft mit großen Handelsketten kommen zu können, der irrt. Gerade in Großprojekten beträgt die Anlaufzeit bis zu zwei Jahre. Erschwerend kommt hinzu, dass Digital Signage ein Schnittstellenthema ist. IT ist nur eine Komponente. Daher wissen viele Unternehmen nicht, wer der eigentliche Business-Owner ist. Im Idealfall liegt die Verantwortung im Bereich des Retail-Marketing. Diese Kontakte hat der IT-Reseller meist nicht.

Digital Signage ist ja nur zu einem Teil Hardwaregeschäft. Wie erfolgreich sind indirekte Vertriebsmodelle der Lösungsanbieter?

Schwede: Auf die Hardware entfallen oft nur 20 Prozent der Kosten einer Digital-Signage-Lösung. Der Hauptaufwand liegt in der Integration in bestehende Infrastrukturen und Prozesse. Silokonzepte sind keine Lösung, erfolgreiche Digital-Signage-Installationen interagieren dynamisch mit anderen Systemen wie CRM oder Warenwirtschaft. Oder sie sind interaktiv vom Kunden steuerbar. Die indirekten Vertriebsmodelle funktionieren sehr gut, da die Integration sehr individuelle Anpassungen und kontinuierliche Pflege benötigt. Ein Display und Media-Player macht noch lange keine Digital-Signage-Lösung.

Die IT-Distribution versucht, mit kompletten Hard- und Softwarelösungen den Einstieg für Fachhändler zu erleichtern. Haben diese Aktivitäten schon einen nennenswerten Einfluss auf den Markt?

Schwede: Die Lösungspakete der Distribution sind wichtig aus zweierlei Gründen: So ermöglicht Digital Signage, unerfahrenen Resellern eine einfache, aufeinander abgestimmte Lösung anzubieten. Die Stückzahlen sind bisher noch überschaubar. Viel wichtiger ist allerdings, dass die Out-of-the-Box-Bundles die Sichtbarkeit und das Verständnis von Digital Signage im IT-Channel stark erhöht haben. Gemeinsame Marketingkampagnen und Events von Ingram Micro, Also und Delo steigern das Interesse an der Kommunikationslösung Digital Signage spürbar.

Wo liegen Ihrer Ansicht nach noch die größten Hemmnisse für das Digital-Signage-Geschäft?

Schwede: Die Kunden sind zu unerfahren. Sie schieben die Lösungssuche in Richtung IT. Das ist kontraproduktiv. Viele denken auch, dass es sich bei Digital Signage nur um einen Fernseher handelt, an den man einen Computer anschließt. Das ist zu einfach gedacht. Sowohl Distribution als auch der Fachhandel tun sich schwer, Digital Signage ganzheitlich zu verstehen und entsprechend beim Kunden zu argumentieren. Das Verständnis endet in der Regel bei der Hardware. Bei der Software hört es meist schon auf, von Kommunikationskonzepten brauchen wir gar nicht zu sprechen. Hier muss ein Umdenken stattfinden. (awe)

Über Invidis Consulting

Invidis Consulting wurde 2006 gegründet und ist auf Digital-Signage-Beratung spezialisiert. Das Unternehmen mit Sitz in München berät und begleitet Kunden von den ersten Schritten bis hin zur Ausschreibung und Implementierung von Digital-Signage-Systemen. Die Beratung erfolgt unabhängig, sodass eine auf den Kunden optimal zugeschnittene Lösung entwickelt werden kann. Dabei sollen alle Projektbeteiligten abgeholt und auf den gleichen Wissensstand gebracht werden. Von dort werden die Anforderungen definiert, und es wird ein Leistungskatalog erstellt. Dieser umfasst alle Aspekte: von der IT-Landschaft über die Installation sowie den und redaktionellen Betrieb bis hin zu Kommunikationskonzepten und Optimierungen der Systeme. Weitere Informationen gibt es unter www.invidis.de.

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