Zukunft Li-Fi

Daten schnell und sicher auf dem iPhone

Michael Simon ist Executive Editor der Macworld USA.
Peter Müller ist der Ansicht, dass ein Apple täglich den Arzt erspart. Sei es iMac, Macbook, iPhone oder iPad, was anderes kommt nicht auf den Tisch oder in die Tasche. Seit 1998 beobachtet er die Szene rund um den Hersteller von hochwertigen IT-Produkten in Cupertino genau. Weil er schon so lange dabei ist, kennt er die Apple-Geschichte genau genug, um auch die Gegenwart des Mac-Herstellers kritisch und fair einordnen zu können. Ausgeschlafene Zeitgenossen kennen und schätzen seine Beiträge im Macwelt-Morgenmagazin, die die Leser werktags pünktlich um acht Uhr morgens in den nächsten Tag mit Apfel und ohne Doktor begleiten. Privat schlägt sein Herz für die Familie, den FC Bayern, sechs Saiten, Blues-Skalen und Triolen im Shuffle-Rhythmus.
Es werde Licht: Die Technik Li-Fi könnte Apples Ökosystem erneut auf den Kopf stellen – wie es seinerzeit mit USB geschah.

Ein Blick zurück: Im Mai 1998 präsentierte Steve Jobs auf Apples Entwicklerkonferenz WWDC den iMac, eine Art von Wiederkehrer des ersten Macintosh, der das Ökosystem Apples komplett auf den Kopf stellen sollte. Kein Port für SCSI, die damals populärste Schnittstelle für anspruchsvolle Rechner, auch kein proprietärer Apple Desktop Bus (ADB) mehr für Tastatur und Maus, stattdessen nur noch das relativ junge USB für Peripherie und Konnektivität aller Art. USB-Geräte hatte es seinerzeit aber kaum gegeben, es war, als ob Apple eine Wette auf die Schnittstelle einging. Der Ausgang ist bekannt, die Wette gewonnen. USB und Thunderbolt haben mittlerweile auch das seinerzeit von Apple und Sony entwickelte Firewire überflüssig gemacht, das seine Premiere wenig später im Power Mac G3 Yosemite feierte und alsbald auch in den iMac Einzug hielt.

Apple war mit dem Weglassen von Schnittstellen und der Einführung neuer Ports nicht nur einmal konsequent. Das betrifft auch drahtlose, man denke nur an Airport, das vor 1999 den vergleichsweise unsexy Namen IEEE 802.11b trug. Oder der Konsequenz des Macbook Air und des Macbook von 2015 mit seiner USB-C-Buchse. Vom Umstieg der iOS-Geräte vom 30-poligen Dockanschluss zu Lightning gar nicht zu reden. Nun könnte aber die nächste Revolution in Sachen Konnektivität anstehen. Mit Li-Fi wird es Licht bei Apple.

Mit Lichtgeschwindigkeit unterwegs

Eine neue Technik sendet immer ihre Vorboten. Bei Li-Fi ist es ein eher unscheinbarer Eintrag in den Cache-Dateien von iOS 9.1, den ein Jailbreaker aufgestöbert hat. In den Codezeilen war etwas von einer "Li-Fi capatibility" zu lesen – kein Schreibfehler, sondern pure Absicht. Apple bereitet seine Systeme anscheinend auf eine neue Schnittstellentechnologie vor.

Die Technologie setzt auf Licht anstatt elektrischen Strom als Trägermedium für Informationen. Theoretisch kann ein Li-Fi-fähiges Gerät von LED-Leuchten in der Umgebung theoretisch bis zu 224 Gigabit pro Sekunde an Daten empfangen. Noch steckt die Anwendung aber in den Kinderschuhen, das Startup Velmenni aus Estland hat es aber immerhin geschafft, in der realen Welt eine Datenübertragungsrate von 1 Gbps zu erreichen – das ist aber immer noch das zehnfache der Maximalgeschwindigkeit, welche die Telekom in Deutschland per VDSL über seine Kupferkabel anbietet.

Aber nicht nur die Geschwindigkeit ist ein Argument für Li-Fi, auch wenn die 224 Gbps nicht weit entfernt sind. Auf der anderen Seite stehen Sicherheitsaspekte. Li-Fi-Verbindungen sind auf Sichtkontakt angewiesen, was den Vorteil bietet, dass Dritte nicht mehr durch Wände lauschen können, wie es bei den Gigahertzwellen von Wi-Fi der Fall ist. Wozu also noch verschlüsseln und sichere Passworte einsetzen, wenn das Signal den Raum nicht verlassen kann? Sensible Daten lassen sich per Li-Fi genau so sicher vom Computer auf ein Peripheriegerät übertragen, wie es heute via Thunderboltkabel der Fall ist – nur eben weit bequemer. Ein weiterer Vorteil: Li-Fi-Signale stören das drahtlose Netz oder andere Elektronik nicht. Im Flugzeug, Hospitälern oder anderen sensiblen Umgebungen ließe sich Li-Fi ohne Weiteres betreiben.

Li-Fi-Sender können ganz einfache LED-Lampen sein, die in einer dem menschlichen Auge unsichtbaren Frequenz flackern. Die derart übertragene Information wird heute noch von optischen Detektoren für USB gewandelt, aber das wird in Zukunft gewiss eleganter funktionieren.

In das Licht getanzt

Li-Fi wird aber gewiss nicht Wi-Fi auf dem iPhone ersetzen, was ja auch kaum denkbar erscheint – schließlich will man auch durch Wände hindurch kommunizieren können. Li-Fi könnte aber zu einer sinnvollen Ergänzung werden. Denkbar wäre etwa eine optionale Beschleunigung des Netzes. So wie heute bei schlechtem WLAN-Empfang das iPhone auf LTE umschaltet (wenn man das nicht aus Gründen deaktiviert hat), könnte man künftig innerhalb eines bestimmten Raumes von WLAN auf Li-Fi das iPhone automatisch umschalten lassen, um noch höhere Datenübertragungsraten zu erreichen. Ein Empfänger wäre dann schon im iPhone eingebaut - in der Tasche darf es dafür aber nicht stecken.

Eine andere Anwendung hat das niederländische Unternehmen Philips mit seinen intelligenten Hue-Lampen im Boerhaave-Museum in Leiden ausprobiert: Beacons. Museumsbesucher bekämen mit der Technik Informationen zur Ausstellung auf ihr iPhone oder ein anderes Lesegerät gespielt, ohne jedes Zutun. Die Bandbreite ist auch bedeutend größer. Während heutige Bluetooth-Beacons gerade mal Push-nachrichten auf die Geräte schicken, würde ein Li-Fi-Beacon im Apple Store oder im Museum komplette HD-Videos streamen können.

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