Zahlreiche Probleme für Einzel- und Fachhandel

Der Jobmotor im Handel stottert

20.04.2015
Die Konsumlaune in Deutschland ist gut. Doch im Einzelhandel droht erstmals seit Jahren ein Stellenabbau. Die Bundesbürger geben ihr Geld lieber für Reisen und Autos aus. Und Online-Händler brauchen keine Verkäufer.

Seit mindestens zehn Jahren ist die Zahl der Arbeitsplätze im deutschen Einzelhandel kontinuierlich gestiegen. Doch jetzt droht der "Jobmotor Handel" ins Stottern zu geraten. In diesem Jahr rechnet die Branche erstmals wieder mit einem leichten Stellenabbau, wie der Hauptgeschäftsführer des Handelsverbandes Deutschland (HDE), Stefan Genth, gestützt auf eine Umfrage unter 1.000 Unternehmen aller Branchen. berichtete. Rund 30.000 der über drei Millionen Arbeitsplätze könnten gestrichen werden.

Wenn Jobs Jobs ersetzen: Online-Händler brauchen in der Regel keine Verkäufer, sie brauchen Logistik-Mitarbeiter, die die bestellte Ware verpacken, und IT-Experten, die den Online-Shop gestalten.
Wenn Jobs Jobs ersetzen: Online-Händler brauchen in der Regel keine Verkäufer, sie brauchen Logistik-Mitarbeiter, die die bestellte Ware verpacken, und IT-Experten, die den Online-Shop gestalten.
Foto: oneblink1/Fotolia

Dabei sollte es dem Einzelhandel, dem Fachhandel und damit auch dem Stellenmarkt in der Branche eigentlich gutgehen. Dank Mini-Inflation und kräftiger Lohnabschlüsse sind die Verbraucher nach einer Studie des Marktforschungsunternehmens GfK derzeit in einer Konsumlaune wie seit 2001 nicht mehr. Doch veränderte Konsumgewohnheiten, der Siegeszug des Online-Handels, Arbeitsplatzabbau bei einigen Großbetrieben der Branche, die Einführung des Mindestlohns und Geschäftsaufgaben im Mittelstand trüben das Bild.

Der Innenstadt-Bummel verliert an Reiz

Stichwort Konsumgewohnheiten: Die Deutschen sind zwar in Spendierlaune. Doch sie geben ihr Geld lieber für Reisen, Restaurantbesuche oder neue Autos aus als beim Shopping-Bummel in der Innenstadt. Der Anteil des Einzelhandelsumsatzes am privaten Konsum sank zwischen 2000 und 2014 von knapp 36 auf weniger als 29 Prozent. Real werde der Umsatz des Handels im laufenden Jahr trotz der Wachstumsphase seit 2009 immer noch unter dem Niveau des Jahres 2000 liegen, rechnete Genth vor.

Der stationäre Modehandel in Deutschland büßte nach einer Umfrage der Fachzeitschrift "Textilwirtschaft" in den ersten drei Monaten dieses Jahres gegenüber dem gleichen Zeitraum des Vorjahres fünf Prozent an Umsatz ein.

Der Anteil des Online-Handels am Gesamtumsatz steigt

Für Wachstum sorgen im Einzelhandel vor allem noch der Online-Handel und Multi-Channel-Angebote, die Internet und stationären Handel verbinden – zulasten der Händler, die sich noch immer voll und ganz auf ihre Läden verlassen. Abseits des Lebensmittelhandels liegt der Anteil des Online-Handels am Gesamtumsatz heute schon bei fast 20 Prozent. Bei Elektronikartikeln sind es sogar 30 Prozent. Und Online-Händler brauchen in der Regel keine Verkäufer, sie brauchen Logistik-Mitarbeiter, die die bestellte Ware verpacken, und IT-Experten, die den Online-Shop gestalten.

Auch die Streichung von mehreren tausend Stellen beim angeschlagenen Warenhauskonzern Karstadt wirkt sich natürlich aus. Auch der Mindestlohn trage zu der Entwicklung bei, meinte Genth. Und Geschäftsaufgaben im mittelständischen Bereich.

Doch nicht nur beim Blick in die nahe Zukunft hält sich der Optimismus der Branche, die 2015 mit einem Umsatzplus von 1,5 Prozent rechnet, in Grenzen. Angesichts der prognostizierten demografische Entwicklung in Deutschland, der Alterung der Bevölkerung und dem erwarteten Bevölkerungsrückgang sind auch die langfristigen Erwartungen eher verhalten. "Wir erwarten, dass das Wachstumspotenzial im Einzelhandel auch mittel- und langfristig überschaubar bleibt," meinte Genth. (dpa/tö)

Zur Startseite