Der Weg zum E-Commerce

12.02.2007
Wer im Internet auf die richtige Art und Weise verkauft, kurbelt sein eigenes Ladengeschäft an, anstatt sich selbst zu kannibalisieren.

Von Alexander Roth

Der Wettbewerbsdruck im Online-Handel lässt Ladenbetreiber oftmals davor zurückschrecken, einen eigenen Webshop zu eröffnen. E-Commerce reduziert das Kaufverhalten auf den reinen Preisvergleich, zudem erfordert es eine enorme Logistik - und wer online kauft, lässt sich nicht mehr im Laden blicken, so die Argumente vieler stationärer Händler.

Offensichtlich nicht zu Unrecht: Es gibt zahlreiche Beispiele für gescheiterte E-Commerce-Projekte. Beispielsweise musste der Praktiker-Baumarkt seinen Webshop 2004 schließen, nachdem das Unternehmen keine Chance sah, das Online-Geschäft mittelfristig in die schwarzen Zahlen zu hieven. Martin Pfisterer, Geschäftsführer des IT-Webshop-Dienstleisters Electronic Sales, berichtete darüber hinaus vor einigen Wochen gegenüber ChannelPartner, einen Großteil seines eigenen Geschäfts mit verzweifelten Shop-Betreibern zu machen: "Viele Wiederverkäufer haben sich eigene Webshops zusammengestrickt, ohne im Anschluss zu merken, wie viel Aufwand eine moderne und einwandfrei funktionierende Internetpräsenz auf Dauer mit sich bringt. Solche Händler kommen regelmäßig von alleine auf uns zu."

Online-Geschäft verspricht satte Gewinne

Warum der Handel vom E-Commerce nicht ablassen kann und will, zeigen die aktuellen Zahlen des Branchenverbands Bitkom: Inklusive den Unternehmensausgaben belief sich das E-Commerce-Handelsvolumen im vergangenen Jahr in Deutschland auf über 400 Milliarden Euro; 2009 sollen es bereits 700 Milliarden Euro sein. Mit einem Anteil von zehn Prozent und einer geschätzten Wachstumsrate von 25 Prozent verspricht auch das Privatkundengeschäft satte Gewinne. Wobei es oftmals stationäre Händler sind, die vom Kuchen abbekommen: "Handelsfilialisten wie Schlecker, Idea, Plus und Lidl entdecken das Internet als neuen Absatzkanal. Gleichzeitig bauen Versandhändler wie die Otto-Tochter Bonprix stationäre Filialen auf. Multikanal-Handel liegt eindeutig im Trend", sagt Karl-Ludwig von Wendt von der Hamburger Unternehmensberatung Putz & Partner.

Unterstützt wird seine Aussage durch die internationale Webagentur ComScore: Ihr zufolge geht der Anteil der reinen Internethändler am gesamten Online-Umsatz seit zwei Jahren kontinuierlich zurück. So konnten die US-E-Tailer vor zwei Jahren noch 60 Prozent des gesamten Online-Umsatzes auf sich vereinen. Im Jahr 2005 waren es nur noch 55 Prozent, und in 2006 ging der Anteil auf 52 Prozent weiter zurück. Gewinner im E-Commerce seien dagegen diejenigen Händler, deren Angebot online und stationär verfügbar ist.

Was sich auch am Webtraffic zeige: Während sich laut ComScore bei den großen Einzelhandelsketten wie Walmart, Target und BestBuy die Webbesuche im November 2006 verdoppelten, stiegen diese Werte bei Amazon nur um 15 Prozent.

Weg ins Internet sollte mehrstufig sein

Doch welchen Weg ins Online-Geschäft soll der stationäre Handel wählen? Der Hamburger Online-Dienstleisters Channel Advisor empfiehlt ein mehrstufiges Vorgehen: Beginnen sollte man als Anbieter in einem renommierten Marktplatz wie Ebay oder Amazon, da sich hier ein großer Kundenkreis erreichen lasse. Parallel sollte der Händler einen Shop mit eigener URL errichten - es habe sich oft gezeigt, dass auf einem Marktplatz gewonnene Kunden auf den Webshop des Profianbieters klickten. Als dritten Schritt solle der Händler versuchen, sich bei möglichst vielen Preisfindern zu platzieren. Wenn das erfolgt sei, könne er sich dem Suchmaschinen-Marketing widmen.

Dass sich dabei Outsourcing als hilfreich erweist, zeigt das rasante Wachstum von Dienstleistern, die den Handel dabei unterstützen. Unternehmen wie Electronic Sales, 004, Aeins, DCI, MKMall24, Ad-Fontes oder C-Entron, die dem IT-Handel E-Commerce-Services anbieten, berichten allesamt von steigenden Kundenzahlen und einem rasant wachsenden Geschäft.

Es muss aber viel bedacht werden auf dem Weg ins Internetgeschäft: "Sämtliche elektronischen Bestell- und Abwicklungswege müssen mit allen anderen Kanälen, mit Kundendatenverwaltung, Rechnungen oder Bezahlvorgängen verknüpft werden", sagt Omar Khorshed, Vorstandschef des Düsseldorfer E-Commerce-Dienstleisters Acoreus AG. Im IT-Handel sind zudem Schnittstellen zu den Datensätzen von Distributoren oder die Mandantenfähigkeit von Online-Shops stark nachgefragte Dienstleistungen.

Verknüpfungen beider Vertriebskanäle

Die Unternehmensberatung Putz & Partner ist davon überzeugt, dass sich die Vertriebskanäle Online- und Laden-Geschäft dabei gut vernetzen lassen: Denkbar seien Online-Gewinnspiele, auf die der Händler in der Filiale hinweist oder ausdruckbare Coupons auf der Website, die wiederum im Geschäft eingelöst werden können. Im Online-Shop ließen sich zudem gezieltere Informationen über die Kunden einholen.

Von einer Kannibalisierung des klassischen Geschäftes will Putz & Partner nichts wissen: "Wer sich ein Produkt online ansieht, kauft es mit größerer Wahrscheinlichkeit bei dem Händler, in dessen Online-Shop er es entdeckt hat. So können mit attraktiven Angeboten auch Neukunden in die Läden geholt werden", meint von Wendt.

Dabei bezieht er sich auch auf das Handelsjournal - das Blatt will herausgefunden haben, dass Produktssuche und Kauf oft in verschiedenen Vertriebskanälen desselben Unternehmens erfolgen. Bei 25,4 Prozent der Bestellungen aus Print-Katalogen hätten sich befragte Konsumenten vorab im Online-Shop desselben Anbieters informiert, umgekehrt sei bei 21,6 Prozent der Bestellungen in Online-Shops zuvor ein Katalog desselben Anbieters konsultiert worden. Schließlich sieht Putz & Partner noch Potenzial für zusätzliches Geschäft: "Im Internet kann man Dienstleistungen wie Reisen oder Mobilfunkverträge anbieten, die das Personal in der Filiale überfordern würden", empfiehlt von Wendt. Hier komme es auf die richtigen Kooperationspartner an.

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