Gehaltsverhandlung und Co.

Die Fehler der Frauen

Alexandra Mesmer war bis Juli 2021 Redakteurin der Computerwoche, danach wechselte sie zu dem IT-Dienstleister MaibornWolff, wo sie derzeit als Head of Communications arbeitet.
Frauen verdienen immer noch 23 Prozent weniger als Männer. Gehaltscoach Claudia Kimich über die Fehler von Frauen bei Gehalts- und anderen Verhandlungen.

CW: In Ihrem Buch "Um Geld verhandeln" empfehlen Sie Frauen und Technikern, 20 Prozent mehr Gehalt zu verlangen. Wer weiblich und Technikerin ist, soll 30 Prozent mehr fordern. Warum?

Claudia Kimich: "Frauen können gut für andere kämpfen, etwa für ihre Kinder. Wenn Frauen auch für sich so einstehen würden, hätten sie kein Gehaltsproblem."
Claudia Kimich: "Frauen können gut für andere kämpfen, etwa für ihre Kinder. Wenn Frauen auch für sich so einstehen würden, hätten sie kein Gehaltsproblem."
Foto: Claudia Kimich

KIMICH: Frauen und Techniker verkaufen sich gern unter Wert und sitzen dem Ammenmärchen auf: Wenn ich zeige, was ich kann, wird es der Chef merken und mich besser bezahlen. Das funktioniert aber nur in 0,5 Prozent aller Fälle. Leistung allein reicht nicht, ich muss sie darstellen und verkaufen können.

CW: Welche Fehler unterlaufen Frauen in Gehaltsverhandlungen?

KIMICH: Die Fehler beginnen schon in der Bewerbungsphase: Männer bewerben sich, wenn sie nur zehn Prozent der in der Stellenanzeige genannten Anforderungen erfüllen. Frauen bewerben sich auch dann nicht, wenn sie 90 Prozent erfüllen. Sie haben einen zu perfektionistischen Anspruch. Im Berufsalltag sehen Frauen viele ihrer Aufgaben als selbstverständlich an, etwa eine Berechnung auf einem Excel-Sheet anzustellen, einen Konflikt zwischen Kollegen zu schlichten oder eine zusätzliche PR-Mitteilung zu schreiben. Der männliche Kollege hingegen weist explizit auf solche Taten hin - und wird befördert. Oder in Besprechungen: Eine Frau bringt eine Idee vor, wird nicht gehört, aber der Mann, der die gleiche Idee später in die Runde wirft, erntet die Lorbeeren. Frauen sagen dann meist nichts. Sie müssten dazwischengehen und sagen: Vielen Dank, lieber Kollege, dass Sie meine Idee aufgegriffen haben. Sie sollten dafür sorgen, dass ihre Lorbeeren auch ihre Lorbeeren bleiben.

CW: Können es Frauen lernen, ihre Leistung besser zu inszenieren?

KIMICH: Viele Frauen machen das nicht, weil sie an einen Dampfplauderer, einen Gorillatrommler denken. So wollen sie nicht sein. Es gibt eine Zwischenstufe: Die eigene Leistung auszusprechen und darzustellen, auch wenn man sie niedriger bewertet. Ich empfehle Frauen gern, eine Woche alles aufzuschreiben, was sie tun. Dann merken sie, was sie "nebenbei" so alles erledigen, und können entscheiden, mit welchen Tätigkeiten sie sich gut präsentieren können. Frauen machen sehr viel, aber wenig, was zu ihrem Prestige beiträgt. Männer übernehmen keine Projekte, die Fleißige-Bienchen-Charakter haben. Ein Beispiel: Das Sammeln von Daten ist ein solches Projekt, die Powerpoint-Präsentation samt Vortrag macht wieder ein Mann. Frauen werden nicht gesehen, wenn sie nur zuarbeiten. Die Männer weiten ihr Territorium so weit aus, bis sie anderen auf die Füße steigen. Frauen ziehen sich gern zurück. Jede Frau kann für sich entscheiden, ob sie das will.

CW: Müssen Frauen, die Karriere machen wollen, auch Unangenehmes aushalten?

KIMICH: Ein Haken bei Frauen ist, dass sie lieb gehabt werden wollen. Erfolg hat nichts mit Liebe zu tun. Man wird geschätzt und respektiert, das ist nicht zwingend eine freundschaftliche Anerkennung. Wenn ich meinen Standpunkt klar äußere, besteht die Gefahr, dass ich nicht von allen gemocht werde. Hauptsächlich unter Frauen. Wenn Männer mal anfangen zu schimpfen, haben sie einen akzeptiert. Da ist die Frau plötzlich Konkurrentin und nicht mehr fleißiges Lieschen. Männer kämpfen mit harten Bandagen. Das ist so, wie wenn sie sich beim Fußballspielen rempeln und hinterher ein Bier zusammen trinken. Frauen sollten nicht alles persönlich nehmen. Es hilft, für sich selbst seine Person und seine Leistung zu trennen. Wenn der Chef an meiner Präsentation etwas nicht leiden kann, heißt das nicht, dass ich ein schlechter Mensch bin. Es ist nicht wichtig, dass mein Chef mich lieb hat, solange er mich respektiert.

CW: Die Gehaltsschere zwischen Mann und Frau ist beim Berufseinstieg noch relativ geschlossen, geht dann später aber schnell auf. Was sind für Sie die wichtigsten Ursachen?

KIMICH: Zum einen gehen viele Unternehmen davon aus, dass die Frau mit spätestens 30 Jahren ein Kind bekommt, und stellen dann doch lieber einen Mann ein. Für eine mittelständische Firma kostet es auch viel Geld, wenn eine Frau drei Jahre aussetzt und in dieser Zeit ersetzt werden muss. Ich denke, Frauen sind nicht so zielstrebig. Männer haben den nächsten Posten schon im Auge und überlegen, wie sie da am besten hinkommen. Frauen dagegen sind erst einmal mit einer Aufgabe glücklich, Geld ist ihnen zunächst nicht so wichtig. Simone de Beauvoir hat einmal gesagt: "Frauen, die nichts fordern, werden beim Wort genommen: Sie bekommen nichts." Wenn sich Frauen mehr einsetzen, werden ihre Projekte, und deren Nutzen für das Unternehmen sichtbar.

Zur Startseite