Rohrkrepierer

Die größten Flops der IT-Geschichte

Jan-Bernd Meyer betreute als leitender Redakteur Sonderpublikationen und -projekte der COMPUTERWOCHE. Auch für die im Auftrag der Deutschen Messe AG publizierten "CeBIT News" war Meyer zuständig. Inhaltlich betreute er darüber hinaus Hardware- und Green-IT- bzw. Nachhaltigkeitsthemen sowie alles was mit politischen Hintergründen in der ITK-Szene zu tun hat.

Grandios gescheiterte Avantgarde: Nextstep

Nextstep: Avantgarde, aber erfolglos - zunächst.
Nextstep: Avantgarde, aber erfolglos - zunächst.

Kempe und Geyer zählen aber auch Nextstep zu den grandios Gescheiterten der IT-Szene. Das Betriebssystem wurde von der Firma Next ab 1988 entwickelt. Es war bedienerfreundlich - was kaum verwundern konnte, stammte es doch von niemand anderem als Steve Jobs. Der war aus der von ihm selbst gegründeten Firma Apple hinausexpediert worden, als Mitte der 80er Jahre die wirtschaftlichen Erfolge ausblieben und er sich zudem mit dem übrigen Apple-Management und insbesondere mit dem damaligen Apple-CEO John Sculley überwarf.

Auf Basis des Unix-ähnlichen Betriebssystems 4.3 BSD und eines Mach-2.5-Kernels schrieb Next ein, wenn nicht das seinerzeit fortschrittlichste Betriebssystem. Die zugehörige Hardware, der Next-Würfel, war bildschön und - ausgestattet mit Motorola-Prozessoren - auch sehr leistungsfähig. Bis zum Ableben von Next war das Betriebssystem auf zehn Plattformen portiert. Hierzu zählten unter anderem Intel-CPUs, Sun-Sparc- und Hewlett-Packards PA-Risc-Chips.

Apropos Steve Jobs

Überhaupt Jobs: Der viel Gelobte und heute manchem schon zum Mythos Entrückte hatte es verstanden, mit Next und Nextstep eine halbwegs erfolglose Firma zu führen. Allerdings ließ er sich samt seinem Unternehmen 1996 von Apple kaufen, betätigte sich zunächst als Berater innerhalb der Apfel-Firma, bevor er sukzessive wieder die Alleinherrschaft im Unternehmen übernahm. Nextstep überlebte übrigens als Weiterentwicklung im Apple-Betriebssystem Mac OS X - und wurde so gesehen doch noch ein Erfolg.

Nicht von Jobs zu vertreten, weil der 1993 bei der Mac-Company noch als persona non grata geführt wurde, war die Entwicklung des "Newton"-PDA. Ähnlich wie bei heutigen Produkten veranstaltete Apple auch mit diesem einen veritablen Marketing-Hype. Aber, wie Arachno-Mann Schopp befindet, der Newton war seiner Zeit irgendwie voraus.

Doub erklärt sich das Scheitern des Apple-PDA auch so: "Apple hatte damals schon visionäre Vorstellungen von einem digitalen Personal Digital Assistant. Der konnte sich aber wegen des ungünstigen Preis-Leistungs-Verhältnisses nie am Markt durchsetzen und war deshalb bei weitem nicht so verbreitet wie damals Palm oder Psion."

Überhaupt durchliefen die ersten Generationen der PDAs eine steile Lernkurve. "In dieser Ära der nutzlosen, passiven, schwarz-weißen PDAs war jede Datensynchronisations die reine Mühsal. Zudem waren die Akkus ständig leer - natürlich vor allem dann, wenn man es am wenigsten gebrauchen konnte", erinnert sich Andreas Dietrich, Noch-CIO der Schweizerischen Bundesbahnen (SBB). Für ihn war zudem das Softwareangebot für die damals verfügbaren Hosentaschenhelfer viel zu dürftig. Dietrich: "Das P und D waren ja ok. Aber das A für Assistant habe ich nie verstanden."

Der Fairness halber sollte man sagen, dass diese Kinderkrankheiten bei heutigen Smartphones, den legitimen Nachfolgern der PDAs, nicht vorkommen. Der Gerätetyp verkauft sich dank iPhone und Konsorten sehr gut.

Diese Meinung vertritt auch Oliver Stöckli von der Bison Schweiz AG. Generell gelte, dass die Frage, ob eine Technik oder Entwicklung ein Hit oder ein Flop würden, einfach vom richtigen Zeitpunkt der Markteinführung abhängig sei. Mit dem nötigen Durchhaltevermögen und vielen Investitionen in die Weiterentwicklung - "und manchmal einem neuen Produktnamen" - ließe sich mancher Rohrkrepierer vermeiden.

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