Rohrkrepierer

Die größten Flops der IT-Geschichte

Jan-Bernd Meyer betreute als leitender Redakteur Sonderpublikationen und -projekte der COMPUTERWOCHE. Auch für die im Auftrag der Deutschen Messe AG publizierten "CeBIT News" war Meyer zuständig. Inhaltlich betreute er darüber hinaus Hardware- und Green-IT- bzw. Nachhaltigkeitsthemen sowie alles was mit politischen Hintergründen in der ITK-Szene zu tun hat.

Offenbarung des Technikzeitalters: WAP

Im Gefolge der PDAs und zu Beginn der Handy-Erfolgsstory verkauften die Marketiers auch den Begriff WAP wie eine Offenbarung des Technikzeitalters. Das Wireless Application Protocol sollte via eine Sammlung von Protokollen Internet-Inhalte für Mobiltelefone bereitstellen - und das bei lahmer Übertragung.

WAP-Handys wie Nokias 7110 sollten die mobile Revolution auf Telefonen auslösen - aber die ließ auf sich warten.
WAP-Handys wie Nokias 7110 sollten die mobile Revolution auf Telefonen auslösen - aber die ließ auf sich warten.
Foto: Nokia

Stöckli fällt zur WAP-Entwicklung ein: "Alle sprachen davon, viele haben jede Menge Geld in dafür gedachte spezielle Applikationen investiert. Aber: Wer hat WAP-Dienste überhaupt jemals verwendet?"

Auch Doub von der Bauer Media Group erinnert sich noch lebhaft an WAP: "Was es da nicht alles für bahnbrechende Ideen geben sollte - etwa für Location-based Services. Welche tollen Premium-Dienste da auf den Markt kommen würden! Und erst all die vielfältigen Möglichkeiten für Inhalteanbieter, die über die Technik zusätzliche Erlöse würden generieren können." Problem nur: Die Anwender haben die Technik nicht angenommen. Denn das A und O des Erfolgs von WAP, die hohen Bandbreiten für den schnellen Datentransport, gab es schlicht noch nicht.

Allerdings ist es problematisch, WAP als IT-Flop zu bezeichnen. Begründung: WAP wurde gerade deshalb entwickelt, um Internet-ähnliche Inhalte über langsame Mobilfunkverbindungen zu transportieren. So zumindest die Intention 1997. Erst mit WAP 2.0 kamen schnellere Transferarten und HTML-Inhalte zum Zuge.

Zudem dürften die wenigsten wissen, dass etwa mobile Internet-Portale oder Handy-Internet-Zugänge auf WAP 2.0 basieren beziehungsweise lange Zeit basierten. Außerdem muss man auch sagen, dass mit WAP grundlegende Netzkonzepte und Programmier- und Seitenbeschreibungssprachen wie WML (Wireless Markup Language) oder später XHTML im Mobilfunk Einzug hielten.

Beim Kunden war WAP trotzdem sicher ein Flop. Als Technik muss es jedoch als Erfolg bezeichnet werden. Übrigens nutzen viele noch heute WAP, ohne es zu wissen. Hierbei verhält es sich so ähnlich wie mit Unified Communications. Niemand will es, aber Presence, Collaboration, VoIP und Videoconferencing nutzen viele.

Neben solcherlei vorgeblich solitären Produkten, zu denen man auch Lawrence Ellisons Idee des Net-PC stellen könnte oder die Entwicklung von Videotelefonen, kreierte die IT-Branche aber auch Konzepte. Die wurden vollmundig vermarktet als Heilsbringer für eine bessere IT-Welt. Alles wird gut, war das Versprechen, wenn man diese Konzepte verwirkliche. Kleiner Haken an der Geschichte: Oft existierten sie nur als Theorie.

Zauberworte der Industrie

Eines der Zauberworte der Softwareindustrie lautet Wiederverwendbarkeit, damit verbunden auch das Versprechen der Interoperabilität - also der einfachen Kopplung von Software und insularen Anwendungen verschiedener Hersteller. Gerhild Aselmeyer, als Selbständige seit über zwei Jahrzehnten mit Analysen, Konzepten und Anwendungsentwicklungen für IT-Belange befasst, wird von dem Begriff "Wiederverwendbarkeit begleitet, solange ich mich mit IT befasse - seit Mitte der 80er Jahre also. Die Interoperabilität als Versprechen kam etwas später dazu, als sich IT in den Firmen endgültig durchsetzte und die Anwendungslandschaften vielfältiger wurden."

Zur Startseite