Die neuen Regeln der Netzwerkökonomie

06.09.2006
Von Anja Dilk

PALUDAN: In Deutschland spricht man bezeichnenderweise von gebrochenen Biografien. Man unterstellt, dass etwas falsch ist, wenn man flexibel ist, wechselt, herumkommt. Zugleich geht man davon aus, die "echten" Biografien seien nur die, in denen man ein Leben lang in einem Unternehmen hocken bleibt. So ein Unsinn. Wie sagen die Amerikaner? "Eine Biografie darf man nicht fesseln." Patchwork-Karrieren sind moderne Konzepte, die den Bedürfnissen eines flexiblen Marktes in besonderem Maße entsprechen. Ihnen gehört die Zukunft. Man sollte daher besser von vielfältigen Lebensläufen sprechen.

CW: Nach einer Studie des Massachusetts Institute of Technology (MIT) werden in Zukunft Unternehmen oft mit wenigen Angestellten und vielen Freiberuflern arbeiten. Ist dieses Szenario realistisch?

PALUDAN: Ich glaube, man kann das nicht verallgemeinern. So eine Struktur kann phasenweise interessant sein, dann wieder nicht. Das hängt auch vom Unternehmen ab. Wir müssen uns dabei auch klar machen: Bevor jemand Freiberufler wird, muss er eine Zeit lang in einem Unternehmen fest angestellt gearbeitet haben. Denn er muss wissen, wie Firmen ticken, und muss vieles vom intellektuellen Kapital mitgenommen haben. Insofern kann es Freiberufler überhaupt nur geben, so lange es auch viele Festangestellte gibt. Sonst würden sie aussterben. Ich glaube, Freiberufler sind nie für immer Selbständige. Phasen als Festangestellte und als Freie wechseln sich ab.

CW: In der IT-Branche arbeiten bereits viele Fachkräfte als Freiberufler. Um im globalen Wettbewerb zu bestehen, versuchen die meisten Unternehmen, Kosten zu sparen. Wird es da auch für Freiberufler eng?

Was Paludan kommen sieht

  • Beschleunigung: Der Wandel wird immer schneller. Dabei lässt er jene hinter sich, die sich nicht mitverändern.

  • Globalisierung: Sie wird unser Leben zunehmend bestimmen. Wir können mit Hilfe von Informationstechnologie, besseren Transportsystemen und besserer Infrastruktur die Produktion über einen weiten geografischen Raum streuen.

  • Wohlstand: Wir leben in einem reichen Teil der Welt, der Wohlstand wird sich auf viele ausdehnen. Weil die Menschen nicht von Hunger bedroht sind, haben sie keine Angst, individuell und antiautoritär zu sein. Denn im Gegensatz zu früher riskieren sie damit nicht mehr viel.

  • Digitalisierung: Die Informationstechnologie macht Globalisierung erst möglich.

  • Zeitmangel: Immer weniger Menschen arbeiten im Korsett festgelegter Arbeitsstunden. Sie erledigen einen Job nach dem nächsten und haben für jeden eine Deadline. Während früher der Arbeitgeber ihre Zeit organisierte und ihnen die Aufgaben zuwies, müssen sie heute ihre Arbeitszeit selbst verwalten.

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