IT-Freiberufler

Die sechs gemeinsten Gründerfallen

01.06.2010
Von Michael Ihringer

Die Partner-Falle

Als größtes Problemfeld nennen Jungunternehmer immer wieder den Vertrieb. So bereiten den Befragten im Gründerpanel des Instituts für Mittelstandsforschung Bonn vor allem die Auftragsakquisition und der Aufbau eines Kundenstamms Schwierigkeiten. Verlockend einfach erscheint da die Lösung, je nach Produktangebot passende Vertriebspartner zu suchen, die bereits über Zugang zum geplanten Kundensegment verfügen. Wer etwa an Regierungen oder die öffentliche Verwaltung verkaufen will, erspart sich manche Mühen mit einem Partner, der dort bereits gelistet ist und über die notwendigen Zertifizierungen verfügt.

Stefan Waldhauser, Wewebu Software, empfiehlt, von Anfang an gemeinsam mit dem Partner klare Ziele zu vereinbaren.
Stefan Waldhauser, Wewebu Software, empfiehlt, von Anfang an gemeinsam mit dem Partner klare Ziele zu vereinbaren.
Foto: Wewebu Software

"Eine grundsätzliche Übereinstimmung der Interessen muss allerdings schon gewährleistet sein, damit eine Vertriebspartnerschaft funktioniert", warnt Stefan Waldhauser vom Enterprise-Information-Management-Spezialisten WeWebU Software AG und empfiehlt, gemeinsam mit dem Partner von Anfang an klare Ziele zu vereinbaren. Sonst kann es gehen wie bei jenem ungenannten Startup, das seine Vertriebsprobleme mit der Aufnahme der eigenen Produkte in die Preisliste der IBM gelöst wähnte. Über der Wunschvorstellung, dass der Großkonzern mit seiner weltweiten Vertriebsmannschaft nun ganz von alleine für florierende Umsätze sorgen würde, hat das Unternehmen alle eigenen Bemühungen eingestellt und ist geradewegs in den Konkurs gesteuert.

Die Kunden-Falle

Ähnlich wie ein dominierender Partner den Vertrieb blockieren kann, birgt die einseitige Fokussierung auf wenige Großkunden beträchtliche Risiken für Produktentwicklung und -strategie. Natürlich ist der Abschluss des ersten großen Kunden für jedes junge Unternehmen ein wichtiger Meilenstein, zumal wenn wiederkehrender Umsatz einen relevanten Teil der laufenden Kosten abdeckt. Aber auch hier gilt: Jeder Kunde muss zum eigenen Unternehmen und jeder Produkteinsatz zur eigenen Strategie passen.

Sonst kommt es allzu leicht dazu, dass jedem neuen Kunden etwas anderes verkauft wird. Am Ende hinkt dann die Produktentwicklung den verschiedenen, oft sogar widersprüchlichen Anforderungen hinterher, muss unterschiedliche Versionen pflegen und kann kein klares Marktprofil entwickeln. "Unser wichtigster Anwender hätte uns auch leicht auf einen Schlag aufkaufen oder unsere Entwicklung innerhalb weniger Wochen nachbauen können", erinnert sich Peter Beaman, der mit seiner 15-Mann-Softwareschmiede Data Tree einen Gesundheitskonzern mit 2800 Mitarbeitern bedient. "Wir haben diese Fragen vor dem Abschluss ganz offen diskutiert und waren uns einig, dass der Kunde am meisten profitiert, wenn wir unsere Produktstrategie sauber einhalten und auf kundenspezifische Entwicklungen weitgehend verzichten."

Die Kultur-Falle

Innerhalb des Unternehmens stellt sich früher oder später die Frage nach der Firmenkultur. In der Wachstumsphase benötigen Startups permanent neue Mitarbeiter und suchen für den schnellen Einstieg am liebsten solche, die ihren Erfolg bereits bewiesen haben. Wenn etwa der erfahrene Vertriebler, der in seinen bisherigen Positionen stets mit Umsatzrekorden geglänzt hat, die in ihn gesetzten Erwartungen dann nicht erfüllen kann, ist die Überraschung groß. Schuld sind in der Regel kulturelle Unterschiede zu den früheren Unternehmen - oft fehlt einfach der gewohnte organisatorische Rahmen, das System aus Zuckerbrot und Peitsche mit Quartalsstruktur und zugehörigen Incentives. Ist der kostspielige Versuch gescheitert, übernehmen viele Gründer den Vertrieb wieder selbst oder erliegen erneut der Kumpelfalle aus der Gründungszeit und vergrößern das Problem damit weiter.

Ralf Hager bietet mit seiner Hager Unternehmensberatung so genannte Employment Lifecycle Solutions.
Ralf Hager bietet mit seiner Hager Unternehmensberatung so genannte Employment Lifecycle Solutions.
Foto: Hager Unternehmensberatung

"Wenn nicht alle Körperteile gleich mitwachsen, läuft man schief", sagt Ralf Hager von der Hager Unternehmensberatung, die sogenannte Employment Lifecycle Solutions rund um den gesamten Arbeitslebenszyklus anbietet. So weiß er etwa von einem Internet-Unernehmen, das seinem Gründungsvorstand bewusst erfahrene Banken-Manager an die Seite gestellt hat. Die neuen Manager jedoch nehmen die Techies kaum ernst, diese wiederum weigern sich, auf die aus ihrer Sicht "alten Männer" zu hören. "Solche emotionalen Risse haben schon ganze Unternehmen zerlegt", berichtet Hager.

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