Digitale Transformation

Diese drei typischen Fehler sollten Sie vermeiden

Christiane Pütter ist Journalistin aus München.
Das Top-Management versteht zwar die Dringlichkeit der Digitalisierung, hört aber nicht auf die Mitarbeiter von der Arbeitsfront. Das mittlere Management steht zwischen allen Stühlen und bewegt sich nicht. Die Universität St. Gallen und der BVDW (Bundesverband Digitale Wirtschaft) analysieren Misserfolgsgaranten bei der digitalen Transformation. Change-Management-Expertin Claudia Schmidt gibt Tipps.
 
  • Hürden bestehen in Firmenkultur und internen Abläufen
  • Entscheider müssen die Wechselwirkungen von Projekten und Fimenkultur aufzeigen
  • Ein klassischer ROI ist bei innovativen Transformationsprojekten nicht möglich

"Wenn Hotelportale einen höheren Börsenwert haben als Hotelketten mit diversen Gebäuden, dann scheint sich der digitale Trend doch deutlich durchzusetzen." Das sagt Guido Janeck, Deutsche Post IT-Services. Das Zitat des Head of IT stammt aus der Studie "Wie packen Unternehmen die digitale Transformation an", die die Universität St. Gallen gemeinsam mit dem BVDW (Bundesverband Digitale Wirtschaft) erstellt hat. Auftraggeber ist T-Systems Multimedia Solutions.

Die Studienautoren wollen sich als Ratgeber verstanden wissen. Sie identifizieren denn auch typische Stolperfallen auf dem Weg in die Digitalisierung. Dabei ist die Dringlichkeit des Themas in den obersten Führungsetagen der Unternehmen erkannt, versichern sie. Hürden bestehen vor allem in der Firmenkultur und internen Abläufen.

Dass die Führungsspitzen die Erfordernis der Digitalisierung erkannt haben, liegt an der Angst vor neuer Konkurrenz. Sie fürchten, abgehängt zu werden. Das bezieht sich weniger auf die bekannten Player im angestammten Konkurrenzumfeld, als vielmehr auf neue, noch unbekannte Wettbewerber, wie es die zitierte Hotelbranche gerade erlebt.

Als typische Stolpersteine nennen die Studienautoren folgende:

1. Isolierte Projekte statt ganzheitlichem Change-Management

Viele Unternehmen organisieren die digitale Transformation in isolierten Einzelprojekten, etwa im Marketing, im Vertrieb oder als reines IT-Projekt. So berichtet einer der zitierten Manager: "Wenn ich mit Kollegen über die digitale Transformation spreche, dann denken die, ich rede von der neuen Website."

Das ist zu kurz gedacht, mahnen die Studienautoren. Es sei wichtig, die Zusammenhänge zwischen den Projekten aufzuzeigen und die Auswirkungen der Projekte auf das Unternehmen darzustellen.

Das ist ein Problem, mit dem auch Claudia Schmidt von der Beraterfirma Mutaree oft konfrontiert wird. Die Change-Expertin plädiert dafür, Projekte niemals singulär zu verstehen, sondern immer als Teilabschnitt auf dem Weg zu einem zukunftsfähigen - also digitalisierten - Unternehmen.

2. Starre Teamstrukturen und Silodenken

Je unterschiedlicher die Teammitglieder sind, die gemeinsam an einem Projekt arbeiten, umso höher die Innovationsfähigkeit des gesamten Teams. Dieser These stimmen die Uni St. Gallen und der BVDW zu. Unternehmen müssen also die Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Abteilungen fördern. Sie müssen starre Teamstrukturen und Silodenken aufbrechen.

Auch das ist Schmidt bekannt. Projekte beeinflussen immer das gesamte Unternehmen, sagt die Change-Expertin. "Die Wirkung und die Bewegung, die sie erzeugen, gilt es zu verstehen, zu nutzen und für die Organisation und die Menschen nutzbar zu machen. Je vernetzter und interdisziplinierter wir Projekte und ihre Besetzung also denken, desto mehr Erkenntnisgewinn und Optionen für eine positive Veränderung legen wir an." Die Beraterin spricht sich dabei für agile Methoden, Design Thinking oder vergleichbare Ansätze aus.

3. Das mittlere Management als Stopper

Die Geschäftsleitung will Digitalisierung, die Mitarbeiter am Kunden und in der Praxis könnten Ideen liefern - wenn nicht das mittlere Management dazwischen stünde. Manche Unternehmen haben acht Hierarchieebenen installiert. Gute, brauchbare Ansätze stürzen auf dieser Leiter oft ab. Die Autoren der Studie zitieren einen Manager, der der Meinung ist, bis sich die Leute in der Mitte bewegten, brauche es Jahre.

Für Schmidt geht es hier um das Thema Flexibilität. Die Digitalisierung verlange von Unternehmen eine Überprüfung von Kultur und Führung. "Damit das mittlere Management sich bewegen kann, braucht es ein neues Verständnis von seiner Rolle und davon, wie sich seine Spielräume und Verantwortung verändern", sagt die Spezialistin. "Es geht darum zu entscheiden, wie Führung gestaltet wird in Zeiten von Agilität, Kollaboration und kontinuierlichem Lernen."

Die Uni St. Gallen und der BVDW haben auch noch einen Tipp parat, wie man den Chief Financial Officer (CFO) überzeugen kann: Ein klassischer ROI (Return on Investment) ist bei innovativen Transformationsprojekten nicht möglich, eine "Erfolgsrechnung anhand harter Kriterien" ebenso wenig. Die Studienautoren raten daher zu kurzen Pilotprojekten. Unternehmen sollten speziell für diese Vorhaben neue Prozesse ausprobieren und "Spielgeld" bereitstellen. Sind diese Projekte erfolgreich, dienen sie als Beispiel für weitere.

Change-Expertin Schmidt kommentiert: "Sind erst digitale Prinzipien erfolgreich verankert in Führung und Arbeitskultur, wird parallel die Anpassungsfähigkeit steigen. Soll der ROI erreicht werden, muss gewährleistet sein, dass die Menschen die Veränderung verstehen, sie dabei befähigt werden, diese umzusetzen und sich aktiv einbringen können."

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