Interview mit Prof. Rudolf Aunkofer, GfK

Distribution muss sich der Konkurrenz der eTailer stellen

Ronald Wiltscheck widmet sich bei ChannelPartner schwerpunktmäßig den Themen Software, KI, Security und IoT. Außerdem treibt er das Event-Geschäft bei IDG voran. Er hat Physik an der Technischen Universität München studiert und am Max-Planck-Institut für Biochemie promoviert. Im Internet ist er bereits seit 1989 unterwegs.
Die IT-Branche steht vor großen Umwäzungen - vor allem die IT-Distribution. GfK-Experte Aunkofer analysiert die aktuelle Situation und die Trends 2017.

Wenn die GfK alljährlich gemeinsam mit ChannelPartner die "Channel Excellence Studie" vorstellt, ist das eine gute Gelegenheit, den Global Research Director IT bei der GfK, Prof. Rudolf Aunkofer, zu der aktuellen Marktentwicklung zu befragen und ihn zu bitten, der IT-Branche und dem Channel den Spiegel vorzuhalten und den Playern einige Trends der kommenden Monate aufzuzeigen.

Prof. Rudolf Aunkofer, Global Research Director IT bei der GfK: "eTailer adressieren sehr geschickt und sehr gezielt eine Nische, die die Distribution momentan eher vernachlässigt."
Prof. Rudolf Aunkofer, Global Research Director IT bei der GfK: "eTailer adressieren sehr geschickt und sehr gezielt eine Nische, die die Distribution momentan eher vernachlässigt."
Foto: Foto Vogt

Herr Aunkofer, die GfK hat bereits zum achten Mal in Folge exklusiv für IDG die Channel-Excellence-Studie erstellt. Was hat Sie bei der diesjährigen Auswertung am meisten überrascht?

Rudi Aunkofer, GfK: Überraschend ist jedes Jahr wieder, dass selbst in einer mittlerweile so etablierten Branche wie der unseren, noch deutliche Veränderungen im Channel stattfinden.

Ein Beispiel: Im Vorjahr hatten noch nicht einmal zehn Prozent der Fachhändler mindestens eine ihrer Bezugsquellen geändert. Das spricht dafür, dass das Gros der Partner im Vorjahr mit der Leistung ihrer jeweiligen Distributoren zufrieden war.

Das änderte sich nun deutlich: aktuell haben über 20 Prozent der Fachhändler und Systemhäuser mindestens eine ihrer Bezugsquellen geändert.

Das heißt, ein deutlich herausforderndes Marktumfeld hat den Channel dazu veranlasst, in der Zusammenarbeit mit der Distribution deutlich kritischer zu sein, vor allem hinsichtlich der Faktoren "Verfügbarkeit und Preis". Eine weitere Folge dieser gestiegenen Anforderung ist, dass der Anteil der über E-Tailer bezogenen Produkte nun deutlich zugelegt hat.

Die Distribution muss somit eine Antwort auf die auf Flexibilität und attraktive Preisgestaltung der E-Tailer finden…..

Aunkofer, GfK: Ja, eTailer adressieren sehr geschickt und sehr gezielt eine Nische, die die Distribution momentan eher vernachlässigt. Das Geschäft ist hier zwar aufgrund vieler, einzelner Bestellvorgänge mit jeweils verhaltenem Volumen herausfordernd, aber dennoch in Summe lukrativ. E-Tailer sind hier aufgrund klassischer Logistikleistung gefragt: Verfügbarkeit, Preis, Liefergeschwindigkeit und Treue sowie Kulanz - man könnte es auch eine Art "Discounter-Strategie" für die Distribution nennen. Es liegt an der klassischen Distribution, ob man diesen disruptiven Ansatz zulassen möchte. Oder anders formuliert - die Distribution hat es noch selbst in der Hand, in wie weit sie hier "neue Wettbewerber" in dem Markt eintreten und etablieren lassen möchte.

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Lassen Sie uns einen kurzen Rückblick auf das vergangene Jahr 2016 werfen: Was waren für Sie die herausragenden Ereignisse in der IT-Branche 2016?

Aunkofer: Gerade die Reihe an Übernahmen wie auch Aufspaltungen vieler IT bzw. Tech Unternehmen - Samsung, HP, Intel, Dell, … um nur einige zu nennen - zeigt, dass sich die Branche in einem generellen und nachhaltigen Umbruch befindet. Jeder rüstet sich, für das Top-Thema der kommenden Jahre: Digitale Transformation. Gewerbliche Kunden aller Branchen werden hier in den kommenden 2-3 Jahren massiv investieren, um mit dem Wandel den Industrie 4.0 oder IoT mit sich bringen, Schritt zu halten. Das beginnende Windows Replacement, Hybrid-Konzepte, XaaS Ansätze oder IoT sind die ersten Schritte in diese neue und nahezu komplett digital vernetzte Welt.

Das heißt, dass wir aktuell den Paradigmenwechsel "Digitale Transformation", miterleben. Neue Geschäftsmodelle werden zunehmend die Umsätze aus dem etablierten Business ersetzen. Beispiel: Cloud statt on premise. Welche Auswirkungen wird dies Ihrer Meinung nach auf den IT-Markt haben?

Aunkofer: Für den Channel wird das Jahr 2017 vor allem vom Konzept "Hybrid" im Rahmen der "digitalen Transformation" bestimmt werden - also einer Kombination von traditionellen und neuen Services bzw. Cloud-affinen Lösungen. Kunden gehen - je nach Branche bzw. abhängig vom Grad ihrer Innovationsfreude - bereits deutlich in Richtung Digitalisierung. Die Mehrheit wird allerdings in einem ersten Schritt hybride Ansätze präferieren, um - aus ihrer Sicht - auf der sicheren Seite zu sein. Hersteller, Distribution wie Handel sollten daher vor allem Zuversicht vermitteln, dass dieser Transformationsprozess professionell und mit angemessenem Aufwand planbar wie auch gestaltbar ist. Unsicherheit führt - wie letztes Jahr erlebt - zu deutlicher Investitionszurückhaltung.

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Warum ist diese "digitale Business Transformation" so entscheidend sein für das Wachstum der IT-Branche? Könnten Sie uns da bitte auch ein konkretes Beispiel benennen?

Aunkofer: Die "digitale Business Transformation", mit ihren Schlagworten IoT/Smart Home/AI/VR oder Industrie 4.0/Maschinenlernen und eine Reihe weiterer Begriffe, wird über alle Branchen hinweg Wachstumsmotor sein. Voraussichtlich werden wir das in zwei Stufen erleben: on premise wird zu hybrid und dann in vielen Fällen rein cloud-basiert. In diesem Kontext wird bereits das anstehende Replacement bei Computern zu sehen sein, hybrid & DaaS wird hier ein Thema werden. Investitionen in eine digitale Infrastruktur und die verbesserte Nutzung dieser bieten sich somit als Chance - IoT & Cloud, digitale Prozessoptimierung, IT-Sicherheit dürften lt. Aussage des Channels die zentralen Themen des Jahres 2017 werden.

Welche Aspekte werden für Hersteller, Distributoren und Vertriebspartner entscheidend sein, um diese Transformation erfolgreich zu meistern?

Aunkofer: In diesem, vom Wandel geprägten Umfeld sollte der gesamte ITK-Channel vor allem auf die Investitionssicherheit von Projekten ein besonderes Augenmerk legen. Gerade in Zeiten des Wandels sollten Aussagen konsistent wie zuverlässig sein - auch über Hersteller, Distributoren und Partner hinweg. Das ist unsere Chance, die Kunden von den Vorteilen der neuen nahezu komplett digitalen Welt zu überzeugen.

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