Gregor Bieler, Channel-Chef bei Microsoft

"Ein neues Wirtschaftswunder"

Ronald Wiltscheck widmet sich bei ChannelPartner schwerpunktmäßig den Themen Software, KI, Security und IoT. Außerdem treibt er das Event-Geschäft bei IDG voran. Er hat Physik an der Technischen Universität München studiert und am Max-Planck-Institut für Biochemie promoviert. Im Internet ist er bereits seit 1989 unterwegs.

Digitale Transformation der Geschäftsprozesse

Geht es hier etwa um den digitalen Arbeitsplatz der Zukunft?

Bieler: Unter anderem. Für den Arbeitsplatz der Zukunft ist eine hoch performante Cloud-Infrastruktur unabdingbar. Hier möchte ich nicht zuerst über die Datensicherheit reden - ein typisch deutsches Phänomen - sondern über die riesigen Chancen. Wir haben Potential für deutlich mehr Wachstum - und das nicht über den Verkauf von Lizenzen sondern von Manntagen, um Kunden zu beraten und für die digitale Zukunft fit zu machen. Das ist ab sofort das Motto unseres Partnervertriebs.

Wie könnte das konkret aussehen?

Bieler: Es geht um die Inszenierung der Produkte und Lösungen, man kann heute nicht über das Datenblatt allein verkaufen. Unsere Partner müssen also ihre Lösungen als Prototypen bauen und anders ihren Kunden präsentieren - oder gemeinsam mit ihnen daran arbeiten.

In etwa so, wie Sie Ihre "Smarte Küche" auf der CeBIT präsentiert haben?

Bieler: Genau! Es kommt darauf an, Emotionen beim Kunden zu wecken und ihm nicht nur die passenden Lizenzmodelle anzubieten. Oder um ein Beispiel aus der Vergangenheit heranzuziehen: Der gute Schiffsbauer brachte seinen Lehrlingen nicht nur den Umgang mit Holz bei, sondern schärfte ihnen ein, stets "den Duft der Ferne zu schätzen".

Es geht also darum, den Nutzwert erlebbar zu machen…

Bieler: Ja und noch viel mehr. Derzeit findet ein radikaler Kulturwandel statt und wir alle müssen daher unser Verhalten verändern - vor allem in den Vertriebsprozessen.

Wie zum Beispiel?

Bieler: Zum Beispiel die Firma Laterpay, ein kleines Startup aus München - mit großer Zugkraft und Azure als Plattform im Hintergrund. Laterpay hat den digitalen Bierdeckel eingeführt, auf dem man Cent-Beträge für die Nutzung digitaler Inhalte akkumulieren kann bis ein größerer Eurobetrag erreicht ist und erst dann erfolgt die Bezahlung. Dahinter stecken zwei grundlegende Änderungen: Das Unternehmen hat den E-Commerce demokratisiert: "Jeder kann verkaufen". Und damit eine neue Methode entwickelt, wie man für digitale Inhalte im Web bezahlt.

Und das sagen Sie als ehemaliger Paypal-Deutschland-Chef?

Bieler: Ja. Mit der Lösung von Laterpay kann beispielsweise jeder ein Bild in den sozialen Medien einstellen und zum Beispiel fünf Cents dafür verlangen. Für den Käufer bedeutet das "sofort gucken, später bezahlen".

Also quasi eine Paywall ab fünf Euro?

Bieler: Genau. Aber jetzt kommt das Besondere. Das System bietet dem Nutzer an, dass ein Unternehmen die Rechnung bezahlt, wenn der User diesem Unternehmen seine Daten zur Verfügung stellt. Und wir alle wissen: Daten sind das neue Gold. Das die Rechnung übernehmende Unternehmen weiß so ganz genau, für welchen Content sich der Nutzer interessiert. Das ist für eine Vielzahl an Unternehmen spannend. Meiner festen Überzeugung nach kann Laterpay schon bald der größte Azure-Kunde in Deutschland werden.

Gut, das ist ein Leuchtturmprojekt, was raten Sie Ihren anderen Partnern?

Bieler: Die ausgetretenen Pfade zu verlassen, Mut zur Veränderung, zur Innovation und zur Kreativität. Ich glaube fest daran, dass stetige Veränderung der einzig richtige Weg für unsere Partnerlandschaft ist. Wir wollen all unsere 31.500 Partner in Bewegung setzen. Und wenn wir das schaffen, dann wird in Deutschland ein neues digitales Wirtschaftswunder entstehen.

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