Ein schmaler Grat

12.03.2007
Microsoft will vor den Risiken des Handels mit gebrauchter Software warnen. Der Gegner, die Münchner HHS usedSoft GmbH, warnt vor Microsoft. Die Verlierer sind Kunden und Händler, denn die Verunsicherung im Markt bleibt.

Von Marzena Fiok

Mit einer Auftaktveranstaltung in München hat Microsoft vergangene Woche eine landesweite Aufklärungskampagne zum Thema "gebrauchte Software" gestartet. Kunden und Microsoft-Partner sollen über die Risiken der Verwendung gebrauchter Software informiert werden.

Die HHS usedSoft GmbH zieht mit: Der Münchener Softwarehändler ließ vor der Veranstaltung ein paar hübsche Damen aufmarschieren, die Flyer an die Teilnehmer verteilten: "Der Handel mit Gebrauchtsoftware ist legal. Microsoft führt die Öffentlichkeit in die Irre", hieß es darin unter anderem (siehe Bild).

Verkauf und Handel von Softwarepaketen ist legal

Der Vorwurf, dass Microsoft den Handel mit Gebrauchtsoftware zu kriminalisieren versucht, um seine Monopolstellung zu sichern, ist ein guter Schachzug, wenn man in der Öffentlichkeit das Bild "David gegen Goliath" zeichnen und die Sympathien auf seine Seite ziehen will. Allerdings ist er auch ziemlich überzogen.

Tatsächlich nimmt Microsoft den Verkauf von gebrauchten Softwarepaketen gelassen hin - jedenfalls seit einem Urteil im Jahr 2000, das die Rechtmäßigkeit dieses Handels bestätigte.

Softwarepakete (System-Builder und OEM) werden als komplettes Paket inklusive Datenträger und Echtheitszertifikat vertrieben. Diese darf der Kunde ohne Risiko weiterverkaufen - sofern das Softwarepaket vollständig ist und der Verkäufer die Software auf seinem Rechner löscht. Wie Werner Leibrandt, Direktor Mittelstand bei Microsoft, betont, hat man überhaupt nichts gegen den Handel mit den gebrauchten Systembuilder-Lizenzen. Grund für die Lässigkeit dürfte neben besagtem Urteil auch die mangelnde Bedeutung des Marktes sein. "Das Volumen der gehandelten Softwarepakete ist sehr gering", erklärt Leibrandt.

Handel mit Volumenlizenzen?

Strittig ist dem Softwarekonzern zufolge nur der Handel mit gebrauchten Volumenlizenzen. Microsoft versteht darunter Enterprise-Agreement-, Select- und Open-Programme, also alle Abkommen mit Kunden, bei denen große Mengen an Softwarelizenzen (via Download oder auf Datenträger) vertrieben werden. Dabei wird dem Käufer das Recht eingeräumt, die Software auf mehreren PCs in seinem Unternehmen zu nutzen; die genaue Zahl wird im Lizenzvertrag vereinbart. Und weil usedSoft mit dem Handel dieser Volumenlizenzen geworben hat, sieht sich Microsoft genötigt einzuschreiten: "Es herrscht eine große Unsicherheit im Markt. Deswegen wollen wir Aufklärungsarbeit leisten", so Leibrandt.

Wer Software in Volumenpaketen einkauft, muss dafür einen Vertrag mit der Microsoft Ireland Operations Limited abschließen. Die sitzt in Irland, ist allerdings auch für die Lizenzvergabe in Deutschland zuständig. Ein Bestandteil des Vertrages ist ein Passus, der besagt, dass eine rechtmäßige Lizenzübertragung auf Dritte der Zustimmung durch diese Gesellschaft bedarf. Wie Leibrandt betont, habe man die Zustimmung auch schon "viele hundert Mal" erteilt.

Überträgt ein Kunde die Lizenzen aber ohne Zustimmung, hat er nach Ansicht von Microsoft Vertragsbruch begangen und sich schadensersatzpflichtig gemacht. Das kaufende Unternehmen habe im schlimmsten Fall rechtlich wertlose Lizenzen erworben und Raubkopien installiert.

Ganz anders sieht das natürlich usedSoft: Der Softwarehändler geht davon aus, dass er Volumenlizenzen aufspalten und weiterverkaufen darf, ohne dafür die Genehmigung von Microsoft Irland einholen zu müssen.

Was stimmt denn nun wirklich?

Seine Auffassung speist usedSoft aus einem Urteil des Landgerichts Hamburg; "Der Verkauf beziehungsweise die Veräußerung einzelner Microsoft-Software-Lizenzen, die zuvor im Rahmen von Volumenlizenzverträgen wie beispielsweise Select-Verträgen abgegeben worden waren, ist auch ohne Zustimmung von Microsoft wirksam möglich", hieß es in der Begründung. Das Verfahren, bei dem ein Microsoft-Händler gegen die Werbung von usedSoft mit gebrauchten Softwarelizenzen klagte, ging in die nächste Instanz. Das Oberlandesgericht sah die Werbung zwar auch als rechtmäßig an, betonte allerdings in seiner Begründung, dass die Rechtmäßigkeit des Verkaufs selbst nicht geprüft worden sei und man sich einer urheberrechtlichen Beurteilung enthalte.

Das interpretiert usedSoft nun so: Das OLG hat der ersten Instanz nicht widersprochen, also gilt dessen Aussage noch. Die Juristen von Microsoft sehen das anders: Das OLG sei die höhere Instanz, damit sei die Aussage des Landgerichts praktisch aufgehoben. Was allerdings auch nicht automatisch bedeutet, dass der Handel mit Volumenlizenzen verboten ist, denn dazu hat sich das OLG ja nicht geäußert.

Das Drama geht weiter

Es fehlt also nach wie vor ein abschließendes Urteil, und der Streit geht weiter. Sicherheit für alle gibt es erst dann, wenn der Bundesgerichtshof (BGH) eine Entscheidung zur Frage der Rechtmäßigkeit des Verkaufs gebrauchter Volumenlizenzen getroffen hat. Mit einem entsprechenden Urteil ist nach Schätzungen der Juristen allerdings vor 2010 oder 2011 nicht zu rechnen.

Wer gebrauchte Software ohne Risiko will, sollte sich nicht nur auf die Aussagen des Brokers verlassen, sondern die Transaktion dem Hersteller zur Prüfung vorlegen. Hat man nämlich erst mal illegale Ware installiert, nutzt es wenig, sich auf die Zusicherungen des Händlers zu berufen. Die Beweislast liegt beim Nutzer der Software. Er muss nachweisen können, dass er eine legale Kopie besitzt.

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