Untrenehmensnachfolgen begünstigt

Erbschaftsteuer – jetzt eine Familienstiftung gründen?



Renate Oettinger war Diplom-Kauffrau Dr. rer. pol. und arbeitete als freiberufliche Autorin, Lektorin und Textchefin in München. Ihre Fachbereiche waren Wirtschaft, Recht und IT. Zu ihren Kunden zählten neben den IDG-Redaktionen CIO, Computerwoche, TecChannel und ChannelPartner auch Siemens, Daimler und HypoVereinsbank sowie die Verlage Campus, Springer und Wolters Kluwer. Am 29. Januar 2021 ist Renate Oettinger verstorben.
Im Herbst wird eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Erbschaftsteuer erwartet. Im Hinblick darauf könnten Unternehmer ihre Firmennachfolge mit einer Familienstiftung sichern.

Anfang Juli 2014 wurde vor dem Bundesverfassungsgericht in mündlicher Verhandlung eine mögliche Verfassungswidrigkeit des geltenden Erbschaftsteuerrechts erörtert. Kritikpunkt der Kläger ist, dass Betriebsvermögen derzeit fast vollständig oder ganz erbschaftsteuerfrei übertragen oder vererbt werden kann, während bei der Übertragung von Privatvermögen hohe Steuerzahlungen seitens des Fiskus gefordert werden. Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts wird für Oktober 2014 erwartet, wobei Steuerexperten eine deutliche Kritik an den Begünstigungen für Unternehmensnachfolgen oder gar deren Verfassungswidrigkeit erwarten.

Wer Vermögen zu vererben hat, sollte sich professionell beraten lassen, damit er nicht mehr Steuern zahlt als notwendig.
Wer Vermögen zu vererben hat, sollte sich professionell beraten lassen, damit er nicht mehr Steuern zahlt als notwendig.
Foto: Tatjana Balzer - Fotolia.com

"Die Kritik zielt vor allem auf die Regelungen zur Übertragung von werthaltigen Unternehmen mit mehr als 20 Mitarbeitern", erläutert WW+KN-Geschäftsführer und Steuerberater Matthias Winkler. Wenn der Übernehmer oder Erbe den Betrieb fünf Jahre weiterführt und die Arbeitsplätze weitgehend erhält, kann er 85 % der Erbschaft- oder Schenkungsteuer einsparen. Darüber hinaus kann er sogar eine vollständige Erbschaft- oder Schenkungsteuerbefreiung erlangen, wenn er den Betrieb sieben Jahre fortführt und keine Arbeitsplätze abbaut. Ferner darf der Anteil von Verwaltungsvermögen im Betrieb bestimmte Grenzen nicht überschreiten und auch Entnahmen sind während der Behaltefristen im Wesentlichen nur im Rahmen der erwirtschafteten Gewinne möglich.

Einführung durch die vormalige Große Koalition im Jahr 2009

Diese für Unternehmensnachfolgen günstigen Regelungen traten zum 1. Januar 2009 in Kraft. Die damalige Große Koalition mit Bundesfinanzminister Peer Steinbrück wollte verhindern, dass Firmenerben wegen der hohen Erbschaft- und Schenkungsteuerlasten Betriebe nicht mehr fortführen können und Arbeitsplätze verloren gehen. Diese Begünstigungen waren schon von Anfang an umstritten, da zum einen politisch hier eine Besserstellung von Unternehmern gegenüber Privatleuten gesehen wurde und zum anderen viele Fachleute eine so große Privilegierung von Unternehmen für verfassungswidrig hielten. Die Bundesregierung argumentierte damals, dass eine Überprivilegierung nicht vorliege, da der Unternehmensübernehmer als Gegenleistung für die Erbschaftsteuerbefreiung die Arbeitsplätze garantieren müsse.

Die Kritik des Bundesfinanzhofs

Der Bundesfinanzhof betrachtete das neue Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht allerdings wesentlich kritischer als die Bundesregierung und führte eine ganze Reihe von verfassungsrechtlichen Problemen auf. Dies war auch der Grund, weshalb der Bundesfinanzhof das gegenwärtige Erbschaftsteuerrecht dem Bundesverfassungsgericht zur Prüfung vorlegte. Die obersten Finanzrichter monierten dabei, dass die gegenwärtige Rechtslage gegen das Gebot der Gleichbehandlung nach Artikel 3 des Grundgesetzes verstoße, da Firmenerben gegenüber Erben von Privatvermögen ohne sachliche Rechtfertigung bevorzugt würden.

Die Einschätzung von Steuer- und Verfassungsexperten

Experten erwarten auch, dass das Bundesverfassungsgericht die derzeitigen Regelungen kippen wird, da zum einen nicht erwiesen sei, dass die Erbschaft- und Schenkungsteuer Arbeitsplätze oder Unternehmen gefährden oder gar Unternehmensinsolvenzen auslösen würde. Ferner ist aus Expertensicht auch nicht sicher, dass im Falle eines Unternehmensverkaufs zur Begleichung von anfallenden Erbschaftsteuerzahlungen zwingend Arbeitsplätze verloren gehen würden. Zudem sehen auch Experten die vom Bundesfinanzhof geäußerte Möglichkeit, dass Privatvermögen relativ einfach in begünstigtes Betriebsvermögen umgewandelt werden kann. Hier hat der Gesetzgeber mit Abschaffung der sogenannten "Cash GmbH" zwar bereits reagiert, aber trotzdem gibt es nach vor Ansätze für Umgehungen.

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