Digitalisierungs-Trend 2017

Firmen nehmen den Kunden mit Smart Data in den Fokus

16.01.2017
Von Hagen Rickmann
Blicken wir in die Glaskugel: 2017 schafft die Digitalisierung im Mittelstand den Durchbruch. Der Kunde rückt noch stärker in den Fokus. Und die Unternehmen machen den Return on Digitalisierung - die Digitalverzinsung - zum Prüfstein ihrer Transformationsprojekte.
2017 rückt bei der Digitalisierung der Kunde in den Fokus.
2017 rückt bei der Digitalisierung der Kunde in den Fokus.
Foto: Montri Nipitvittaya - shutterstock.com

Kein Tag vergeht ohne Statements aus Politik und Wirtschaft zur Herausforderung Digitalisierung. Auch beim Motor der deutschen Wirtschaft - dem Mittelstand - ist das Thema längst angekommen, denn er ist ein echter Chancenverwerter. Das zeigt unter anderem der Digitalisierungsindex Mittelstand, eine repräsentative Studie von Telekom und techconsult. Fast drei Viertel der befragten Firmen halten die digitale Transformation für bedeutend - für das eigene Unternehmen und die eigene Branche. Digitale Aufbruchstimmung spiegelt auch die Commerzbank Mittelstandsumfrage aus dem Frühjahr 2016 wider: Demnach optimieren bereits fast zwei Drittel der befragten Unternehmen mit der Digitalisierung ihr Angebot.

Digitalisierung muss sich rechnen

Eines ist klar: Der Mittelstand hat im globalen Wettbewerb keinen Euro zu verschenken, Investitionen müssen sich von Anfang an rechnen. Einem Trend blind hinterherzulaufen, ist nicht der Stil von Firmen, die seit Jahrzehnten erfolgreich sind. Auch die Digitalisierung ist kein Selbstzweck. Jedes Transformationsprojekt muss einen messbaren Mehrwert bringen. Wichtiger Trend für 2017 ist daher der Return on Digitalisierung: Die digitale Verzinsung entscheidet also 2017 über die Stoßrichtung und das Tempo der Transformation.

Im Mittelpunkt: Customer Journey

Der zweite Trend hat mit dem Return on Digitalisierung eng zu tun: Der Mittelstand fokussiert sich auf all jene Vorhaben, die auf den Kunden abzielen. Genauer: mit denen sich neue Kunden gewinnen und bestehende Kunden halten lassen. Auf Neudeutsch: auf die Customer Journey. Nicht ganz einfach in gesättigten Märkten und in einer Welt, in der Produkt- und Dienstleistungsloyalität nicht mehr viel zählen.

Hagen Rickmann, Geschäftsführer Geschäftskunden bei der Telekom Deutschland, zeigt Digitalisierungs-Trends 2017 auf.
Hagen Rickmann, Geschäftsführer Geschäftskunden bei der Telekom Deutschland, zeigt Digitalisierungs-Trends 2017 auf.
Foto: T-Systems

Den Kunden in den Mittelpunkt rücken: Das ist die wahre Stärke der Digitalisierung und macht den Unterschied zu den übrigen Innovationswellen, die sich im Wesentlichen auf schlanke Prozesse und größere Produktivität konzentrierten. Kundenfokussierung ist auch der Kern des Erfolgs disruptiver Geschäftsmodelle in tradierten Branchen: Uber im Taxigewerbe, Airbnb im Hotelsektor oder Facebook im Internet- und Big-Data-Geschäft: Sie alle haben sich genau angeschaut, was sie selbst als Kunden vermissen oder wie sie gern mit anderen Menschen kommunizieren würden. Auch der Mittelstand wird seine digitalen Anstrengungen dort verstärken, wo er seinen Kunden einen Mehrwert bieten kann.

Das fängt bei kleinen und mittleren Firmen bei ganz kleinen Dingen an. So hatten 2016 erst 70 Prozent der Unternehmen eine eigene Webseite. Laut Bitkom verkaufen vier von fünf Unternehmen (82 Prozent) ihre Produkte oder Dienstleistungen über das Internet, doch nur jedes dritte Unternehmen (36 Prozent) betreibt einen eigenen Webshop. Da ist noch Luft nach oben. Warum soll ein Handwerker aus Bayern mit einem Webshop seine Erzeugnisse nicht in ganz Deutschland oder darüber hinaus vertreiben? Was spricht dagegen, dass der Friseurladen um die Ecke seine Montagsrabatte über eine eigene Webseite in der ganzen Stadt publik macht? Entsprechende Lösungen kosten nicht viel, bringen aber neue und treuere Kunden - und den Firmen damit mehr Umsatz.

Vernetzung fördert Kundenbeziehung

Und die spezialisierten Industrieunternehmen und Maschinenbauer? Sie können ihre ausgelieferten Maschinen zum Beispiel im ersten Schritt mit überschaubarem Invest vernetzen, ihren Service damit verbessern - und dann auch noch Geld sparen. Predictive Maintenance, die vorausschauende Wartung auf der Grundlage von Sensordaten der Maschinen, ist das Zauberwort und bietet einen hohen Return on Digitalisierung. Das US-Department of Energy (DOE) geht davon aus, dass sich so die Wartungskosten um 30 Prozent verringern und die Produktion um 25 Prozent steigern lassen. In einer Studie von Sintec gaben 68 Prozent der Befragten an, sie hätten mit intelligenten Services die Kundenzufriedenheit verbessert und 57 Prozent konnten Lieferzeiten verkürzen - womit sich neue Kunden gewinnen lassen.

Sensoren liefern nicht nur Maschinen- und Produktdaten, sie bieten auch einen umfassenden Einblick in das Verhalten und die Wünsche der Kunden. 2017 werden die Unternehmen daher noch stärker als zuvor die Interaktion mit dem Kunden unter die Lupe nehmen - und dies über verschiedene Kanäle hinweg, sei es via Twitter, Facebook, E-Mail, per App oder die eigene Webseite. Aus der Fülle dieser quantitativen und qualitativen Daten ziehen sie wertvolle Schlüsse für die Weiterentwicklung ihrer Produkte und Services, die sie noch genauer auf die Kundenbedürfnisse zuschneiden können. Der Return on Digitalisierung: Die Firmen gewinnen neue Kunden und steigern die Kundentreue der vorhandenen. 2017 hat daher gute Chancen, sich zum Jahr von Smart Data zu entwickeln.

Der Wille zur Transformation ist da, doch noch besteht Unsicherheit, welche ersten Schritte die Firmen gehen und wie sie bei wohl kalkuliertem Invest die Chancen der Digitalisierung testen können. Deshalb sollten wir 2017 das digitale Coaching verstärken. Wie wäre es zum Beispiel mit einer gemeinsamen Plattform, über die sich Start-ups, Mittelständler und Konzerne austauschen und voneinander lernen - und so die Politik dabei unterstützen, Europa zum Motor der Digitalisierung zu machen?

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