Flachbildschirme und die WM: zwischen Euphorie und Frustration

26.06.2006

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Philips GmbH Geschäftsführung Herrn Hans-Joachim Kamp Postfach 100229 20001 Hamburg

München, 26.06.2006

Flachbildschirme und die WM: zwischen Euphorie und Frustration

Sehr geehrter Herr Kamp,

nachdem die Niederlande bei der Fußball-WM vorzeitig ausgeschieden sind, fragt man sich: Was sagt der deutsche Geschäftsführer des niederländischen Unternehmens Philips eigentlich dazu? Vielleicht sagt er nichts. Denn vielleicht ist das einzige, was ihn an der Fußball-WM interessiert, die Frage: Wie wirkt sich dieses Großereignis auf unseren Absatz von LCD- und Plasma-TVs aus?

Tja, wie wirkt sich die Fußball-WM auf den TV-Absatz aus? Ich habe folgenden Eindruck: Man fragt drei Anbieter und erhält vier unterschiedliche Antworten. Bei dem einen - wie zum Beispiel Philips - hat die WM angeblich für einen sagenhaften TV-Absatzschub gesorgt, bei dem anderen ist die WM in Bezug auf den Absatz ein Flop. Man kann sich aussuchen, wem man glauben will. Sicher ist: Zumindest im ersten Quartal dieses Jahres ist der Gesamtabsatz von TV-Geräten (inklusive Röhrengeräte) in Deutschland sogar um 3,8 Prozent zurückgegangen (Quelle: GfK). Bereits im vergangenen Jahr lag der Gesamtabsatz um 1,9 Prozent unter dem Vorjahr.

Die Financial Times Deutschland brachte zu dem Thema einen Artikel mit der Überschrift: "WM enttäuscht TV-Hersteller". Darin heißt es unter anderem:

"Wachsende Sorgen vor einer Absatzflaute bei Flachbildschirmen haben die Aktienkurse mehrerer Hersteller um bis zu 13 Prozent einbrechen lassen. Da die Verkäufe von LCD- und Plasma-TV im Vorfeld der Fußballweltmeisterschaft hinter den Erwartungen zurückgeblieben sind, gibt es kurzfristig ein Überangebot am Markt."

Experten erwarten jetzt, dass diese Überkapazitäten sowie die sinkende Auslastung der Werke den Preisverfall weiter beschleunigen werden.

Als ob das nicht schon schlechte Nachrichten genug für die Anbieter von Flachbildschirmen wären. Dann veröffentlichte das Nachrichtenmagazin Der Spiegel (24/06) auch noch einen zweiseitigen Artikel mit der Headline "Es lebe die Röhre!" Glaubt man diesem Beitrag, dann stehen oder hängen in den deutschen Wohnzimmern hundertausende flache TV-Investitionsruinen. Diese sehen zwar schick aus, bieten aber ein miserables Bild und auch einen schlechteren Ton (besonders nervig: brummendes Netzteil) als die klassischen Röhrenfernseher. Der Grund für die unbefriedigende Bildqualität: Rund 80 Prozent der deutschen Haushalte empfangen ihre TV-Lieblingssendungen noch über einen analogen Anschluss und über den PAL-Standard. Bis die TV-Anstalten ihre Programme in HDTV ausstrahlen, muss man sich gedulden: Das ZDF will frühestens zu den Olympischen Spielen 2008 damit starten, die ARD sogar erst zwei Jahre später.

Frust und Enttäuschung also anscheinend bei vielen Käufern von Flachbildschirmen. Man fühlt sich hereingelegt: Von der Industrie, die dem Konsumenten ein völlig neues Fernseherlebnis versprochen hat, und natürlich auch vom Verkäufer seines Vertrauens, der einen - aus Unwissenheit oder Ignoranz - nicht auf die erforderlichen technischen beziehungsweise infrastrukturellen Voraussetzungen hingewiesen hat.

Ich als typischer deutscher Verbraucher bin jedenfalls erstens froh, dass ich mir bisher noch keinen LCD- oder Plasma-Fernseher zugelegt habe und bin zweitens entschlossen, mit einem möglichen Kauf noch so lange zu warten, bis die ganze Sache wirklich stabil läuft. Bis dahin genieße ich die Fußball-WM auf meiner alten Röhre.

Mit freundlichen Grüßen

Damian Sicking

PS: Unsere Schwesterpublikation CE-Business hat übrigens eine Umfrage bei Industrie und Handel zu diesem Thema durchgeführt. Die Ergebnisse werden im aktuellen Heft veröffentlicht. CE-Business liegt einer Teilauflage von ComputerPartner bei, Bestellungen sind über die Website www.ce-business.de möglich.

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