Flugzeugorder bei Airbus und Boeing in Gefahr - WSJ

25.06.2008
NEW YORK (Dow Jones)--Hohe Kerosinpreise veranlassen immer mehr Fluglinien zur Streichung von Flügen und zur Stilllegung von Maschinen. Dies wird möglicherweise Folgen für die Flugzeughersteller haben, schreibt das "Wall Street Journal" (WSJ - Mittwochausgabe). Bis zu einem Drittel der Bestellungen bei der EADS-Tochter Airbus sowie bei dem US-Wettbewerber Boeing könnte verschoben oder gar storniert werden.

NEW YORK (Dow Jones)--Hohe Kerosinpreise veranlassen immer mehr Fluglinien zur Streichung von Flügen und zur Stilllegung von Maschinen. Dies wird möglicherweise Folgen für die Flugzeughersteller haben, schreibt das "Wall Street Journal" (WSJ - Mittwochausgabe). Bis zu einem Drittel der Bestellungen bei der EADS-Tochter Airbus sowie bei dem US-Wettbewerber Boeing könnte verschoben oder gar storniert werden.

In den vergangenen drei Jahren haben die beiden Konzerne - vor allem dank lebhafter Nachfrage von Airlines außerhalb der USA - Aufträge für nahezu 7.000 Flugzeuge hereingeholt. Und beide Hersteller sind nach eigenen Angaben für die kommenden drei Jahren weitgehend ausverkauft und halten entsprechend an Plänen fest, die Produktion zwecks Deckung der Nachfrage auszubauen.

Inzwischen haben sich allerdings die Rahmenbedingungen geändert. Vor allem die hohen Ölpreise machen der Branche zu schaffen. So bereiten laut "WSJ" einige Fluglinien die Verschiebung bzw die Stornierung von Aufträgen vor. Andere Anbieter gingen ähnlich vor wie nach den Terroranschlägen am 11. September 2001: Sie mustern spritschluckende Flugzeuge aus und verkaufen neuere Jets gegen Bares an Leasinggesellschaften, um sie dann auf Monatsbasis zurückzumieten.

Gemessen am Listenpreis beträgt das Volumen der Aufträge für Airbus und Boeing Co mehr als 500 Mrd USD. Somit könnten sich umfangreiche Orderverschiebungen oder -stornierungen laut der Zeitung schnell auf zweistellige Milliarden-Dollar-Beträge belaufen. Betroffen wären nicht nur die Hersteller selbst, sondern auch deren Zulieferer.

Boeing und Airbus verweisen zwar darauf, dass sie eine breite Kundenbasis haben und somit weniger anfällig für regionale wirtschaftliche Schwierigkeiten seien. Gleichzeitig räumen sie jedoch ein, dass sie nahezu täglich mit Airlines über die Aufhebung von Aufträgen oder die Verschiebungen diskutierten. Diese Gespräche würden derzeit vor allem mit US-Fluglinien geführt. Inzwischen bekämen allerdings die Airlines weltweit Probleme.

Wenn eine Fluggesellschaft Bargeld brauche, stehe alles zur Disposition, sagte Steven Udvar-Hazy, Chairman und Gründer der Leasingfirma International Lease Finance Corp. Sie ist eine Tochter der American International Group Inc und einer der größten Kunden der Flugzeughersteller. Sollten die Ölpreise weiter steigen, so seien 25% bis 30% der Aufträge von Boeing und Airbus in Gefahr, schätze Udvar-Hazy.

Bei einem Ölpreis von mehr als 135 USD je Barrel sehen nicht nur einige Analysten, sondern auch die Flugzeugbauer selbst nun ein sich veränderndes Umfeld. Douglas Runte, Airline-Experte bei RBS Greenwich Capital, geht davon aus, dass bei einem Ölpreis von 135 USD die Geschäftsmodelle vieler Airline weltweit keinen Bestand mehr haben.

Die Fluggesellschaften - speziell die großen US-Anbieter, die den finanziellen Problemen nach den Anschlägen 2001 standgehalten haben - steckten nun in der Zwickmühle. Einerseits könnten sie es sich nicht leisten, weiterhin die alten "Spritfresser" einzusetzen, andererseits könnten sie sich Neuanschaffungen aber ebensowenig leisten. Allerdings könnten sie, nachdem sie die dringend notwendigen Käufe neuer Maschinen viele Jahre aufgeschoben haben, nun auch nicht länger damit warten.

John Leahy, Chief Operating Officer für Kunden von Airbus, sieht den Großteil der Order gesichert, solange Businesskunden die Flugzeuge füllen. Allerdings gebe es dafür bei steigenden Ölpreisen keine Gewähr. Seiner Einschätzung nach müsste der Ölpreis über 150 USD steigen, um eine weltweite Rezession auszulösen, die dann auch einen Rückgang des Aufkommens an Business-Class-Passagieren zur Folge haben könnte. Sollte dies eintreten, dann müssten sich die Airlines ihre Flugzeuge auf jeden Fall "näher anschauen". Bei Boeing habe es bisher keine Stornierungen gegeben, wird Scott Carson, President der Boeing Commercial Airplanes, von der Zeitung zitiert. Allerdings habe eine Reihe von Unternehmen um die Verschiebung für 2008 geplanter Auslieferungen gebeten. Die Anhebung der Ticketpreise habe den Anstieg der Ölpreise nicht wettmachen können, fügte er hinzu.

Ein Gutes gewinnen die Flugzeughersteller der Lage dennoch ab. Nachdem die Nachfrage nach treibstoffsparenden Modellen auf ein Rekordhoch gestiegen ist, ließen Orderverschiebungen ihnen mehr Luft im derzeit überbuchten Produktionsablauf, hieß es.

Gleichzeitig nutzten allerdings einige Airlines diese Situation für sich, und versuchten schneller an modernere Flugzeuge zu kommen. Das Blatt nennt hier die AMR-Tochter American Airlines. Sie habe Eile beim Ersatz eines Teils ihrer Flotte von 300-MD-80-Maschinen durch neue Boeing 737, die rund 25% günstiger im Betrieb seien. Zudem habe die Fluglinie signalisiert, dass sie schneller als geplant neue Maschinen einsetzen wolle.

Continental Airlines und US Airways Group wollen den Angaben zufolge an ihren recht umfangreichen Bestellungen festhalten. Dafür rückten andere US-Airlines, wie die Billiganbieter JetBlue und AirTran Airways, von ihren einst ehrgeizigen Plänen ab. Und selbst die derzeit finanziell am gesündesten dastehende US-Fluglinie, Southwest Airlines, schraube ihre Vorhaben zurück und verschiebe die Optionen auf einige Maschinen. In diesem Jahr würden noch alle 29 bestellten Flugzeuge übernommen, im kommenden Jahr sollen es dann aber nur 14 sein. Eine ähnliche Zahl sei für die Jahre nach 2009 geplant.

Delta hatte vor kurzem angekündigt, dass sie von 36 Boeing 737, für die ein Festauftrag vorlag, 34 an Dritte verkauft worden seien. Auf diese Weise habe sie die Investionen zwischen 2008 und 2010 um 1,4 Mrd USD drücken können, begründete die Gesellschaft den Schritt. Allerdings sei die Entscheidung zu einer Zeit getroffen worden, da der Konzern noch unter Gläubigerschutz stand, und nicht aufgrund des aktuellen wirtschaftlichen Umfelds, sagte eine Delta-Sprecherin.

Webseiten: http://www.wsj.com/ - Von J. Lynn Lunsford und Susan Carey, Wall Street Journal, +49 (0)69-29725103, unternehmen.de@dowjones.com DJG/DJN/bam/kla

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