FOKUS: Telekomfirmen gliedern Netze aus - O2 könnte folgen

22.06.2007
Von Stefan Paul Mechnig

Von Stefan Paul Mechnig

Dow Jones Newswires

DÜSSELDORF (Dow Jones)--Vor vier Monaten hat E-Plus als erster Telekomanbieter in Deutschland sein Netz ausgegliedert und ist damit einer Entwicklung im Ausland gefolgt. Nun könnte der Konkurrent O2 mit dem angekündigten Chefwechsel einen ähnlichen Weg beschreiten. Der neue Mann, ein Finanzexperte, dürfte stärker an der Kostenschraube drehen, vermuten Analysten. Auch Netzausrüster wie Alcatel-Lucent oder Ericsson glauben, dass in der Branche weitere Outsourcing-Schritte folgen. Experten rechnen sogar mit dem Entstehen von Netzgesellschaften, die Infrastruktur übergreifend für verschiedene Telefonfirmen betreuen.

"Ich glaube, dass auch O2 sein Netz und seine IT outsourcen wird", sagt Analyst Frank Rothauge vom Bankhaus Sal. Oppenheim. Die Zahlen des ersten Quartals zeigten Handlungsbedarf - der Umsatz mit Mobilfunkdiensten war erstmals und dann gleich um 5% rückläufig. Grund sind Entwicklungen, die die gesamte Branche betreffen und unter Kostendruck setzen: Der Verfall der Mobilfunkpreise und das Wegbrechen der einst hohen Terminierungsentgelte. Das sind Zahlungen, die an die Unternehmen für die Annahme von Telefonaten etwa aus dem Festnetz fließen; bislang eine sichere Erlösquelle. Hinzu kommt, dass die Mobilfunker demnächst auch deutlich weniger Einnahmen aus den sinkenden Roaminggebühren für Gespräche aus dem Ausland erhalten.

International haben schon einige Mobilfunk-, aber auch Festnetzunternehmen die zumindest teilweise Auslagerung von Netzbetrieb und -wartung vorgemacht. Anbietern wie der schwedisch-finnischen TeliaSonera, der Telemar aus Brasilien und der Telecom New Zealand sei es so gelungen, ihre Kosten um 20% bis 30% zu senken, sagt Hagen Götz Hastenteufel von der Unternehmensberatung A.T. Kearney. Im Moment lägen die direkten und indirekten Kosten für die Netze noch bei 40% bis 60%. "Dieser Bereich bietet noch weitreichendes Optimierungspotenzial", meint der Experte.

Doch nicht nur bei den laufenden Kosten kann nach Hastenteufels Ansicht gespart werden. Wenn wie im Falle E-Plus der Netzausrüster Alcatel-Lucent auch für Neu- und Ersatzinvestitionen sorge, winke den Mobilfunkern außerdem ein höherer Cash-Flow. Ferner könne das Management verschlankt werden.

"Insgesamt sind die positiven Auswirkungen auf ein Unternehmen enorm", betont der Berater. Bei E-Plus ist man mit der Entwicklung bislang sehr zufrieden. Die Düsseldorfer erwarten dem Vernehmen nach binnen drei Jahren Einsparungen von mehr als 100 Mio EUR. Bereits zuvor hatten sie ihre IT und die Call-Center ausgelagert.

Das jüngste Outsourcing-Beispiel liefert die E-Plus-Mutter KPN: Der niederländische Konzern vergab Anfang Juni die Wartung seines Netzes für fünf Jahre an Ericsson, den weltgrößten Hersteller von Mobilfunkinfrastruktur. Dort rechnet man damit, dass in den nächsten ein bis zwei Jahren noch weitere Netzbetreiber outsourcen werden.

"Wir haben auch unser Geschäft in Deutschland darauf ausgerichtet", sagt ein Firmensprecher. Es gebe ein generelles Interesse in der Branche an dem Thema. Allerdings seien die Vorstellungen der Mobilfunkanbieter, welche Komponenten für Ausgliederungen in Frage kämen, sehr unterschiedlich.

Noch deutlicher äußert sich Alcatel-Lucent. "Ich bin überzeugt, E-Plus war ein Startschuss auch für andere Netzbetreiber, ein Netzwerk-Outsourcing ernsthaft in Betracht zu ziehen", sagt Vize-Deutschlandchef Alf Henryk Wulf. "Vielleicht ergibt sich in diesem Jahr sogar noch ein weiterer Outsourcing-Vertrag." Ein Sprecher von O2 sagt zwar, es gebe keinen entsprechenden Pläne. Doch der bisherige Geschäftsführer Rudolf Gröger, unter dessen Regie nach Ansicht von Analyst Rothauge auch der Vermarktungsstart von Kombi-Produkten aus DSL und Handy schief ging, hatte vor einigen Monaten erklärt, dass eine Ausgliederung geprüft werde.

Auf jeden Fall will der Münchener Mobilfunker kräftig sparen. Vor diesem Hintergrund kommt nun mit Jaime Smith Basterra ein Manager auf den Chefsessel, der Finanzvorstand der Konzernmutter Telefonica in Spanien war und zuletzt als Tschechien-Chef nicht nur einen Festnetzanbieter mit einem Mobilfunker zusammenführte, sondern auch deutlich die Kosten herunterfuhr.

Auf Kostensenkung setzen hier zu Lande auch die Platzhirsche T-Mobile und Vodafone, doch denken sie nicht an eine Abgabe ihrer Netze, auf deren Qualität sie besonders viel Wert legen. "Outsourcing ist eher sinnvoll für die Nummer drei und vier am Markt", meint denn auch Oppenheim-Analyst Rothauge.

Nach Ansicht von A.T.Kearney bildet der E-Plus-Deal mit Alcatel-Lucent möglicherweise sogar den Auftakt einer ganz neuen Entwicklung. Berater Hastenteufel: "Es ist davon auszugehen, dass in den nächsten drei Jahren Gesellschaften entstehen, die Netze übergreifend für konkurrierende Telekommunikationsgesellschaften warten, betreiben und weiter ausbauen."

Webseiten: http://www.eplus.de

http://www.o2.com

http://www.alcatel-lucent.com

http://www.ericsson.com

http://www.atkearney.de

- Von Stefan Paul Mechnig, Dow Jones Newswires, ++ 49 (0) 211 - 13 87 213,

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