Ganswindt gibt im Siemens-Skandal Kenntnisse über Korruption zu

20.12.2006
Der ehemalige Siemens-Vorstand Thomas Ganswindt hat nach Informationen der "Süddeutschen Zeitung" vergangene Woche gegenüber der Staatsanwaltschaft in München zugegeben, ab einem bestimmten Zeitpunkt generell von Schmiergeldvorgängen im Unternehmen gewusst zu haben.

Über das Ausmaß der Korruption habe er aber nicht Bescheid gewusst, auch über Details sei er nicht im Bilde gewesen. Das meldet das Blatt in seiner Mittwochausgabe.

Ganswindt war am Montag vergangener Woche festgenommen worden und sitzt seitdem in Landsberg am Lech in Untersuchungshaft, wie es hieß. Der Manager, der Siemens erst Ende September verlassen hatte, sei mittlerweile offenbar zu einer umfassenden Aussage bereit. Vergangene Woche habe er nur wenige Angaben gemacht und dabei eingeräumt, er sei Anfang 2004 von einem Kaufmann aus dem Kommunikations-Bereich (Com) allgemein über Schmiergeldvorgänge unterrichtet worden. Auf diese Weise habe er erfahren, dass im Unternehmen Mittel für solche Zwecke in schwarze Kassen geleitet worden seien.

Die Staatsanwaltschaft beschuldigt etwa ein Dutzend aktive und ehemalige Siemens-Mitarbeiter, ein System schwarzer Kassen aufgebaut zu haben. Insgesamt seien nach bisherigem Ermittlungsstand rund 200 Millionen Euro veruntreut und zur Zahlung von Schmiergeldern für Auslandsaufträge eingesetzt worden. Siemens geht sogar von verdächtigen Zahlungen in Höhe von 420 Millionen Euro aus. Die Staatsanwaltschaft will im Laufe dieser Woche über den Stand der Ermittlungen informieren.

Ganswindt ist der erste Manager aus der obersten Führungsetage bei Siemens, der Kenntnisse von Korruptionsvorgängen eingeräumt hat. Er war 2002 in den Vorstand und 2004 dann in den Zentralvorstand aufgerückt, den innersten Machtzirkel des Konzerns. Von ihm erhoffe sich die Staatsanwaltschaft Aufschluss darüber, ob auch andere Vorstände über schwarze Kassen und Schmiergeldpraktiken informiert waren. Vor seiner Verhaftung war Ganswindt vom langjährigen Siemens-Kaufmann Reinhard S. nach den Angaben schwer belastet worden.

S. habe gestanden, zum Zwecke von Schmiergeldzahlungen schwarze Kassen in der Schweiz und in Liechtenstein installiert zu haben. S. habe ausgesagt, er habe Anfang 2004 den damals im Vorstand für den Telekommunikationsbereich zuständigen Ganswindt aufgesucht und diesem mitgeteilt, man müsse die intern als "Provisionszahlungen" bezeichneten Bestechungen deutlich reduzieren, weil es sonst strafrechtliche Probleme geben könnte. Ganswindt habe ihm zugesagt, auf seine Mitarbeiter im Vertrieb entsprechend einzuwirken. S. habe weiter ausgesagt, er habe dem Vorstand auf dessen Frage mitgeteilt, dass beispielsweise 15 Millionen Euro im Jahr nach Griechenland gingen, zehn Millionen Euro in die GUS-Staaten und zehn Millionen Euro nach Nigeria. (dpa/tc)

Zur Startseite