Das Internet der Dinge bietet Chancen für den Mittelstand

Goldgräber sind guter Dinge

Vice President und General Manager Dell Deutschland
Die Pionierphase des Internet der Dinge ist zu Ende. Überall arbeiten Unternehmen an Szenarien für die wirtschaftliche Nutzung. Die Herausforderungen sind dabei nicht gering, aber gerade das verschafft Unternehmen mit spezifischem Know-how Möglichkeiten, sich produktiv einzubringen.
 
  • Maschinen per IoT überwachen
  • neue, nutzungsbezogene Vertriebsmodelle
  • gute Chancen für VARs und Systemintegratoren
  • 2020 ein Marktvolumen von 1,9 Billionen Dollar

Eine brandneue Erfindung ist das Internet der Dinge (IoT) nicht gerade. Als Begriff für die Vernetzung physischer Objekte über die Kommunikations-Infrastruktur des Webs wurde das IoT schon zur Jahrtausendwende geprägt. Seither haben allerdings andere Innovationen den Gang der Dinge mehr bewegt, so etwa Cloud Computing oder das Thema Mobility.

Das IoT blieb lange Zeit vor allem die Sphäre von Visionen und Pilotprojekten, zum Beispiel mit dem mitt-lerweile fast schon legendär gewordenen autonom bestellenden Kühlschrank.

Jetzt aber hat das IoT deutlich an Fahrt aufgenommen. Die Pionierphase dieser Technologie ist definitiv zu Ende, und wir stehen in der Übernahme der Vision in produktive Anwendungen - eine spannende Zeit für Technologieunternehmen. Überall werden jetzt Szenarien entwickelt, wie man das IoT wirtschaftlich nutzen kann.

IoT à la Dell: Der Edge Gateway 500
IoT à la Dell: Der Edge Gateway 500
Foto: Dell

Dabei zeichnet sich ab, dass alle Branchen betroffen sind, sei es Industrie, Handel, Automotive, Energie, Verwaltung, Bildung, Gesundheitswesen oder auch die Landwirtschaft. Große IT-Unternehmen arbeiten an konkreten Anwendungen oder an Infrastruktur-Lösungen für das Internet der Dinge.

So hat beispielsweise Intel eine spezielle Internet of Things Solutions Group gegründet und betreibt gemeinsam mit uns bereits zwei spezielle Internet of ThingsSolutions Labs, in denen es ausschließlich darum geht, gemeinsam mit Kunden IoT-Lösungen zu entwickeln und zu testen.

Trotz aller Euphorie, die den Markt derzeit beflügelt - manche sprechen schon von einer regelrechten "Goldgräberstimmung" , sollte man dennoch einige Herausforderungen im Auge behalten. Das Internet der Dinge ist zwar in der Praxis angekommen, aber noch lange nicht "fertig".

Legacy-Objekte

Die überwiegende Zahl der für das IoT in Frage kommenden Objekte wurde nicht für die Verbindung zum Internet entwickelt - die meisten Heizungen und Kühlschränke sind eben nicht IP-fähig. Ein direkter Austausch würde an den immensen Kosten scheitern, ein indirekter durch Ersatzbeschaffung am Ende des Produktlebenszyklus würde die Nutzung des IoT für Jahrzehnte hinausschieben. Daher müssen Lösungen gefunden werden, die diese technische Kluft überbrücken und es erlauben, auch "alte Dinge" ins IoT zu integrieren.

Energy Harvesting

Sensoren und Aktoren müssen oft in Umgebungen betrieben werden, in denen keine Stromversorgung zur Verfügung steht. Batterien oder Akkus sind für die oft mehrmonatigen Betriebszeiten häufig nicht ausreichend, und jeder Austausch ist ein teurer Wartungseinsatz, der eigentlich nicht zum IoT-Konzept passt.

Mittlerweile werden spezielle Verfahren für sehr niedrigen Stromverbrauch entwickelt; demgegenüber setzt "Energy Harvesting" nicht am Verbrauch an, sondern lässt die Objekte im Betrieb selbstständig Strom nachladen. Energy Harvesting wird die Nutzungsmöglichkeiten von IoT erheblich erweitern und ganz neue Einsatz-Szenarien entstehen lassen.

Standardisierung

Viele Unternehmen arbeiten noch mit proprietären Spezifikationen am IoT, was aber dem Grundgedanken eines Internet der Dinge wi-derspricht. Fehlende gemeinsame Standards können zu einem Verlust von 40 Prozent potenziellen Mehrwerts führen. Hier muss die Industrie dringend nachlegen, denn es hat sich in der IT-Geschichte immer wieder gezeigt, dass das Potential eines Marktes erst dann richtig genutzt werden kann, wenn es Standards gibt. 2016 könnte das kritische Jahr für den Aufbau einer breiten IoT-Interoperabilität sein. Gelingt das nicht, dürfte das IoT empfindlich zurückgeworfen werden.

Sicherheit

Eine der größten Herausforderungen im IoT ist die Sicherheit. Da die üblichen Sicherheits-Techniken wie Firewalls, VPNs oder Verschlüs-selung nicht ohne weiteres auf die IoT-Welt übertragen werden kön-nen, sind die Anbieter gefordert, für IoT-spezifische Security-Lösungen zu sorgen und neue Konzepte zu entwickeln. An "Security by Design" führt dabei kein Weg vorbei: Alle Komponenten im IoT - vom Sensor bis zur IoT-Plattform - müssen von Anbeginn auf höchste Sicherheit hin konstruiert werden. Während in Bezug auf die Sicherheit also einerseits noch großer Nachholbedarf besteht, birgt das Thema für die entsprechenden Experten auch ein riesiges Potential.

Das Potenzial des IoT

Die Analysten von Gartner sehen beim Thema IoT schon für 2020 ein Marktvolumen von 1,9 Billionen Dollar - und zwar deutsche, keine amerikanischen Billionen. McKinsey kommt für 2025 sogar schon auf weltweit bis zu elf Billionen Dollar.

Solche Zahlen sind natürlich auch Spekulationen. Wichtiger ist, dass rund um IoT ein spezielles Eco-System entsteht, in dem zum einen vertikale Spezialisten Know-how aus Prozesstechnik oder Maschinensteuerung einbringen, während andere Experten sich horizontal um den Aufbau einer IoT-Infrastruktur mit Kommunikationsschnittstellen, Funksystemen oder Gateways kümmern.

Gerade für Unternehmen aus dem Mittelstand, für VARs und Systemintegratoren bieten sich an unterschiedlichen Stellen Gelegenheiten, sich mit ihrem Know-how und ihrer Erfahrung in dieses zentrale Thema einzuklinken.

Das IoT wird zudem auch ganz neue Geschäftsmodelle schaffen; zum Beispiel, um Maschinen per IoT zu überwachen, die vor Ort im Einsatz sind. Hersteller von industriellen Anlagen können ihr Geschäftsmodell so um Dienstleistungen für proaktive Wartung erweitern.

Wenn Sensordaten den Hersteller in Echtzeit informieren, wie intensiv Anlagen oder Maschinen verwendet werden, so werden dadurch außerdem neue, nutzungsbezogene Vertriebsmodelle möglich. Durch genauere Informationen über das Verhalten von Maschinen im realen Betrieb kann wiederum die Entwicklung von Nachfolgemodellen optimiert werden. Das alles sind natürlich zugleich Wettbewerbsfaktoren im Kampf um das beste Kundenerlebnis. Wer sich hier rechtzeitig positioniert, kann tatsächlich guter Dinge sein. (rw)

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