Sekunden entscheiden

Gut ankommen - wenn es darauf ankommt

29.04.2008
Ingo Vogel ist Verkaufstrainer und Experte für emotionales Verkaufen. Er ist unter anderem Autor der Bücher "Top-Emotional Selling – Die 7 Geheimnisse der Spitzenverkäufer", "Das Lust-Prinzip: Emotionen als Karrierefaktor" und "Verkaufs einfach emotional: So begeistern Sie Ihre Kunden".
Wie gut sie bei einem ersten Kundentermin ankommen, entscheidet sich innerhalb der ersten Sekunden und hängt unter anderem von ihrer Ausstrahlung ab - und die können sie beeinflussen.

Verkäufer Mayer hat sich bestens auf den Termin bei Chefeinkäufer Stahl vom Konzern Global vorbereitet, denn er weiß: Vom Verlauf des Gesprächs hängt mein Umsatz und meine Provision ab. Systematisch listet er im Vorfeld alle möglichen Einwände des Einkäufers auf und überlegte sich passende Gegenargumente. Schließlich gilt Stahl als harter Verhandlungspartner. Selbst den Stau auf der Autobahn plant Mayer ein, so dass er pünktlich vor Stahls Bürotür steht. Doch kaum hat er dessen Büro betreten, spürt er: "Irgendwie stimmt die Chemie nicht; ich finde keinen Draht zu Stahl." Und auch über dessen Vorschlag gegen Ende des Gesprächs, Müller solle ihm ein detailliertes Angebot unterbreiten, kann sich der erfahrene Verkäufer nicht freuen, denn er weiß: Das sagt Stahl nur, um mich los zu werden. Den Auftrag bekomme ich mit Sicherheit nicht.

Anders ergeht es am gleichen Tag Mayers Wettbewerber Herrn Müller. Einkäufer Stahl schaute zwar zunächst auch recht mürrisch, als der Verkäufer sein Büro betrat. Doch schon wenige Augenblicke später sind Müller und Stahl in ein intensives Gespräch darüber vertieft, wie hektisch der Arbeitsalltag in den letzten Jahren wurde und wie wenig Planungssicherheit noch besteht. Und einige Minuten später erläutert Stahl Müller detailliert, vor welchen Herausforderungen sein Unternehmen steht und welche Anforderungen es folglich an seine Lieferanten stellt, bevor er schließlich Müller bittet, ihm ein detailliertes Angebot zu unterbreiten. Und Müller reibt sich, als er wieder im Auto sitzt, die Hände. Denn er weiß: Den Auftrag habe ich so gut wie in der Tasche.

Erfolgsfaktor Ausstrahlung

Warum wirken manche Menschen auf andere auf Anhieb sympathisch - so sympathisch, dass man ihnen sogar kleine Fehler verzeiht? Warum gelingt es manchen Kundenbetreuern anderen Personen im Handumdrehen das Gefühl zu vermitteln "Mir kannst Du vertrauen", während ihre Kollegen es nicht schaffen, einen Draht zu ihnen aufzubauen? Und warum halten manche Verkäufer, obwohl sie fachlich eher durchschnittlich sind, nach Kundenbesuchen fast immer einen Auftrag in der Hand, während ihre Kollegen, die jedes fachliche Detail kennen, meist mit leeren Händen vor der Tür stehen? Am fachlichen Know-how kann es nicht liegen - denn dann müssten die fachlich kompetentesten auch die besten Verkäufer sein. Also muss die Ursache in der Persönlichkeit der Verkäufer liegen und in dem Gefühl, das sie durch ihr Auftreten ihrem Gegenüber vermittelt. Sehr gute Verkäufer ähneln - in mancher Hinsicht - Kindern. Wenn Kinder einen anstrahlen, muss man meist zurücklächeln. Selbst wenn man gerade noch wütend war zum Beispiel, weil sie einem gerade mit ihren Klebefingern, die frisch gewaschene Hose verschmiert haben. Warum? Ihrem unschuldigen Lächeln und ihrem offenen Blick kann man sich schwer entziehen. Sie lassen Widerstände und Barrieren schmelzen.

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