Exklusive CP-Studie "Partnerprogramme 2007", Teil II

Händler fordern Mitspracherecht

10.12.2007
Im zweiten Teil unserer Serie "Partnerprogramme 2007" beantworten wir unter anderem die Frage, inwieweit Fachhändler bislang in die Konzeption von Partnerprogrammen eingebunden werden und ob sie ein Interesse an der Mitwirkung haben.

Von Marzena Fiok

Nachdem wir in der ersten Folge dieser Serie erfahren haben, dass der Großteil der ITK-Händler, Systemhäuser und Dienstleister Partnerprogramme grundsätzlich für wichtig beziehungsweise sehr wichtig hält und was für die Umfragteilnehmer die wesentlichen Leistungen und Erfolgsfaktoren eines funktionierenden Partnerprogramms sind, deutete sich am Ende bereits an, dass die Händler mit den Programmen der Hersteller sehr unterschiedliche Erfahrungen gemacht haben. Die einen funktionieren gut und sind attraktiv, andere dagegen überhaupt nicht.

Gerade bei den für die Händler wichtigsten Faktoren eines Partnerprogramms, nämlich

funktionierender Ablauf,

einfaches Programm mit klaren Leistungen,

hohe Qualität der Betreuung

Verlässlichkeit und Kontinuität in der Umsetzung und

direkter Kontakt zum Hersteller,

zeigte sich, dass die Channel-Manager in der Industrie nicht alle gleich gute Arbeit leisten. Wenn lediglich ein Drittel der Umfrageteilnehmer angibt, dass diese für sie wichtigsten Kriterien meistens oder immer erfüllt sind, dann ist das einfach viel zu wenig. Durchaus in guter Absicht packen die Channel-Manager der Hersteller die Programme mit Leistungen und guten Gaben voll. Sie versprechen sich davon eine höhere Attraktivität für die Händler und hoffen, dass für jeden was dabei ist. Doch Tatsache ist, dass viele dieser Leistungen für den Erfolg des Programms nicht nur unerheblich, sondern sogar kontraproduktiv sind. Denn sie verschlechtern die Übersichtlichkeit und verkomplizieren das Handling. Auch in diesem Fall gilt wie so oft im Leben: Weniger ist mehr.

Das Operieren und Konzipieren an den wirklichen Bedürfnissen der Vertriebspartner vorbei mag unter anderem seinen Grund darin haben, dass die Hersteller mit ihren Händlern über dieses Thema einfach nicht sprechen. Die untere Grafik auf Seite 16 zeigt, in welch geringem Umfang die Industrie ihre Vertriebspartner bei den Fragen rund ums Partnerprogramm einbezieht. Rund drei Viertel der Umfrageteilnehmer geben an, dass ihre Herstellerpartner mit ihnen noch niemals über diese Themen gesprochen haben.

Der Händler ist auch ein Kunde

Das ist nicht nur erstaunlich, sondern auch unverständlich. Wenn Hersteller genauso also ohne ihre Zielgruppe nach den Anforderungen zu fragen ihre Produkte für die Endkunden entwerfen, dann braucht man sich über die vielen Flops nicht zu wundern. Auch die Händler sind Kunden der Industrie, und das Partnerprogramm ist ein Produkt, ein Angebot, das möglichst viele Händler "kaufen" sollen. Damit gilt für sie das Gleiche wie für jeden anderen Kunden, der ein Produkt kaufen soll: Er muss

1. es verstehen und

2. der Ansicht sein, dass es für ihn einen Nutzen hat.

Es ist offensichtlich, dass auch die Händler das Produkt "Partnerprogramm" nur dann kaufen, wenn es diese beiden Grundvoraussetzungen erfüllt. Tut es das nicht, lassen sie es im Regal liegen. Der eine oder andere lässt es sich vielleicht sogar von seinem VB aufschwatzen, anschließend jedoch gammelt es als "Investitionsruine" in der Besenkammer vor sich hin. Liebe Channel-Marketing-Manager bei den Herstellern, ihr solltet wissen, wie man die Bedürfnisse der Händler ermittelt. Warum tut ihr es nicht? Die Channel-Manager würden damit bei ihren Vertriebspartnern weitgehend offene Türen einrennen. Zahlreiche Händler sind sogar bereit, sich nicht nur an einer entsprechenden Umfrage oder dergleichen zu beteiligen, sondern darüber hinaus Zeit und Energie für die aktive Mitgestaltung der Partnerprogramme zu investieren. Bei dem entscheidenden Schritt in der Entstehungsgeschichte eines Partnerprogramms, nämlich der Konzeption, würden über 40 Prozent der Umfrageteilnehmer aktiv mitwirken (obere Grafik), und das trotz der großen zeitlichen Belastung, die sie ohnehin haben! Das zeigt deutlich, wie wichtig ihnen dieses Thema ist. Die Hersteller müssen sie nur dazu einladen.

Damit würde sich die Industrie viel Arbeit und auch Geld sparen. Denn die Einbindung der Partner in die Konzeption der Partnerprogramme würde zu einer deutlichen Straffung und inhaltlichen Ausdünnung vieler Partnerprogramme führen. So wollten wir von den Studienteilnehmern wissen, auf welche Leistungen von Partnerprogrammen am ehesten verzichtet werden kann (rechte Grafik auf Seite 14). Die Ergebnisse sprechen für sich. Es handelt sich sozusagen um eine Umkehrung der Grafik 3auf Seite der CP-Ausgabe 49/07 über die wichtigsten Leistungen eines Partnerprogramms.

Händler haben eine Holschuld

Nach dem bisher Gesagten sind die Antworten der Studienteilnehmer auf die Frage, aus welchen Gründen Partnerprogramme scheitern, keine große Überraschung mehr (linke Grafik auf Seite 14). "Scheitern" bedeutet hier, dass die mit dem Partnerprogramm verbundenen Ziele nicht erreicht werden. Auf einen Punkt sei an dieser Stelle besonders hingewiesen: Es sind nicht die fehlenden oder unattraktiven Leistungen der Hersteller, die zum Scheitern von Partnerprogrammen führen. Daran liegt es nicht, zumindest nicht in erster Linie. Die Kommunikation ist, wie so oft, ein Thema.

Allerdings müssen sich in diesem Punkt die Händler nach unserer Erfahrung auch selbst an die eigene Nase fassen. Denn allzu häufig beobachten wir, dass die Händler zwar viel Zeit damit verbringen, Einkaufskonditionen und Preise für ein bestimmtes Produkt einzuholen und zu vergleichen, um ein paar Cent zu sparen, aber für solche wichtigen Informationen wie neue Partnerprogramme kein Ohr oder dann auch keine Zeit mehr haben. Gerade auch Fachzeitschriften wie ChannelPartner berichten in fast jeder Ausgabe über neue Partnerprogramme, die Informationen sind also leicht zugänglich. Die Ausrede oder auch der Vorwurf von Händlern "Davon habe ich ja gar nichts gewusst" fällt allzu häufig negativ auf sie selbst zurück. Sie haben hier durchaus auch eine Holschuld.

Die übrigen Kritikpunkte müssen sich die Hersteller aber selbst ankreiden. Zu der Kluft zwischen der Theorie (also dem Papier, auf dem die Programme stehen) und der Praxis haben wir in der vorherigen Ausgabe bereits das Nötige gesagt.

Und dass die Konzepte oftmals als zu komplex und als zu wenig transparent kritisiert werden, hat seinen Grund sicher nicht darin, dass die Händler zu dumm sind, um sie zu verstehen. Eher ist es sogar umgekehrt so, dass es durchaus eine intellektuelle Leistung der Hersteller ist, wenn es ihnen gelingt, ein Partnerprogramm zu entwickeln, das einfach zu begreifen ist.

Der Fachhandel wünscht sich auch bei der Konzeption eines Partnerprogramms mehr Teamwork mit dem Hersteller.
Der Fachhandel wünscht sich auch bei der Konzeption eines Partnerprogramms mehr Teamwork mit dem Hersteller.

In der nächsten und letzten Folge unserer Serie über Partnerprogramme lesen Sie unter anderem, was die Hersteller tun sollten, um die Bedürfnisse ihrer Vertriebspartner besser zu ermitteln.

Partnerprogramme 2007: Infos zur Studie

Die herstellerunabhängige Studie "Partnerprogramme 2007" wurde zwischen dem 15. Oktober und 13. November 2007 im Auftrag von ChannelPartner, JDC und Peakom durchgeführt. Befragt wurden Unter-nehmen aus den Bereichen Fachhandel, Systemhaus/-integrator/VAR, ISV und IT-Dienstleister; angeschrieben wurden ausschließlich Perso-nen aus den Arbeitsbereichen Unternehmensführung, Beschaffung/Einkauf und Verkauf/Vertrieb. Die Befragung erfolgte anhand eines strukturierten Fragebogens online. 818 Teilnehmer haben den Frage-bogen komplett ausgefüllt. Die Durchführung der Studie erfolgte über die Marktforschungsabteilung der IDG Business Media GmbH.

Hier spricht der Handel Klartext

Die Teilnehmer der Studie haben nicht nur unsere Fragen beantwortet, sondern auch die Gelegenheit genutzt, Wünsche und Kritik offen und anonym zu äußern. Hier eine Auswahl der Zitate. "Lassen Sie die Sachpreise, Reisen und Boni stecken und treiben Sie uns lieber ein paar seriöse Endkunden in den Laden!"

"Die Partner sollten günstiger im Channel einkaufen können als im Media Markt oder bei Amazon. Ansonsten macht auch das beste Partnerprogramm keinen Sinn, wenn mit den Produkten kein Geld mehr verdient werden kann. Vielleicht sollte das Geld für die Partnerprogramme lieber gleich in eine anständige Channel-Struktur ohne Graumarkt und Bevorzugung von Großkonzernen gesteckt werden."

"Gebt den Händlern mehr Info über die laufenden und zu erwartenden Projekte und Entwicklungen, schult und qualifiziert die Leute, die zum Kunden gehen, stellt die Lieferung an Online-Händler und Flächenmärkte ein. Schließt eure Webshops und Online-Preisangaben komplett."

"Programmumsetzungen sollten weniger Zeit des Händlers in Anspruch nehmen. Dazu müssen diese schnell verständlich, effektiv ausgearbeitet, mit einem "automatischen" Monitoring und mit akzeptablen Einstiegshürden versehen werden sowie händler(typ)orientiert sein."

"Die großen Hersteller sollten immer an die kleinen Händler denken: Wir sind die Basis, wir brauchen Unterstützung!"

"Die Programme sind für uns kleine Anbieter immer viel zu groß. Daher ist das Interesse auch schon gestorben."

"Die Hersteller sollten nicht so viel reden, sondern öfter und schneller handeln!"

"Wir wünschen uns seitens der Hersteller mehr Akzeptanz der Händlerarbeit statt Profitgier."

"Nicht nur eine aktive Vermarktung der "neuen" und der Brot-und-Butter-Produkte, sondern vielleicht auch eine besondere Vermarktung der "End-of-Life"-Produkte wäre interessant."

"Die Hersteller sollten mit Partnerprogrammen eine langfristige Perspektive aufzeigen, die das Ganze nicht so kompliziert machen und für mehr Kontinuität sorgen."

"Eine Win-Win-Situation wäre gut, leider schafft dies derzeit kein mir bekanntes Partnerprogramm!"

"Kleinere Systemhäuser besitzen häufig wenige, aber dafür sehr interessante (weil große) Endkunden. Partnerprogramme gehen meistens aber auf Masse beziehungsweise kurzfristigen Erfolg. Der ist aber in der kurzen Zeit mit Konzernen als Kunden nicht realisierbar. Das ist unsere Erfahrung nach mehr als 18 Jahren in der IT-Branche."

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