Handy-TV nimmt Formen an - Großes Interesse an neuem Standard

24.04.2007

Von Stefan Paul Mechnig

Dow Jones Newswires

DÜSSELDORF (Dow Jones)--Für den Betrieb des neuen breitenwirksamen Handy-Fernsehens, das nächstes Jahr in Deutschland starten soll, gibt es zahlreiche Interessenten. Fast 30 Mobilfunkanbieter, TV-Anstalten, Radiosender und andere Medienunternehmen beteiligen sich bislang an den entsprechenden Ausschreibungen für das mobile Kino im DVB-H-Standard, wie am Dienstag die Direktorenkonferenz der Landesmedienanstalten mitteilte. Am Ende soll es eine einzige Medienplattform geben. Daneben läuft jetzt auch die Ausschreibung für den technischen Sendebetrieb. In beiden Fällen sollen im Herbst die Betreiber feststehen.

Für die Medienplattform bewerben sich zum einen die Mobilfunknetzbetreiber T-Mobile, Vodafone und O2. Ein dafür seit langem angekündigtes Konsortium haben sie vor wenigen Tagen beim Bundeskartellamt zur Genehmigung angemeldet. Auch das Unternehmen Mobiles Fernsehen Deutschland ist im Rennen, das den Konkurrenzstandard DMB betreibt. Darüber lassen bereits mobilcom und debitel Handy-TV-Angebot laufen. Die technischen Möglichkeiten von DMB gelten jedoch als eingeschränkter als bei DVB-H. Hier können auf einem Kanal mehr Sender laufen. Fernsehen über UMTS, das es auch schon gibt, hat nach Ansicht von Experten gegenüber den beiden Rundfunktechniken keine großen Chancen.

An der Ausschreibung nehmen außerdem die großen Privatsender teil - ProSiebenSat.1, RTL und Premiere. Außerdem sind etwa die Filmproduktion Ufa, der Kaufkanal Home Shopping Europe und ein Telefonbuchverlang interessiert. Die öffentlich-rechtlichen Rundunkanstalten haben hingegen keine Bewerbung abgegeben. Sie meinen, dass ihnen ein bestimmtes Kontingent an Programmplätzen zusteht, das kostenfrei und unverschlüsselt übertragen werden müsse. Während die Ausschreibung für den medienrechtlichen Teil von DVB-H über die 14 Landesmedienanstalten läuft, vergibt die Bundesnetzagentur die Lizenz für den Sendenetzbetrieb. Hier wurde die Ausschreibung jetzt gestartet.

Als wahrscheinliche Bewerber gelten die Telekom-Tochter T-Systems sowie eine Reihe ausländischer Spezialisten wie Crowne Castle aus den USA, die britische National Grid Wireless oder TDF aus Frankreich. In Deutschland ist noch niemand von ihnen präsent, und falls einer zum Zuge kommt, benötigt er Infrastruktur. Dazu zählen Funktürme, von denen rund 500 der Deutschen Telekom gehören. Der Konzern erwägt, sie zu verkaufen - ebenso wie die T-Systems-Einheit Media & Broadcast, die Übertragungsplattformen für TV und Rundfunk betreibt. Experten halten es für denkbar, dass die Telekom diese Sparte sowie die Türme an einen der ausländischen Interessenten veräußert, falls sie bei der Ausschreibung nicht zum Zuge kommt.

Die Branche hofft auf den kommerziellen Durchbruch von Handy-TV zur Fußball-Europameisterschaft und zu den Olympischen Spielen Mitte kommenden Jahres. Roman Friedrich von der Unternehmensberatung Booz Allen Hamilton erwartet 2008 eine halbe Million Nutzer in Deutschland, 2011 soll die Zahl dann auf vier Millionen steigen. Ab dann könnte das mobile Fernsehen nach seinen Berechnungen auf ein Umsatzvolumen von 350 Mio EUR kommen und damit rund ein Sechstel der erwarteten Datenerlöse im Mobilfunk ohne SMS-Textbotschaften ausmachen.

Bundeswirtschaftsminister Michael Glos hat das Taschenkino kürzlich zur Cebit sogar als möglichen Wachstumsmotor für die gesamte Telekombranche bezeichnet. Auch die EU-Kommission sieht ein großes Potenzial und machte auf der Messe Druck auf Politik und Industrie, sich auf DVB-H als einheitliche Übertragungstechnik in Europa zu verständigen.

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-Von Stefan Paul Mechnig, Dow Jones Newswires, ++ 49 (0) 211 - 13 87 213,

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