Arztpraxen nicht betroffen

Hintergrundmusik und Vergütungspflicht



Renate Oettinger war Diplom-Kauffrau Dr. rer. pol. und arbeitete als freiberufliche Autorin, Lektorin und Textchefin in München. Ihre Fachbereiche waren Wirtschaft, Recht und IT. Zu ihren Kunden zählten neben den IDG-Redaktionen CIO, Computerwoche, TecChannel und ChannelPartner auch Siemens, Daimler und HypoVereinsbank sowie die Verlage Campus, Springer und Wolters Kluwer. Am 29. Januar 2021 ist Renate Oettinger verstorben.
Die abgespielte Musik greift nicht in das Recht des Urhebers auf die Wiedergabe von Funksendungen seiner Werke ein und ist folglich nicht vergütungspflichtig. Manfred Wagner stellt ein hierzu ergangenes Urteil vor.

Mit Urteil vom 18. Juni 2015 (Az.: I ZR 14/14) entschied der BGH, dass Hintergrundmusik, die ein Arzt seinen Patienten im Wartezimmer seiner Praxis vorspielt, nicht in das Recht des Urhebers auf die Wiedergabe von Funksendungen seiner Werke eingreift und folglich nicht vergütungspflichtig ist.

Bereits der Europäische Gerichtshof hatte mit Urteil vom 15. März 2012 (Az.: C-135/10) in diesem Sinne entschieden. Dieser Fall betraf ebenfalls die Musikwiedergabe in einer Arztpraxis. Nach Auffassung des EuGH erfordert eine öffentliche Wiedergabe im Sinne des Art. 8 Abs. 2 der Richtlinie 92/100 zum Vermietrecht und Verleihrecht sowie zu bestimmten dem Urheberrecht verwandten Schutzrechten im Bereich des geistigen Eigentums, dass sich der Nutzer gezielt an das Publikum wendet und dass dieses in der einen oder anderen Weise für die Wiedergabe aufnahmebereit ist und nicht nur zufällig "erreicht" wird.

Die urheberrechtliche Beurteilung von Musikwiedergabe beschäftigt immer wieder die Gerichte.
Die urheberrechtliche Beurteilung von Musikwiedergabe beschäftigt immer wieder die Gerichte.
Foto: Martin Fally - Fotolia.com

Dies treffe etwa in den bereits früher entschiedenen Fällen zu, wenn der Inhaber eines Hotels oder einer Gastwirtschaft Funksendungen von Werken seinen Gästen zugänglich macht. In diesen Fällen sei in der Wiedergabe eine zusätzliche Dienstleitung zu sehen, aus welcher der Betreiber einen konkreten Nutzen ziehen mag.

Sehr begrenzter Personenkreis

Demgegenüber werde eine Arztpraxis schon nicht von einer unbestimmten Anzahl von Personen frequentiert; vielmehr handele es sich bei den Patienten um einen sehr begrenzten Personenkreis.

Des Weiteren sei selbstverständlich nicht zu erwarten, dass der Arzt aus der Wiedergabe der Hintergrundmusik einen Vorteil zieht, da sich die Patienten zu dem alleinigen Zwecke der Behandlung in die Praxis begeben würden. Weder könne er hierdurch die Zahl der Patienten, noch die Behandlungspreise erhöhen. Die Patienten genießen zudem nur zufällig und unabhängig von ihren Wünschen je nach dem Zeitpunkt des Eintreffens in der Praxis und der Dauer des Wartens sowie der Art der Behandlung Zugang zu bestimmten Tonträgern.

Es handele sich daher nicht um eine öffentliche Wiedergabe im Sinne des Art. 8 Abs. 2 der Richtlinie 92/100.

Nach Auffassung des BGH handele es sich in dem zu entscheidenden Fall um einen in allen wesentlichen Punkten gleichgelagerten Sachverhalt, der im Sinne der Entscheidung des EuGH zu beurteilen sei.

Fazit:

Hintergrundmusik im Wartezimmer einer Arztpraxis stellt im Allgemeinen keine öffentliche Wiedergabe im Sinne des Urheberrechts dar und löst somit auch keine Vergütungspflicht aus. Allerdings ist im Einzelfall zu prüfen, ob die Kriterien des EuGH zutreffen. Der konkrete Sachverhalt lässt sich daher auch nicht ohne weiteres auf andere Situationen übertragen.

Manfred Wagner ist Rechtsanwalt und Mitglied der Deutschen Anwalts- und Steuerberatervereinigung für die mittelständische Wirtschaft e.V. www.mittelstands-anwaelte.de

Weitere Informationen und Kontakt:

WAGNER Rechtsanwälte, Großherzog-Friedrich-Str. 40, 66111 Saarbrücken, Tel.: 0681 958282-0, E-Mail: wagner@webvocat.de, Internet: www.webvocat.de

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