Holen Sie sich Steuern zurück!

17.08.2006
Von Peter Brenner
Informatiker, die bisher Gewerbesteuer entrichteten, können sich Geld zurückholen, wenn sie das Finanzamt von ihrer Freiberuflichkeit überzeugen können. Peter Brenner erklärt, wie man zu dem Geldregen kommt.

Viele Steuerpflichtige sind der Auffassung, dass Steuerbescheide, gegen die nicht fristgemäß Einspruch eingelegt worden ist, nicht mehr geändert werden können. Diese Ansicht ist falsch! Es gibt unter bestimmten Umständen sehr wohl rechtliche Mittel, auch einen an sich bestandskräftigen Bescheid anzugreifen und das Finanzamt zu veranlassen, diesen zu ändern oder aufzuheben. Voraussetzung dafür ist, dass gegenüber dem Finanzamt "neue Tatsachen" vorgetragen werden können.

Informatiker schätzen die Chancen falsch ein

Es geht dabei im Fall von freiberuflichen Informatikern um den Nachweis einer den Anforderungen entsprechenden Ausbildung, einer Tätigkeit im Bereich der Systemsoftwareentwicklung und der ingenieurvergleichbaren und ingenieurgemäßen Vorgehensweise. Häufig sind Informatiker der Ansicht, sie erfüllten diese hohen Anforderungen nicht, und zahlen die Gewerbesteuer. Ergibt eine erneute Überprüfung des Status, dass es sich nun doch um eine freiberufliche Tätigkeit handelt, dann sind diese Tatsachen dem Finanzamt glaubhaft zu machen.

Dabei kann auch ein so genannter Autodidakt ein mit dem Absolventen einer Fachhochschule oder Universität vergleichbares Wissen nachweisen, wenn er eine Praxis von mindestens zehn Jahren besitzt. Bei einer geringeren praktischen Erfahrung kommt es auf den höchsten Schulabschluss, auf Zertifizierungen, Seminare und andere berufliche Erfahrungen an. Der Schwerpunkt der Tätigkeit sollte im Bereich der Systemsoftwareentwicklung liegen. Auch hier irren sich Informatiker oft und glauben nicht, in diesem Bereich zu agieren. Häufig ergibt eine erneute Analyse der Tätigkeit den überwiegenden Anteil an systemtechnischen Aufgaben.

Muss Systemsoftware entwickelt werden?

Verstärkt behaupten Finanzämter seit Monaten, Software müsse zwingend neu entwickelt werden, um die Tätigkeit eines Beraters als freiberuflich anzuerkennen. Diese Meinung ist umstritten: Der Bundesfinanzhof (BFH) hat in seinen einschlägigen Urteilen nicht nur die neue Entwicklung von Software als freiberuflich definiert. Informatiker sollten sich von derartigen Behauptungen ihres Finanzamtes nicht abschrecken lassen.

Wie ist die Tätigkeit zu beweisen?

In seinen Urteilen hat der BFH, wie schon oft in der Vergangenheit, schwammige Definitionen vorgenommen. Damit bleibt es für die Finanzbeamten schwierig, die Einstufung eines Informatikers vorzunehmen. Weiterhin überwiegen subjektive einzelfallbezogene Entscheidungswege.

Das erste Problem taucht auf, wenn eine ingenieurvergleichbare Tätigkeit zu lokalisieren ist. Welche Kriterien sind anzuwenden? Woran ist eine solche Tätigkeit erkennbar? Der BFH sagt dazu lediglich, dass es die Aufgabe eines Ingenieurs ist, auf der Grundlage natur- und technikwissenschaftlicher Erkenntnisse und unter Berücksichtigung wissenschaftlicher Belange technische Werke zu fertigen. Als Beweis genügt es nicht, dem Finanzamt zu erklären, dass eine ingenieurvergleichbare Tätigkeit ausgeübt wird, sondern es ist der Beweis zu führen, zum Beispiel durch Referenzen und Arbeitsproben. Diese Arbeitsproben müssen zu erkennen geben, dass deren Verfasser der Steuerpflichtige selbst ist. Das kann ein Problem sein, denn oft werden Dokumente mit dem Namen des Projektes, der Abteilung oder des Teams signiert.

Es hilft nicht zu behaupten, Arbeitsproben seien aus Datenschutzgründen nicht vorhanden oder dürften nicht vorgelegt werden. Wenn nichts bewiesen werden kann, kommt es zu einer Ablehnung der Freiberuflichkeit.

Hier einige der vielen möglichen Merkmale zur Erkennung einer klassischen ingenieurmäßigen Vorgehensweise laut BFH:

3 Planung

3 Konstruktion

3 Überwachung der Fertigung.

An diesen Parametern ist bereits erkennbar, wie schwierig es nach der reformierten BFH-Rechtsprechung für Finanzbeamte, Richter, Steuerberater und Rechtsanwälte sein dürfte, das sogenannte Ingenieurmäßige und eine ingenieurvergleichbare Tätigkeit zu erkennen und zu bewerten. Oft hilft nur die Erstellung eines Gutachtens.

Ein Selbstständiger, der seine Gewerbesteuererklärung für das Jahr 2000 erst im Jahr 2002 abgegeben hat, hat bis Ende 2006 die Möglichkeit, eine rückwirkende Anerkennung als Freiberufler ab 2000 zu beantragen. Es gilt eine Frist von vier Jahren ab dem Zeitpunkt der Abgabe der Gewerbesteuererklärung.

Der Steuerpflichtige sollte versuchen, sich direkt mit dem Finanzamt zu einigen. Klagen vor dem Finanzgericht verursachen jahrelange Laufzeiten und in vielen Fällen hohe zusätzliche Zinszahlungen, wenn der Rechtsstreit verloren wird. Der Schlüssel zum Erfolg ist eine strategisch fundierte Beweisführung im Bereich der relevanten Informatikthemen. Die Anerkennung erfolgt nur über Beweise der Informatikausbildung, der Tätigkeit sowie ingenieurvergleichbaren Vorgehensweise und nicht durch Argumentationsketten im juristischen oder steuerrechtlichen Bereich.

Beweisführung sichert Freiberufler-Status

Die Feststellungslast für das Vorliegen einer freiberuflichen Tätigkeit trägt nach der Rechtsprechung des BFH der Steuerpflichtige. Ist er erfolgreich, dann fallen neben der Gewerbesteuer der IHK-Beitrag, Beiträge zur Berufsgenossenschaft und die Kosten für eine doppelte Buchführung sowie die Bilanzerstellung weg. Kommt es zu einer rückwirkenden Einstufung als Freiberufler, ist es zusätzlich möglich, die IHK-Beiträge erstattet zu bekommen. Es lohnt sich deshalb auf jeden Fall, den Freiberufler-Status anzustreben. Die Erfolgsaussichten sind bei einer stringent methodischen Darstellung als hoch zu bezeichnen. Suchen Sie sich gegebenenfalls einen professionellen Ratgeber.

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