Interview mit Rechtsanwalt Hans-Georg Herrmann

"Home Office geht nur mit Vertrauensvorschuss"

09.01.2015
Von Christian Töpfer
Das Arbeiten von zu Hause ist heutzutage gang und gäbe – auch bei Angestellten. Damit Arbeitgeber und Arbeitnehmer hier Rechtssicherheit haben, bedarf es Regelungen und Informationen juristischer Art. Rechtsanwalt Hans-Georg Herrmann klärt auf.

Gibt es einen gesetzlichen Anspruch eines Arbeitnehmers auf Home Office, sofern die technischen Möglichkeiten vorhanden sind?
Hans-Georg Herrmann: Eine gesetzliche Regelung existiert nicht. Allenfalls können sich entsprechende Regelungen aus einem Tarifvertrag oder einer Betriebsvereinbarung ergeben. Meist ist dort aber nur geregelt, dass die Möglichkeit besteht, Mitarbeiter an Home-Office-Arbeitsplätzen einzusetzen, ohne dass damit ein eigener Anspruch des Mitarbeiters begründet wird.

Hans-Georg Herrmann, Inhaber der Kanzlei Dr. Thalhofer, Herrmann & Kollegen in Saarbrücken (www.rechtsanwaltspraxis.com): "Auch im Home Office muss der Arbeitgeber für die Einhaltung der Regeln des Arbeitsschutzes, der Arbeitssicherheit und des Datenschutzes sorgen."
Hans-Georg Herrmann, Inhaber der Kanzlei Dr. Thalhofer, Herrmann & Kollegen in Saarbrücken (www.rechtsanwaltspraxis.com): "Auch im Home Office muss der Arbeitgeber für die Einhaltung der Regeln des Arbeitsschutzes, der Arbeitssicherheit und des Datenschutzes sorgen."
Foto: Hans-Georg Herrmann

Wenn der Arbeitgeber das Arbeiten von zu Hause aus erlaubt: Welche Regelungen sollten festgehalten werden?
Herrmann: Zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer sollten entweder im Arbeitsvertrag oder in einem Anhang eine Reihe von Vereinbarungen getroffen werden. Der Arbeitgeber muss sich vergegenwärtigen, dass auch im Home Office die Regeln des Arbeitsschutzes, der Arbeitssicherheit und des Datenschutzes einzuhalten sind. Er muss auch die Möglichkeit haben, die Einhaltung der Vorgaben vor Ort zu überprüfen. Das bedeutet, er sollte in jedem Fall mit dem Arbeitnehmer ein Zutrittsrecht zu dem Home Office sowohl für sich als auch für von ihm beauftragte Personen wie zum Beispiel den Betriebsarzt, die Fachkraft für Arbeitssicherheit oder den Datenschutzbeauftragten vereinbaren.

Und wie sieht es mit der Arbeitszeit aus?
Herrmann: Auch wenn Home-Office-Arbeitsplätze häufig eingerichtet werden, um die Flexibilität der Arbeitszeiten zu erhöhen und dem Mitarbeiter große Spielräume einzuräumen, ist das Arbeitszeitgesetz einzuhalten. Dieses sieht zum Beispiel vor, dass spätestens nach sechs Stunden Arbeitszeit eine Pause von 30 Minuten einzulegen ist. Es sieht auch vor, dass nach der täglichen Arbeitszeit eine Ruhezeit von mindestens elf Stunden folgen muss.

Dann wird die Flexibilität aber schon wieder etwas eingeschränkt.
Herrmann: Ja, aber wenn der Mitarbeiter zum Beispiel seine tägliche Arbeitstagzeit an einem Tag um 23 Uhr beendet, muss der Arbeitgeber sicherstellen, dass der Mitarbeiter nicht, weil er zum Beispiel Frühaufsteher ist, bereits um 5 Uhr des Folgetages wieder seine Arbeit aufnimmt, sondern die elf Stunden Ruhezeit einhält. Der Arbeitgeber hat auch sicherzustellen, dass an Sonn- und Feiertagen nicht gearbeitet wird. Wenn er vermeiden möchte, dass die Sonderregelungen, die für Nachtarbeit gelten, Anwendung finden, muss er darauf achten, dass der Mitarbeiter nicht zwischen 23 Uhr und 6 Uhr mehr als zwei Stunden arbeitet. Insofern sollte vertraglich ein zeitliches Fenster vereinbart werden, in dem die tägliche Arbeitszeit zu erbringen ist, des Weiteren sollten Pausenregelungen getroffen werden. Ebenso sind Regelungen zur Erreichbarkeit sinnvoll. Die Mitspracherechte des Betriebsrates gelten auch für jeden Home-Office-Arbeitsplatz.

Home Office und die Kontrolle

Wie kann/darf der Arbeitgeber kontrollieren, ob der Arbeitnehmer im Home Office tatsächlich arbeitet bzw. die vereinbarte Arbeitszeit einhält?
Herrmann: Eine Kontrolle ist nur eingeschränkt möglich. Aber auch wenn ein Mitarbeiter im Betriebsgebäude des Arbeitgebers sitzt, hat letzterer nur eine eingeschränkte Möglichkeit zu überprüfen, ob hier gerade die Zeit abgesessen oder tatsächlich gearbeitet wird. Am ehesten lässt sich noch überprüfen, ob der Mitarbeiter tatsächlich arbeitet, wenn dessen Arbeitsleistung in Echtzeit per Standleitung in den Betrieb übertragen wird. Dies dürfte aber nur in einer überschaubaren Anzahl an Home-Arbeitsplätzen der Fall sein. Ansonsten sollte der Mitarbeiter angehalten werden, Beginn und Ende seiner Arbeitszeiten, Pausen und sonstige Unterbrechungen zu dokumentieren. Es kann auch vereinbart werden, dass der Home-Office-Mitarbeiter sich jeweils an- und abzumelden hat. Zumindest stichprobenartige Kontrollen des Arbeitgebers hierzu sind zulässig. Klar ist, dass der Arbeitgeber hier dem Mitarbeiter einen Vertrauensvorschuss entgegenbringt.

Wenn nur sporadisch von zu Hause gearbeitet wird, reicht dann eine mündliche Vereinbarung? Und muss stets die Personalabteilung darüber informiert werden oder reicht es, wenn der direkte Vorgesetzte Bescheid weiß?
Herrmann: Die Fälle, in denen ein Arbeitnehmer zum Beispiel wegen eines Schneechaos oder wegen eines Streiks der öffentlichen Verkehrsbetriebe zu Hause bleibt und von zu Hause aus arbeitet, fallen nicht unter den klassischen Fall des Home-Office-Arbeitsplatzes. Sofern im Einzelfall vereinbart wird, dass von zu Hause aus gearbeitet wird, sollte die Personalabteilung hierüber in jedem Falle informiert sein. Darüber hinaus sollte eine entsprechende Vereinbarung auch unter Versicherungsgesichtspunkten schriftlich dokumentiert sein. Fälle alternierender Heim- oder Telearbeit, also solche Fälle, in denen ein Teil der Arbeitszeit in einem Home-Office geleistet wird, ein anderer Teil im Betrieb des Unternehmens selbst, sollten in jedem Falle vertraglich ausgestaltet werden und Inhalt und Umfang, in dem die Heimarbeit erbracht wird, definiert werden.

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