Fachhändler kritisiert Distribution

"Ihr seid selbst schuld an der Misere"

Armin Weiler kümmert sich um die rechercheintensiven Geschichten rund um den ITK-Channel und um die Themen der Distribution. Zudem ist er für den Bereich PCs und Peripherie zuständig. Zu seinen Spezialgebieten zählen daher Notebooks, PCs, Smartphones, Drucker, Displays und Eingabegeräte. Bei der inoffiziellen deutschen IT-Skimeisterschaft "CP Race" ist er für die Rennleitung verantwortlich.
Patrick Ruppelt, Geschäftsführer von PR ITK Solutions, ist frustriert von der Zusammenarbeit mit der Distribution. In einem offenen Brief macht er seinem Ärger Luft.

Miserabler Support, unflexibel, inkompetente Ansprechpartner, das sind nur einige der Vorwürfe, die Systemhauschef Patrick Ruppelt gegenüber den Distributoren erhebt. Für ihn ist es kein Wunder, dass der Fachhandel den Distributoren den Rücken kehrt und sich andere Bezugsquellen sucht.

Patrick Ruppelt, Geschäftsführer von PR ITK Solutions geht hart mit der Distribution ins Gericht.
Patrick Ruppelt, Geschäftsführer von PR ITK Solutions geht hart mit der Distribution ins Gericht.

In einem offenen Brief hat der Geschäftsführer von PR ITK Solutions in München vor Weihnachten seinen Unmut gegenüber den Grossisten bekundet. Hier ist der Wortlaut des Schreibens an die Distributoren:

Liebe Kollegen,

ich kann es nicht mehr hören. Die Klagen, das Wehleiden. Euch geht es ja so schlecht. Eure Kunden - wir, die Fachhändler - kaufen mittlerweile so wenig bei euch ein und ihr versteht überhaupt nicht, wieso. Groß und breit von euch angeprangert. In der Fachpresse diskutiert.

Alle paar Wochen bekomme ich von irgend welchen eurer Werkstudenten Umfragen dazu geschickt mit der Bitte um Teilnahme. Ich gebe reges Feedback, gemeldet hat sich bei mir darauf aber noch nie jemand.

Fach- und Hausmessen können aus Kostengründen nicht mehr abgehalten werden. Wir kaufen uns unsere Schulungen direkt beim Hersteller seit es von euch nichts brauchbares mehr gibt. Persönliche Ansprechpartner gibt es nur noch für Konzernkunden oder solche, die täglich bei euch großen Umsatz machen.

Da wollen wir aber gar nicht hin. Wir verkaufen eigentlich gar keine Geräte, machen es halt, wenn es der Kunde wünscht. Bei uns ist der Kunde König.

Und ja, ich würde oft lieber bei euch bestellen wenn ich dann doch mal Ware benötige.

Aber: ihr seid selbst schuld an der Misere, wacht auf und kapiert das endlich mal.

Ihr bietet miserablen Support. Ihr seid unflexibel. Bei euch zahle ich sogar für per E-Mail verschickte Lizenzen noch Umweltpauschalen zusätzlich zu den ohnehin völlig überzogenen Versandkosten. Für eine E-Mail - und das ist auch noch seit Jahren bekannt und liegt angeblich an einem Systemproblem, das aber nicht behoben werden kann. Umtausch-/Rückgaberecht für gewerbliche Kunden Fehlanzeige. Persönliche Ansprechpartner: nix. Kompetente Ansprechpartner: no way, es geht nur noch darum, das zu verkaufen wo am meisten Cash Back und Rebate-Punkte an Land gezogen werden können.

Meine Kunden kommen heute in unser Geschäft, drücken uns das bei MediaMarkt gekaufte neue Notebook in die Hand. Ob wir das einrichten könnten auch wenn es nicht bei uns gekauft wurde. Aber bei MediaMarkt war das Gerät billiger als unser Einkaufspreis bei TechData, der Kunde hat ja zuerst bei uns gefragt, so ist es ja nicht. Also, klar machen wir das. Wir leben ja schließlich vom guten Service.

Der original Lieferaufkleber von TechData an MediaMarkt klebt noch auf der Schachtel des Notebooks, traurig.

So macht ihr über Umwege ja doch noch Umsatz mit uns.

(Hinweis für Leser: TechData ist ein großer IT Distributor mit Sitz in München, ungefähr 5 km von uns entfernt. Früher kannte ich dort an die 50 Mitarbeiter persönlich, heute gibt es nur noch eine Sammel-E-Mail Adresse für uns.)

Zweites Beispiel:

Kunde fragt uns nach einem Preis. Selbes Spiel, mit den Preisen kann und will ich nicht mithalten. Von irgendwas müssen meine Angestellten ja auch leben, da interessiert es mich nicht, ein 2.000,- € Premium-Notebook mit 50,- € Deckungsbeitrag durchzuschieben und dafür auch noch der Depp zu sein, wenn das Gerät irgendwann kaputt geht. Und das Geld wochenlang vorzufinanzieren. Lächerlich.

Am nächsten Tag trudelt auch schon das neue Notebook, welches der (gewerbliche) Kunde bei Amazon mit Rückgaberecht bestellt hat, bei uns ein.

Der original Lieferaufkleber von Also Actebis (auch ein riesengroßer, deutscher IT Distributor) an Amazon klebt auch hier auf dem Paket.

Also, liebe Kollegen. Was sagt ihr dazu?

Versteht ihr immer noch nicht, wieso euch der Fachhandel seit Jahren immer mehr den Rücken zukehrt?

Vermutlich nicht. Das, was man nicht sehen will, das wird man auch nicht sehen.

Und damit wünsche ich dann auch euch und unseren Kunden ein paar angenehme, ruhige Weihnachtstage. Vielleicht denkt ihr ja mal drüber nach.

Lieben Gruß

Patrick Ruppelt

(Geschäftsführer)

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