INTERVIEW: Bundesnetzagentur gegen Konsolidierung in Mobilfunkbranche

10.06.2010
Von Archibald Preuschat DOW JONES NEWSWIRES

Von Archibald Preuschat DOW JONES NEWSWIRES

FRANKFURT (Dow Jones)--Eine Konsolidierung in der Mobilfunkbranche wäre weder im Interesse der Bundesnetzagentur noch sieht die Behörde eine solche nach dem Ausgang der jüngsten Mobilfunkfrequenz-Auktion als wahrscheinlich an. "Da alle Mobilfunknetzbetreiber ihr Spektrum mit einem Schlag verdoppeln konnten, halte ich eine Konsolidierung auf Seiten der Netzbetreiber für unwahrscheinlich", sagte Matthias Kurth, Präsident der Bundesnetzagentur in einem Interview mit Dow Jones Newswires.

Eine Konsolidierung der deutschen Mobilfunkbranche wäre zudem nicht im Sinne der Aufsichtsbehörde. Deutschland habe "gesunde und ausgewogene Strukturen" und sei das EU-Land mit den meisten Kunden. Ende 2009 waren in Deutschland 108,3 Mio SIM-Karten registriert, eine Markdurchdringung von 132,2%.

Derzeit sind in Deutschland vier Mobilfunkbetreiber tätig: Die Deutsche Telekom, die Telefonica-Tochter O2, die KPN-Tochter E-Plus und Vodafone. Auch in Großbritannien gibt es vier bedeutende Mobilfunkbetreiber, wobei hier die Mobilfunktöchter der Deutschen Telekom und der France Telecom ein Joint Venture gegründet haben. Aus Sicht der Bundesnetzagentur würde auch ein solches Joint Venture eine Konsolidierung darstellen.

Nachdem E-Plus, die Tochter der niederländischen KPN NV, sich bei der jüngsten Mobilfunkfrequenz-Auktion keine Frequenzen im begehrten 800-Megahertz-Frequenzband sichern konnte, waren Spekulationen aufgekommen, dass der Mobilfunkbetreiber zu einem Übernahmeziel der Konkurrenten werden könnte.

Kurth wies darauf hin, dass E-Plus keine Verpflichtung zum Ausbau von Mobilfunknetzen der vierten Generation (4G) in ländlichen Gebieten habe, da das Unternehmen bei den 800-Megahertz-Frequenzen nicht zum Zuge kam. Zudem habe der Netzbetreiber erheblich weniger zahlen müssen als die Konkurrenz.

Besonders attraktiv war in der Auktion das 800-Megahertz-Frequenzband, das im Zuge der Abschaltung des analogen Rundfunks frei geworden ist. Dieses hat die vergleichsweise höchste Reichweite und erlaubt daher den kosteneffektivsten Ausbau der nächsten Generation der Mobilfunknetze. Das 2,6-GHz-Frequenzband eignet sich für die Errichtung von 4G-Netzen in städtischen Gebieten, während sich das 1,8-GHz- und 2-GHz-Frequenzband am besten für den Ausbau bestehender Netze eignen.

Bei der Ende Mai beendeten Mobilfunkfrequenz-Auktion waren Frequenzen in den Bereichen 800 Megahertz (MHz), 1,8 Gigahertz (GHz), 2 GHz sowie 2,6 GHz unter den Hammer gekommen. Dabei hatte der deutsche Staat 4,38 Mrd EUR eingenommen. Deutsche Telekom, Vodafone und Telefonica hatten sich jeweils zwei 10-Mhz-Blöcke im 800-MHz-Frequenzband gesichert, während E-Plus acht Blöcke außerhalb des 800-MHz-Frequenzband erhielt. Es sei also niemand leer ausgegangen, sagte Kurth.

Vodafone investierte bei der Auktion mit 1,42 Mrd EUR die höchste Summe in neue Frequenzen, gefolgt von dem Telefonica-Ableger O2 mit 1,38 Mrd EUR und der Telekom mit knapp 1,3 Mrd EUR. Für E-Plus ergibt sich aufgrund der Zurückhaltung im 800-MHz-Bereich eine Investitionssumme von nur 283,6 Mio EUR.

Nach Ende der Auktion hatte KPN erklärt, sie habe eine wertbasierte Vorgehensweise verfolgt und durch die Auktion die Zahl der ihr zur Verfügung stehenden Frequenzen verdoppelt. Dies werde dem Unternehmen helfen, die Kosten des geplanten Kapazitäts- und Netzausbaus zu senken.

Webseite: www.bundesnetzagentur.de -Von Archibald Preuschat, Dow Jones Newswires, +49 (0)69 29725 104, unternehmen.de@dowjones.com DJG/DJN/has/jhe

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