INTERVIEW/Conergy will weiter Personal abbauen

20.08.2009
FRANKFURT/ODER (Dow Jones)--Das Solarunternehmen Conergy will weiter Kapazitäten reduzieren und Personal abbauen. "Durch den Abgang von Ländern und einzelnen Vertriebswegen wird es deutliche Personalanpassungen geben", kündigte Dieter Ammer, Vorstandsvorsitzender der Hamburger Conergy AG, am Mittwoch im Gespräch mit Dow Jones Newswires an.

FRANKFURT/ODER (Dow Jones)--Das Solarunternehmen Conergy will weiter Kapazitäten reduzieren und Personal abbauen. "Durch den Abgang von Ländern und einzelnen Vertriebswegen wird es deutliche Personalanpassungen geben", kündigte Dieter Ammer, Vorstandsvorsitzender der Hamburger Conergy AG, am Mittwoch im Gespräch mit Dow Jones Newswires an.

Ammer wollte den Umfang des bevorstehenden Stellenabbaus nicht beziffern. Allerdings skizzierte er die Bereiche, in denen Einsparungen anstehen. "Wir werden uns aus weiteren Ländern zurückziehen", sagte der Manager anlässlich der Inbetriebnahme der dritten Produktionslinie im Conergy-Werk in Frankfurt/Oder. Das seien Randmärkte, in denen derzeit profitables Wirtschaften nicht absehbar sei. Aktuell ist Conergy in acht europäischen Ländern aktiv. Dazu kommen Australien, Singapur, Indien, Kanada, die USA und die Türkei.

Zudem sollen die bestehenbleibenden Aktivitäten weiter gestrafft werden. "Wir werden die Kapazitäten weiter anpassen und in bestimmten Ländern und Vertriebswegen abbauen", erklärte Ammer. Erst vor kurzem hatte sich Conergy aus Südkorea zurückgezogen und in verschiedenen Ländern mit der Abschaffung des Regionalmodells eine komplette Leitungsebene im Management eingespart.

Von einstmals fast 3.000 Mitarbeitern (Stand Ende 2007) hat das Unternehmen im Zuge seiner Restrukturierung in eineinhalb Jahren die Zahl der Beschäftigten auf rund 1.700 reduziert.

Das Ziel von Ammer ist es, Conergy wieder profitabel zu machen. Das Unternehmen schreibt seit Jahren Verluste, nachdem es die Expansion des Geschäfts zu intensiv betrieben hatte. Im nächsten Jahr, wenn Ammers Vorstandsmandat ausläuft, will Conergy zumindest auf operativer Ebene wieder Gewinne schreiben. Ab August 2010 soll dann Andreas von Zitzewitz, der frühere Vorstand des Chipherstellers Infineon, die Führung übernehmen.

Ende Juli hatte Conergy, um in der Nachfolgefrage ein Zeichen zu setzen, von Zitzewitz zum stellvertretenden Vorstandsvorsitzenden ernannt. "Die Bestellung von von Zitzewitz zum stellvertretenden Vorstandsvorsitzenden geht auf meinen Vorschlag zurück, weil er eine sehr gute Arbeit macht", begründete Ammer die Maßnahme. Es sei immer sein Ziel gewesen, die Nachfolge möglichst früh und eindeutig zu regeln.

Bis dahin steht Ammer nach eigener Aussage noch einiges an Arbeit bevor. "Wir haben hinsichtlich des Ziels, profitabel zu sein, noch weitere Hausaufgaben zu machen", sagte der amtierende Chef zu dem Aufgabenkatalog von Conergy.

Eine der noch nicht gelösten Fragen betrifft den Komplex MEMC. Mit dem US-Unternehmen war ein langfristiger Vertrag zur Versorgung mit Siliziumscheiben (Wafern) abgeschlossen worden. Conergy hat sich lange bemüht, den Vertrag neu zu verhandeln. Im vergangenen Sommer wurde ein Teilerfolg erzielt und eine Halbierung des Gesamtvolumens auf 4 Mrd USD erreicht. Die Einigung erstreckte sich allerdings nicht auf die Preise - was dann angesichts der Überversorgung des Marktes mit günstigerem Rohmaterial zu einem Wettbewerbsnachteil wurde.

Auch hier bemühte sich Conergy um eine Vertragsänderung - bislang jedoch vergeblich. Zuletzt zog Conergy in den USA vor Gericht und focht dort den Kontrakt an. Der Ausgang des Verfahrens, welches sich über Jahre hinziehen könnte, ist offen. Zu den Erfolgsaussichten der Klage gegen MEMC wollte sich Ammer unter Hinweis auf das schwebende Verfahren nicht äußern.

Ein anderes Thema ist die Refinanzierung des Unternehmens. Noch drücken Conergy Verbindlichkeiten von fast 500 Mio EUR. 250 Mio EUR stehen mit dem Ende der Amtszeit Ammers zur Rückzahlung an. Conergy will diesen Termin verschieben, hat dazu aber noch keine Verhandlungen mit den Banken aufgenommen. "Die Verhandlungen über den Mitte 2010 auslaufenden Kredit werden wir zu gegebener Zeit beginnen", sagte Ammer. Auch in der Frage der derzeit ausgesetzten und bis Ende September neu zu verhandelnden Kreditklauseln gibt es bisher kein Ergebnis.

Prinzipiell ist Ammer optimistisch für das von ihm geleitete Unternehmen. Die augenblickliche Liquiditätssituation sei positiv, beim Einkauf von Silizium wird mit weiterer Entlastung gerechnet. "Wir sehen da eher noch sinkende Preise", sagte er. Dazu kommt das spürbare Anziehen der Nachfrage, was nicht zuletzt dazu geführt hat, die Auslastung der Modulfabrik in Frankfurt/Oder weiter zu erhöhen.

Mit dem Hochfahren der dritten von fünf Fertigungslinien für kristalline Solarmodule steigt die Auslastung des Werks auf 60%. Die Fabrik ist auf eine maximale Kapazität von jährlich 250 MW ausgelegt. Mit dem Einstieg in die eigene Produktion von Photovoltaik-Technologie hat Conergy einen kostenträchtigen Weg gewählt, der seit geraumer Zeit für Verluste sorgt.

Aus dem anfänglichen Wunsch, einen Partner für das Werk zu suchen und den darauf folgenden Verkaufsplänen ist nichts geworden, so dass das Unternehmen sein Heil in der Flucht nach vorn sucht. Für eine Zusammenarbeit an der Grenze zu Polen zeigte sich Ammer aber weiter offen. "Wir können uns vorstellen, in Frankfurt/Oder mit einem Partner zusammenzuarbeiten", sagte der Vorstandsvorsitzende. Dieser müsse jedoch etwas beitragen, wie etwa Patente, Technologien, Standorte oder Kapital.

Auch wenn Conergy zuletzt eine verstärkte Nachfrage nach ihren Produkten registriert hat, hat sich das erhoffte Niveau noch nicht eingestellt. "Der Markt zieht wieder an, läuft aber noch nicht wie gewünscht", beschrieb Ammer die Lage. Im ersten Halbjahr war wegen der aktuellen Marktschwäche der Umsatz des Unternehmens um über 60% eingebrochen und ein Verlust von fast 60 Mio EUR aufgelaufen. Operativ war ein Verlust von 47 Mio EUR angefallen.

Webseite: www.conergy-group.com -Von Martin Rapp, Dow Jones Newswires; +49 (0) 211 13 87 214; martin.rapp@dowjones.com DJG/mmr/jhe Besuchen Sie auch unsere Webseite http://www.dowjones.de

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