INTERVIEW/Kurth sieht keine starke Brief-Konkurrenz für Post

20.08.2007
Von Stefan Paul Mechnig

Von Stefan Paul Mechnig

Dow Jones Newswires

DÜSSELDORF (Dow Jones)--Die Bundesnetzagentur rechnet nach der vollständigen Öffnung des inländischen Briefmarktes in gut vier Monaten zunächst nicht mit starker Konkurrenz für die Deutsche Post AG. Behördenpräsident Matthias Kurth sagte der Nachrichtenagentur Dow Jones Newswires, seiner Einschätzung nach werde der Ex-Monopolist sein hohen Marktanteil noch über viele Jahre behalten. "Ich erwarte einen graduellen Prozess", sagte er zur weiteren Entwicklung des Wettbewerbs.

Der deutsche Briefmarkt soll nach einer schrittweisen Liberalisierung in den vergangenen zehn Jahren ab 2008 komplett für alternative Anbieter geöffnet werden. Dann dürfen auch diese Sendungen bis 50 Gramm befördern, die den Großteil der Briefe ausmachen. Das ist jetzt noch mit Ausnahmen der Post vorbehalten. Bisher ist der Wettbewerb nur schleppend vorangekommen - die Konkurrenten des ehemals staatlichen Konzerns haben lediglich gut 9% Marktanteil.

Kurth rechnet auch nach der Marktöffnung nicht mit starken Veränderungen. Den Eintritt weiterer großer Unternehmen erwartet er nicht: "Ich sehe zurzeit keine Anzeichen dafür." Momentan hat die Post zwei große, landesweit tätige Herausforderer - die seit kurzem zum Springer-Konzern gehörende Pin AG und die niederländische TNT. "Es wäre schon ein Erfolg, wenn die Wettbewerber ihre Marktanteile schrittweise ausbauen könnten", sagte der Chefregulierer.

Erfahrungen aus anderen Ländern, deren Briefbereiche schon länger komplett freigegeben seien, zeigten, dass sich die ehemaligen Monopolunternehmen sehr gut hätten vorbereiten und behaupten können. Auch die Post habe sich entsprechend positioniert. "Die Deutsche Post AG ist ein modernes, effizientes Unternehmen mit einem hohen Maß an Synergieeffekten", attestierte Kurth dem Bonner DAX-Konzern.

Die Post selbst rechnet im Briefgeschäft nach der Liberalisierung im äußersten Fall 2009 mit einem Fünftel weniger Gewinn. Es ist bislang ihr Hauptertragsbringer und steuerte voriges Jahr 2 Mrd zum Briebsergebnis von knapp 3,8 Mrd EUR bei. Der Vorstandsvorsitzende Klaus Zumwinkel sieht jedoch die Gefahr einer Verzerrung des Wettbewerbs und warnte unlängst noch einmal eindringlich, er müsse deshalb möglicherweise 32.000 Stellen im Konzern streichen. Denn Billiglöhne bei den Konkurrenten führten zu einem "sozialen Kahlschlag" in der Branche.

Kurth hält es in der Entgeltdiskussion für das Beste, wenn die alternativen Anbieter einen Tarifvertrag abschließen. Er mahnte dabei zur Eile: "Der Prozess sollte beschleunigt werden gerade mit Blick auf die vollständige Marktöffnung im Januar." Zugleich warnte Kurth vor überzogenen Erwartungen an seine Behörde. Die Bundesnetzagentur sei nicht dazu da, "quasi einen Ersatztarif zu entwickeln". "Das ist Sache der Tarifparteien. Wir können und wollen nur einen Mindestschutz entsprechend der Sozialklauseln des Postgesetzes definieren", stellte Kurth klar.

Post-Vorstandsvorsitzender Klaus Zumwinkel hatte kürzlich gemahnt, bei der Vergabe von Brieflizenzen darauf zu achten, dass die mit dem Postgesetz beabsichtigten Arbeitsstandards eingehalten werden. Den Bundeswirtschaftsminister rief er auf, entsprechend auf die Netzagentur einwirken.

Kurth sagte, ein Beitrag seines Hauses zur Versachlichung der Diskussion sei die angekündigte Detailuntersuchung über das Lohnniveau in den einzelnen Regionen Deutschlands. Damit sei dann eine Grundlage gegeben, um die Angemessenheit der Bezahlungen im Briefbereich zu beurteilen. Die Pin AG und rund 40 weitere Wettbewerber, die an der aktuellen Befragung dazu nicht teilnehmen wollten, rief er auf, sich nicht länger zu sperren: "Mit der Verweigerung von Auskünften erweisen sich bestimmte Unternehmen einen Bärendienst", kritisierte Kurth.

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