INTERVIEW/Siemens sieht langfristiges Wachstum bei Transformatoren

31.05.2007
Von Alexander Becker

Von Alexander Becker

Dow Jones Newswires

NÜRNBERG (Dow Jones)--Der weltweite Markt für Transformatoren steht nach Einschätzung der Siemens-Sparte Power Transmission and Distribution (PTD) vor einer stetigen, langfristigen Wachstumsphase. Bis zum Jahr 2010 werde der weltweite Transformatoren-Markt um jährlich 5% bis 6% wachsen, sagte Geschäftsgebietsleiter Bertram Ehmann in einem Interview mit Dow Jones Newswires. Danach werde das Wachstum zwar etwas abnehmen, aber immer noch bei 3% bis 4% liegen.

In dem für das Geschäftsgebiet PTD Transformatoren nach Umsatz wichtigsten Segment der Leistungstransformatoren soll der Marktanteil in den kommenden zwei Jahren auf 25% von derzeit rund 21% ausgebaut werden. Damit würde Siemens die Lücke zum Marktführer ABB schließen. Das PTD-Geschäftsgebiet Transformatoren ist in diesem Sektor hinter der schweizerischen ABB die Nummer zwei. Die ABB Ltd hat Branchenkennern zufolge derzeit einen Marktanteil von 26% bis 27%. Hinter Siemens folgen die französische Areva mit etwa 9%, sowie die japanischen Konzerne Toshiba und Mitsubishi.

Analysten schätzen den Siemens-Umsatz mit Transformatoren insgesamt auf rund 1,5 Mrd EUR. Im abgelaufenen Geschäftsjahr 2005/06 hatte PTD mit rund 27.500 Mitarbeitern einen Umsatz von 6,5 Mrd EUR erwirtschaftet.

In den kommenden Jahren will Siemens PTD vor allem in den Wachstumsregionen Russland, Naher Osten, Indien, China und Südostasien mit eigenen Produktionen neue Märkte erschließen. Denn der größte Wachstumshemmer ist nach Einschätzung von Siemens die derzeit mangelnde weltweite Produktionskapazität.

Drei Faktoren als Wachstumstreiber auf dem Transformatorenmarkt

Nach einem deutlichen Abschwung in den 90er Jahren wird das Wachstum auf dem Transformatorenmarkt laut Ehmann inzwischen von drei Entwicklungen "nachhaltig" getrieben: Zum einen der Aufbau neuer Strominfrastruktur in wirtschaftlichen Boom-Regionen wie China und Indien, zum anderen der große Erneuerungsbedarf in den etablierten Industrienationen. Erneuerbare Energieerzeugung, beispielsweise durch Windkraft oder Solartechnik, benötigt zudem ebenfalls eine entsprechende Infrastruktur zur Stromübertragung.

In Asien erwartet Ehmann einen anhaltenden Trend bei den Neuinstallationen von Kraftwerken und der entsprechenden Strominfrastruktur. In Ländern wie China, Indien oder Thailand liegt der Stromverbrauch pro Kopf trotz hoher Investitionen in den vergangenen Jahren nach wie vor bei einem Bruchteil im Vergleich zu den seit mehreren Jahrzehnten etablierten Industrienationen wie den USA, Japan und Deutschland.

Angesichts der großen Nachfrage will PTD den Marktanteil in Asien kurzfristig überdurchschnittlich steigern. Das Gleiche gilt auch für die Amerika-Region. Neben den Wachstumsländern wie etwa Brasilien profitiert Siemens hier auch von einem zyklischen Erneuerungsbedarf vor allem in den USA.

Dieser Erneuerungszyklus bildet in den infrastrukturell verhältnismäßig gesättigten Märkten in Europa den zweiten großen Wachstumstreiber für den weltweiten Transformatorenmarkt. So wurde der Großteil der hier genutzten Transformatoren in den 60er- und 70er-Jahren installiert. Angesichts einer durchschnittlichen Einsatzdauer eines Leistungstransformators im Netz von mehreren Jahrzehnten steht hier etwa in Europa nach Einschätzung von Ehmann "ein wesentlicher Erneuerungsbedarf an".

Sonderkonjunktur durch langen Erneuerungszyklus

Dabei werde der Erneuerungszyklus angesichts eines Engpasses bei den Produktionskapazitäten gestreckt werden müssen und für eine entsprechende mehrjährige Sonderkonjunktur im Transformatorenmarkt sorgen. Für den Gesamtmarkt bei Transformatoren rechnet Siemens bis zum Jahr 2015 mit einem Zuwachs um ein Drittel auf rund 2.400 Gigavoltampere (GVA) installierte Transformatorenleistung.Transformatorenhersteller hatten in den vergangenen Jahren weltweit zahlreiche Produktionsstätten geschlossen, zugleich zog aber die Nachfrage deutlich an.

Angesichts der vollen Auftragsbücher und des Produktionsengpasses dürfte die Branche auf der Preisseite einen gewissen Spielraum "von ein paar Prozent" haben. Hier verweist der Siemens-Manager allerdings darauf, dass die Preisentwicklung vornehmlich von den Notierungen der wichtigen Rohstoffe wie etwa Kupfer, kernorientiertem Elektroblech oder Isolationsmaterialien getrieben wird.

Versorgungsengpässe bei den Vorprodukten führten in der Vergangenheit laut Ehmann zu Kostensteigerungen von bis zu 300%. Dies trieb in den vergangenen zwei Jahren den Preis für Transformatoren etwa um 40% bis 45% in die Höhe.

"Auf dem Wege" zu Industrie-üblichen Margen

Ehmann sagte, er sehe die Entwicklung der Margensituation seines Geschäftsgebiets derzeit als "gesund" an, ohne dies jedoch näher auszuführen. Zuletzt habe das Transformatorengeschäft aber innerhalb des vom Konzern vorgegebenen EBIT-Margenzielbands gelegen. Dieses lag bislang bei 5% bis 7%, wurde aber im Zuge des neuen Effizienzsteigerungsprogramms "Fit for 2010" auf 7% bis 10% angehoben. Zuletzt hatte PTD eine Marge von 8,1% ausgewiesen.

So sei PTD Transformers "auf dem Wege, die Industrie-üblichen Margen zu erreichen". Nähere Angaben dazu machte er nicht. Industrieanalysten schätzen die durchschnittliche Marge im Transformatorengeschäft auf etwa 8%. Auf dem Weg dorthin habe sein Geschäftsgebiet nach der umfassenden Restrukturierung des Jahres 2005 erst "zwei Drittel" hinter sich, sagte Ehmann. Im laufenden Geschäftsjahr setzt sich der positive Trend weiter fort. "Der Auftragseingang ist durchaus erfreulich", sagte Ehmann, ohne Details zu nennen.

Noch im Geschäftsjahr 2004/05 hatte das Transformatorengeschäft Verluste geschrieben. Neben einer schwachen Marktlage war dafür laut Ehmann vor allem die zu geringe Größe des Geschäftsgebiets verantwortlich. Neben Kostensenkungsmaßnahmen habe Siemens daher vor allem auf den Aufbau von neuen Kapazitäten gesetzt. In den Jahren 2005 bis 2007 investierte Siemens dabei 150 Mio EUR.

PTD Transformers will auch in den kommenden Jahren in die weitere Expansion investieren. Hier stehen vor allem Russland, der Nahe Osten und Asien auf der Agenda. Dabei könnte die Expansion sowohl über Partnerschaften, Akquisitionen als auch den Aufbau eigener Werke erfolgen. Zukäufe seien eine "gute Option", da die Kapazitäten dann sofort zur Verfügung stünden, sagte Ehmann, verwies aber auch darauf, dass insbesondere in Russland und dem Nahen Osten Preise verlangt würden, die "deutlich über das wirtschaftlich vertretbare Maß" hinausgingen.

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