Schwarzwald sehnt sich nach Breitband

Kein Internet im Hochnebel

20.08.2014
Die digitale Agenda der Bundesregierung verspricht schnelles Internet bis 2018. In manchen Dörfern ist das bislang ein Traum. Unternehmer auf dem Land sehen sich deswegen im Wettbewerb mit städtischer Konkurrenz benachteiligt - eine Fallstudie aus dem Schwarzwald.

Wenn der Unternehmer Andreas Fischer eine SMS verschicken will, geht er unter seinen "Telefonbogen" auf dem Balkon: Nur dort bekommt er den einen Balken, der auf seinem Handy eine minimale Netzverbindung signalisiert. "Hier im Ort ist Mobilfunk eher Luxus", sagt der Geschäftsführer der G+F Verlags- und Beratungs GmbH. Das Problem: Sein Firmensitz ist Forbach-Hundsbach (Kreis Rastatt) im Nordschwarzwald. Der 370 Einwohner zählende Weiler liegt mitten im Wald in 760 Metern Höhe.

Das Problem sollte keines sein. Denn zu den Verheißungen der digitalen Gesellschaft gehört doch gerade das Versprechen, an jedem Ort der Welt erreichbar zu sein, von jedem Ort der Welt aus arbeiten zu können.

Davon träumt auch Marc Vollmer im Schwarzwald-Dorf Bruderhalde, einem Ortsteil von Hinterzarten im Kreis Breisgau-Hochschwarzwald. Vor seiner Haustür liegt der Titisee. Und der Firmengründer ist überzeugt: "Hier kann ich einfach kreativer arbeiten, das ist wie bei einem Maler." Vollmer leitet das Unternehmen yoose3D, dessen vier Mitarbeiter 3D-Animationen fürs Fernsehen und Industrieunternehmen produzieren.

Beide Mittelständler sehnen sich nach einem Internet-Zugang mit 50 Megabit pro Sekunde. Das soll es bis 2018 flächendeckend geben, verspricht die digitale Agenda der Bundesregierung. Viel Hoffnung macht sich Fischer aber nicht: "Wir haben schon viele Agenden erlebt und den wenigsten Worten sind auch Taten gefolgt."

Unternehmer sind findig. Im Nordschwarzwald nutzt Fischer einen Internetzugang über Satellit. Wenn es gut läuft, ist damit eine Übertragungsrate von 10 MBit/s möglich. Aber vor einer Videokonferenz mit einem seiner zehn Mitarbeiter, der in Helsinki lebt, schaut sich Fischer den Wetterbericht an. "Wenn ein Gewitter im Anzug ist, dann bricht die Verbindung schnell zusammen. Und wenn im Spätherbst der Hochnebel im Tal hängt, sagen wir gleich gute Nacht."

Um vom Hochschwarzwald aus 3D-Filme übers Internet verschicken zu können, hat Vollmer drei DSL-Leitungen mit jeweils 1 MBit/s gebündelt. Er zahlt dafür rund 150 Euro im Monat, erreicht damit aber nicht annähernd die Übertragungskapazität wie ein Wettbewerber in der Stadt.

Chancengleichheit für kleine Unternehmen auf dem Land fordert der Bundesverband IT-Mittelstand (BITMi). Dessen Vizepräsident Martin Hubschneider kritisiert im Gespräch mit der Nachrichtenagentur dpa, dass "die teilweise abenteuerlich schlechte Breitbandversorgung des ländlichen Raums zu einer Wettbewerbsverzerrung und zum weiteren Abwandern der Bevölkerung in die Städte führt". Jetzt hoffe der Verband, "dass die Politik ihre Zielsetzung erreicht und bis 2018 flächendeckendes, preiswertes Breitbandinternet verfügbar ist".

Wie kann das erreicht werden? "Glasfaser wäre der Königsweg", antwortet Fischer. "Das geht aber nur mit massiver Investition der öffentlichen Hand." Kommerzielle Anbieter wie die Deutsche Telekom haben wiederholt erklärt, dass sich solche Investitionen für sie nur rechnen, wenn die Nachfrage entsprechend groß ist - auf dem Dorf ist das kaum der Fall. Realistischer scheint eine Abdeckung mit der Mobilfunktechnik LTE zu sein - die bei ihrem Start auch angetreten ist, um zuerst die Lücken im ländlichen Raum zu schließen.

Bislang aber muss am Titisee oft noch die Post als Lückenbüßer herhalten: Wenn Vollmer einem Kunden möglichst schnell einen Film mit einigen hundert Gigabytes schicken soll, packt er die Daten auf eine externe Festplatte und gibt diese mit Express-Sendung auf. Digitale Gesellschaft geht irgendwie anders. (dpa/tc)

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